0108 - Mord auf Tonband
machen.
Leider aber gab es weder einen Brief noch ein, wenn auch noch so kleines, beschriebenes Stück Papier oder sonst einen Anhaltspunkt. Vor dem Telefonapparat lag ein Schreibblock, dessen oberste Seite in jungfräulicher Weiße schimmerte. Ich nahm ihn hoch und hielt ihn schief. Zwar hatte Renee Lejaune das Blatt, auf das die Telefonnummer B N 27 40 notiert war, abgerissen, aber sie hatte sich durchgedrückt, und so konnte man sie recht gut lesen.
Ich setzte also sofort den Apparat in Bewegung und rief die Nummer an.
Zu meinem Erstaunen meldete sich die Vermittlung des Hilton Hotels. Ich verlangte den Empfang, aber dort war der Name Lejaune vollkommen unbekannt. Ich hatte auch nichts anderes erwartet, aber sicher war jedenfalls, daß der Ermordete dort vor kurzer Zeit angerufen und mit einem der Gäste gesprochen hatte.
Es war fünf Uhr, als wir im Hilton ankamen. Der Empfangschef gab sich alle Mühe, uns behilflich zu sein, aber es wohnten dort so viele immens reiche Leute, die alle an irgendeinem Sammelspleen litten, daß wir, nachdem wir uns bemüht hatten, zu sieben, immer noch mehr als fünfzig potentielle Bildkäufer übrig behielten. Ich legte Lejaunes Bild vor, aber niemand wollte ihn jemals gesehen haben. Ziemlich niedergeschlagen wollten wir uns verabschieden, als ein Wagen vorfuhr, der meine Aufmerksamkeit erregte. Es war ein Jaguar, dasselbe Fabrikat, das zu besitzen ich so stolz war, aber dieser Jaguar mußte eine Sonderanfertigung sein. Er war groß wie ein Möbelwagen, blitzte vor Chrom und Glas und hatte eine Haube, unter der man ohne Mühe ein paar Tausend PS hätte unterbringen können. Ein Dutzend pflichteifriger Boys stürzten sich dienstbeflissen darauf.
Als der Schlag aufgerissen wurde, erschien zuerst ein breiter, schwarzer Schlapphut, und als der lange, dünne Mann darunter sich aufrichtete, ein verwittertes Gesicht, mit einem schmalen Mund und großen, eisgrauen Augen.
»Mister Vanderkruit«, flüsterte ehrerbietig der Empfangschef.
Ich kannte den Mann nur dem Namen nach, aber genau wie Millionen anderer Leute wußte ich, daß er ein Vermögen besaß, das so groß war, daß er es vermutlich auf zehn Millionen mehr oder weniger gar nicht taxic ren konnte. Was mir aber in diesem Augenblick durch den Kopf schoß, war die Tatsache, daß Mr. Vanderkruit eine der berühmtesten Gemäldesammlungen aller fünf Erdteile sein eigen nannte. Allein der Wert der Sammlung hätte genügt, um den Etat eines der wenigen noch existierenden Königreiche für mindestens ein Jahr zu decken. Ohne sich umzublicken, schritt er durch die weit aufgerissene Tür, nickte dem dienernden Empfangchef gönnerhaft zu und verschwand im Lift.
Draußen waren inzwischen noch zwei Personen herausgeklettert, ein ältliches Mädchen mit Aktentasche, trotz des strahlenden Sonnenscheins mit einem altmodischen Regenschirm bewaffnet, trug das Wort Sekretärin auf der Stirn geschrieben. Mit fahriger Bewegung griff sie an ihr kleines, schwarzes Filzhütchen und folgte den Spuren ihrers Herrn. Auch die dritte Person war nicht schwer zu beurteilen. Der ungefähr 50jährige Mann trug einen schwarzen Jackettanzug, einen ebensolchen Hut und einen schwarzen Schlips. Zweifellos war er der Diener des Multimillionärs. In der rechten Hand trug er einen riesigen Käfig mit vergoldetem Gitter, und darin saß ein prächtiger, grün-rotblauer Papagei, der seine Umgebung verachtungsvoll zu mustern schien.
Als das bunte Vieh mich erblickte öffnete es den Schnabel und krächzte. Dann kniff er die Änglein zusammen und schrie aus vollein Hals:
»Lump! Dieb! Gauner!« Danach lachte er vergnügt und begann sich zu putzen.
»Der hat dich erkannt«, sagte Phil grinsend, was ihm einen schmerzhaften Rippenstoß eintrug. Dann stolzierte der dienstbare Geist des Misters Vanderkruit unter allgemeiner Heiterkeit durch die Halle.
»Wohnt der Herr schon lange bei Ihnen?« fragte ich den Empfangschef.
»Er steigt immer bei uns ab«, war die stolze Antwort. »Das Apartment Mr. Vanderkruits steht jederzeit zu seiner Verfügung.«
Im stillen rechnete ich mir aus, wie hoch wohl die Jahresmiete für dieses Apartement sein mochte, und bevor ich auch nur annähernd damit zu Rande gekommen war, sprang de? Mann, an den ich dachte, leichtfüßig aus dem Lift. Er hatte den Hut oben gelassen, und ich war erstaunt über das graue, volle Haar.
Er ging hinüber zum Schalter.
»Hat jemand nach mir gefragt?« Die Antwort war unverständlich.
Ich wünschte, ich
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