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011 - Der grüne Brand

011 - Der grüne Brand

Titel: 011 - Der grüne Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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jetzt das Zimmer mit fieberhafter Hast. In der Nähe des Fensters befand sich ein eingebauter Kasten. Sie öffnete ihn und entdeckte einen kleinen Speisenaufzug, der vermutlich zur Küche führte.
    Dann setzte sie sich an den Tisch, nahm ein Telegrammformular in die Hand, das sie ebenfalls in dem Schreibtisch gefunden hatte, und schrieb nach einiger Überlegung:
    Beale, Kroomanhaus.
    Das strich sie jedoch wieder aus, weil sie sich erinnerte, daß er eine Telegrammadresse hatte, und schrieb dafür:
›Besocity, London.
    Bin eingesperrt Pfarrhaus Deans Folly in Upper Reach bei Staines, Margarete‹
    Nach einigem Zögern fügte sie noch ›Cresswell‹ hinzu.
    In ihrer Tasche fand sie ein Drei shillingstück und wickelte es in das beschriebene Telegrammformular ein. Es war ihr nicht ganz klar, wer dieses Telegramm befördern sollte; jedenfalls waren die Postämter auf dem Land am Sonntag geschlossen. Aber sicher kamen wochentags Lieferanten ins Haus. Die Küchentür mußte irgendwo unter ihren Fenstern liegen.
    Vielleicht war es möglich, daß sie die Botschaft einfach hinunterwarf.
    Mit diesem Gedanken steckte sie das Papier in ihre Bluse. Verzweifelt fuhr sie dann mit der Durchsuchung ihres Zimmers fort. Der Aufzug fiel ihr wieder ein, und sie öffnete seine Tür. Zwei Seile waren in dem Schacht zu sehen, an dem einen war der Aufzug befestigt, mit dem anderen wurde er herauf und hinunter gezogen.
    Sie folgte einem plötzlichen Einfall und versuchte, in den Kasten hineinzukriechen. Zu ihrem eigenen Erstaunen war es ihr möglich, sich mit Mühe und Not in das winzige Gelaß zu quetschen. Mit der Hand konnte sie ein Seil erreichen und beförderte sich daran Griff um Griff nach unten. Mühsam stieß sie die Tür auf und stand gleich darauf in einer großen, fast leeren Küche. Auf Zehenspitzen schlich sie sich durch den Raum zur Küchentür, die verriegelt und verschlossen war. Glücklicherweise steckte der Schlüssel im Schloß, und in zwei Minuten war sie draußen in einem kleinen Hof, der tiefer lag als der Garten selbst.
    Am Ende des Hofs stand ein Schuppen, neben dem ein eisernes Gartentor offensichtlich in die Freiheit führte. Klopfenden Herzens lief sie darauf zu, schob mit bebenden Händen den Riegel zurück und drückte auf die Klinke. Mit einem gräßlichen Quietschen drehte sich die Tür in ihren Angeln. Mit aller Kraft stieß sie sie noch weiter auf, als sie plötzlich mit einem Aufschrei entsetzt zur Seite taumelte: Die Tür des Schuppens neben ihr hatte sich geöffnet, und in ihr stand eine gespenstische Erscheinung. Die Gestalt war von Kopf bis Fuß in ein weißes Gewand eingehüllt, das mit grünen Flecken übersät war. Der Kopf steckte in einer Gummimaske, aus der zwei grüne Augen sie anstierten.
    Einen Augenblick stand sie wie erstarrt - bis ihr klar wurde, daß sie hier keinem Gespenst begegnet war, sondern einem Mann, der in einer Art Schutzanzug steckte. Sie sprang wieder zur Tür, aber eine Hand ergriff ihren Arm und riß sie zurück. Draußen auf der Straße hörte sie ein fröhliches Pfeifen, sie erinnerte sich an das Päckchen, zog es heraus und warf es über die Mauer. Es schlug drüben auf den Boden, und das Pfeifen hörte auf.
    Dann legte die greuliche Gestalt den Arm um sie und drückte eine muffig riechende Hand auf ihren Mund. Sie wurde ohnmächtig.

14
    »Von einem Mann mit einer Pistole in Schach gehalten?« fragte James Kitson. »Unglaublich, daß so etwas heute noch möglich ist. Wir leben doch nicht in Chicago.«
    »Es klingt unwahrscheinlich«, entgegnete Beale, »aber leider habe ich es selbst erlebt.«
    »Dieser angebliche Pfarrer«, sagte Kitson, »gehört wohl zu der Bande?«
    Beale schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht. Er wird von Harding vielleicht mit einer Sonderaufgabe betraut worden sein . . .«
    »Sonderaufgabe ?«
    »Eines Tages werde ich Ihnen Hardings Plan auseinandersetzen, und dann werden Sie mich verstehen«, erwiderte Beale. »Gestern trat Mr. Mint lediglich als Kavalier auf, der einer jungen Dame beisprang - ob er das nun aus Zuneigung für die Dame tat oder aus einer allgemeinen Abneigung gegen Kriminalbeamte, kann ich nicht feststellen. Auf jeden Fall hielt er mich so lange in Schach, bis das Mädchen samt seiner Tasche außer Sicht war - und dann bestand für mich keine Notwendigkeit mehr, aufzubrechen. Ich habe mich noch einmal hingesetzt und mich mit ihm unterhalten, und ich muß sagen, daß ich selten einen so liebenswürdigen und kultivierten Herrn

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