0111 - Die grausamen Ritter
erkannte Gefahr ist nur eine halbe Gefahr.
Da Suko jedoch seine Hände nicht bewegen konnte, kam er auch nicht an sein Feuerzeug.
Er starrte so lange, bis ihm seine Augen tränten. Mehr und besser konnte er jedoch nichts erkennen.
Aber der Geruch.
Der Gestank nach Schwefel und Verbranntem war stärker geworden, und vor ihm in der Grube mußte sich die Quelle befinden.
Plötzlich vernahm Suko das Schnauben.
Erschreckt zuckte er zurück.
Das Geräusch war aus der Grube gedrungen. Und nicht nur das – auf einmal bewegte sich der Schatten.
Die kompakte Masse drehte sich.
Es knirschte, fauchte und ächzte. Die schauerlichen Geräusche jagten dem Chinesen Eiskrümel über den Rücken. Er kam sich vor wie bei der Geburt eines unvorstellbar bösen Monsters.
Und so war es auch.
Die Bestätigung bekam der Chinese einen Atemzug später.
Plötzlich flammte Licht in der Scheune auf. Das geschah so schnell, daß Suko geblendet die Augen schloß. Von vier Seiten schossen die weißgelben Strahlen einem einzigen Ziel zu.
Der Grube!
Und dort lag das Monster.
Suko bekam einen Schreck, als er es jetzt klar und deutlich vor sich liegen sah.
Barrabas war wirklich ein mörderisches Ungeheuer. Sein gewaltiger, schuppiger Körper füllte die Grube aus. Er besaß einen langen, mit zahlreichen Zacken versehenen Schwanz, der Schädel ähnelte dem eines Krokodils, nur war er wesentlich größer. Die Arme und Füße waren im Vergleich zur Körpergröße ziemlich klein, dafür jedoch besaß das Monster pechschwarze, jetzt allerdings zusammengefaltete Flügel, die eng auf dem Rücken lagen.
Das also war Barrabas – der letzte Drache! Ein schauriges Etwas, ein Tier zum Fürchten. Und die Menschen in Gulbine verehrten es.
Noch war Barrabas verhältnismäßig ruhig, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis es erwachte, die Grube verließ und Suko entdeckte. Keine Chance für den Chinesen. Suko war kein Mensch, der sich so leicht fürchtete, doch dieser Drache bereitete ihm Unbehagen. Zudem war Suko gefesselt, damit sanken die Chancen noch tiefer. Wenn er überhaupt überleben wollte, dann gab es für ihn nur eins. Flucht! Die vier Scheinwerfer gaben soviel Helligkeit, daß das Innere der Scheune vollkommen ausgeleuchtet wurde. Die Wände des Gebäudes sahen verdammt stabil aus. Die konnte Suko niemals einreißen. Aber wie stand es mit der Tür? Der Chinese hielt sich nicht mehr länger am Rand der Grube auf; er machte kehrt und schritt auf die Tür zu.
Sie besaß zwei große Hälften. Dicke Bohlen gaben ihr eine genügende Standfestigkeit und ließen Sukos Fluchtchancen auf ein Minimum sinken.
Da kam er nicht raus. Und durch die Luke am Dach? Der Chinese drehte sich, schaute hoch und stellte fest, daß es unmöglich für ihn war, diesen Fluchtweg zu wählen. Die Entfernung war zu groß. Er konnte die Luke nicht erreichen, und eine Leiter gab es in der Scheune nicht.
Die Chancen sanken. Und das Monster wurde unruhiger. Er wälzte sich in der Grube hin und her. Ein erstes Fauchen drang aus seinem Maul. Für Suko hörte es sich an wie das Zischen aus mehreren Schweißbrennern.
Er warf einen Blick in die Grube und stellte fest, daß das Monster sein Maul weit aufgerissen hatte.
Der Drache präsentierte Zähne, vor denen man Angst haben mußte. Gefährliche Hauer, die mit einem Biß einen Menschen zweiteilen konnten.
Suko wollte aus der Scheune.
Und er sah nur noch eine Chance. Er mußte versuchen, die Tür aufzustoßen. Er wollte sich immer wieder dagegenwerfen, bis sie offen war.
Nur – was lauerte dort hinten?
Auf eine Flucht warteten die Einwohner von Gulbine sicherlich.
Wenn er aus der Scheune kam, würden sie sofort zupacken, und das Spiel begann von vorn.
Plötzlich stutzte Suko.
Er hatte vor der Tür Stimmen gehört.
Rauhe Männerstimmen, aber auch die einer Frau. Letztere klang sehr verzweifelt.
Der Chinese trat einen Schritt zurück. Er bekam mit, daß von außen mehrere Riegel zurückgeschoben wurden, dann zog jemand die Tür auf.
Hatte Suko für einen Moment geglaubt, eine Chance zu haben, so sah er sich jetzt getäuscht.
Fünf Männer, mit Gewehren bewaffnet, hatten einen Halbkreis vor der Tür gebildet. Die Mündungen der Waffen wiesen auf den Chinesen.
Suko sah auch das Mädchen.
Es war höchstens 20 Jahre alt, hatte krauses rotes Haar, zahlreiche Sommersprossen im Gesicht und eine geschwollene linke Wange.
Dort zeichneten sich deutlich die Abdrücke einer Hand auf der Haut ab. Das Girl mußte
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