0111 - Die grausamen Ritter
Flimmern hörte jetzt auf, ich konnte klar sehen.
Und was ich sah, jagte mir einen Angstschauer über den Rücken.
Aus der Nische, die der mit der Fackel gegenüberlag, trat eine Gestalt. Ein Ritter!
Er hatte sein Visier hochgeklappt, und ich konnte seinen Totenschädel innerhalb des Helms erkennen. Er wurde vom Fackelschein getroffen und bekam dadurch ein blutiges Aussehen.
Der Ritter grinste mich höhnisch an, wobei sich die Mundpartie des Schädels verzog.
Der Unheimliche ging noch einen Schritt vor, bis er dicht am Rand der Grube stand.
Dann griff er hinter sich, holte einen Bogen von der Schulter und zog noch mit der gleichen Bewegung einen Pfeil aus dem Köcher.
Langsam und nahezu genüßlich legte er den Pfeil auf.
Ich bekam Todesangst.
Der Ritter konnte mich hier abschießen, und ich war völlig machtlos. Eine schnelle Bewegung nur, und ich fiel in die Tiefe der Grube. Es blieb mir auch keine Zeit mehr, die Beretta hervorzuholen, denn der Pfeil würde immer schneller sein.
Der Ritter hob seine gefährliche Waffe, visierte noch einmal und spannte den Bogen.
In der nächsten Sekunde würde mich der Pfeil gegen die Wand nageln…
***
Suko erwachte mit schlimmen Schmerzen am Hinterkopf. Sein ganzer Schädel schien zerspringen zu wollen. Stöhnend drehte er sich auf die Seite und öffnete die Augen.
Zuerst sah er gar nichts, weil das Dämmerlicht vorherrschte. Seine Pupillen mußten sich erst an die Umgebung und die Lichtverhältnisse gewöhnen.
Aber seine Gedanken arbeiteten wieder klar. Er dachte an den Kampf und daran, daß man ihn schließlich niedergeschlagen hatte.
Nur ihn, nicht Shao?
War sie entkommen?
Suko hätte gern ihren Namen gerufen, doch er riß sich zusammen. Er ahnte, daß man ihn in die Scheune gelegt hatte, dorthin, wo er auch hineingehen sollte.
Die Waffen hatte man ihm gelassen, allerdings war er an beiden Händen gefesselt. Man hatte sie ihm übereinandergebunden, und das hinderte ihn sehr in seiner Bewegungsfreiheit.
Mittlerweile hatten sich Sukos Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Soviel er erkennen konnte, hatte man ihn tatsächlich in die Scheune verfrachtet.
Sie war ziemlich groß, besaß keine Fenster, aber durch Ritzen in den Wänden und eine Klappe dicht unter dem Dach fiel genügend Licht, um sich orientieren zu können.
Suko probierte erst einmal, ob er die Fesseln loswurde. Das war so gut wie unmöglich. Die Kerle hatten dünne, äußerst reißfeste Lederschnüre genommen, da konnte Suko noch so zerren, es half nichts.
Die Füße hatte man ihm nicht gebunden. Er besaß auch noch seine Waffen, ein großer Vorteil. Ganz so schlecht ging es ihm nun doch nicht - meinte er. Etwas war ihm bereits bei seinem Erwachen aufgefallen. Der Geruch! Er war anders als draußen. Irgendwie beißend und scharf, dabei auch ätzend und leicht nach Schwefel riechend.
Indizien, die auf eine Anwesenheit finsterer Mächte hinwiesen.
Gerade der Geruch war es, der Suko warnte und seine aufgekommene Heiterkeit und Euphorie stoppte.
Suko wurde vorsichtig.
Er lag auf dem harten Boden und sah erst einmal zu, daß er wieder auf die Beine kam. Der Chinese beherrschte seinen Körper.
Was anderen schwerfiel, machte ihm nichts aus. Für ihn war es leicht, mit gefesselten Händen aufzustehen.
Dann stand er.
Wieder begann es in seinem Kopf zu hämmern. Suko holte ein paarmal tief Luft, um auch das Schwindelgefühl zu unterdrücken, das ihn plötzlich gepackt hielt.
Es ging besser.
Von irgendwelchen Aufpassern oder Bewachern sah der Chinese nichts. Er war wohl allein in der Scheune.
Oder…?
Suko ging vor. Seine Knie zitterten noch, doch das machte ihm nichts. Bei jedem Schritt ging es ihm besser.
Dann blieb er abrupt stehen.
Es ging plötzlich nicht mehr weiter. Inmitten der Scheune befand sich eine Grube. War sie leer?
Suko wollte es wissen. Er senkte den Kopf und schaute hinein.
Das Dämmerlicht war doch zu schwach. Es bereitete dem Chinesen große Mühe, etwas zu erkennen.
Er nahm nur Umrisse wahr.
Diese jedoch waren kompakt und gewaltig. Ein riesiger unförmiger Schatten, ungeheuer in seinen Ausmaßen, und sicherlich nahm er die gesamte Größe der Grube ein.
Dort lag etwas.
Sukos Herz schlug schneller. Seine Gedanken wirbelten. Die Männer im Dorf hatten immer nur von Barrabas gesprochen. Der Schatten in der Grube mußte Barrabas sein.
Es gab keine andere Möglichkeit.
Gern hätte Suko jetzt mehr Licht gehabt, um sich Barrabas genauer anzuschauen, denn eine
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