0111 - Die grausamen Ritter
hatte dafür nur ein verächtliches Lächeln übrig.
In das Donnern der Pferdehufe mischte sich ein anderes Geräusch. Laute, die entstanden, wenn Waffen gegen Rüstungen dröhnten.
»Mach dich bereit!« sagte Ben.
Er selbst hob sein Gewehr an, drückte den Kolben gegen die Schulter, kniff ein Auge zu und visierte über Kimme und Korn. Er hielt irgendwo hin. Sobald der erste Ritter auftauchte, würde er sich das Ziel schon suchen.
Wie verrückt blökten die Schafe. Sie stoben auseinander. Die Tiere waren wahnsinnig in ihrer Angst. Sie drängten auf das Haus zu.
Eine geballte Masse aus blökenden und schreienden Tieren, die wie eine Brandungswelle kamen und von der Panik so geschüttelt wurden, daß sie alles vergaßen.
Der Instinkt ließ sie im Stich.
Sie klatschten gegen die Hauswand. Die ersten wurden hochgeworfen, fielen wieder auf den Boden und gerieten liegend unter die Beine der nachfolgenden Schafe.
Todesschreie ertönten. Fast menschlich klangen sie, und selbst dem harten Ben Dwyer lief eine Gänsehaut über den Rücken. In seinen Augen glitzerte es feucht, als er sah, wie seine Tiere, an denen sein Herz hing, dahinstarben.
Auch die Hunde waren verrückt.
Sie bissen um sich, wollten sich den Weg freikämpfen, doch die Mauer war zu dicht.
Wieder brandete eine Welle gegen die Hauswand, doch Ben hatte dafür keinen Blick mehr.
Die erste Gestalt tauchte auf.
Der Ritter kam!
Hochaufgerichtet saß er auf seinem Roß. Er hatte sein Schwert gezogen und schwang es im wilden Kampf. Die Rüstung glänzte feucht. Pferd und Reiter wurden vom Nebel umwallt, das Visier des Helms war heruntergeklappt, aber Ben wußte, daß sich unter dem Kopfschutz grausame Totenschädel befanden.
Die grausamen Ritter waren wieder unterwegs. Das Leibregiment des Satans kam und griff an.
Der erste Ritter führte einen gewaltigen Streich. Sein Schwert blitzte für einen Moment auf, und im nächsten Augenblick hatte er Bastard, den größten Hund, getötet.
Das war zuviel für Ben Dwyer.
»Neinnn!« brüllte er seinen Zorn und seinen Schmerz hinaus.
»Ich werde dich packen!«
Sein rechter Zeigefinger lag längst am Abzug. Langsam zog er ihn nach hinten, drückte ab.
Vor dem Lauf blitzte es auf. Den Rückstoß der Waffe fing Ben mit der Schulter ab. Er sah, wie die Kugel den Ritter in die Körpermitte traf, jedoch an der Rüstung abprallte und als Querschläger in den dunklen Nachthimmel jagte.
Aufhalten konnte das Geschoß den Ritter nicht.
»Verdammt, schieß doch!« brüllte Ben seinem Bruder zu, doch Tom stand da wie gelähmt. Der unheimliche Anblick raubte ihm den Atem.
Weitere Ritter lösten sich aus dem Morgennebel. Hoch stiegen ihre Gäule. Sie ritten die Schafe kurzerhand nieder und trieben die Pferde auf das Haus zu.
Plötzlich war der erste da.
Ben schoß.
Immer wieder zog er den Stecher durch. Das Gewehr schien in seiner Hand zu explodieren, doch die Kugeln richteten keinen Schaden an.
»Du Hund!« schrie er dem Ritter entgegen.
Der parierte sein Tier. Hoch stieg es auf die Hinterhand. Dann kam der Streich mit dem Schwert.
Instinktiv sprang Ben zurück. Das Schwert fuhr dicht an seinem Kopf vorbei, traf jedoch den Waffenlauf und prellte ihm das Gewehr aus der Hand.
Vor dem Haus blieb es liegen.
Im gleichen Augenblick flog die Tür auf. Ein anderer Ritter hatte sie kurzerhand eingetreten.
Er kam in das Haus.
Auch er hielt ein Schwert in der Hand. Seine Rüstung glänzte matt. Im Schein der Laterne sahen die beiden Brüder die leeren Augenhöhlen hinter dem Sichtvisier.
Ein grauenhafter Anblick.
Tom Dwyer schrie. Er ließ das Gewehr fallen, sank auf die Knie und hob beide Hände.
Der Ritter ging vor. Ungelenk, weil ihn die Rüstung behinderte, aber zielstrebig.
Ben sah, was er vorhatte, griff in seiner Verzweiflung nach einem Stuhl und schleuderte ihn gegen den Ritter.
Der Stuhl traf zwar, er zerbrach aber auch. Die Attacke hatte sowieso keinen Sinn gehabt.
Der unheimliche Ritter ließ sich keinen Augenblick von seinem eingeschlagenen Weg abbringen.
Tom hockte noch immer am Boden. Flehend hatte er die Arme erhoben und die Hände dabei ineinanderverdreht. Er schaute auf die Rüstung, sah den Arm mit dem Schwert und wußte, daß er keine Chance mehr hatte.
Der Ritter schlug zu.
Ben Dwyer wandte sich ab. Er konnte nicht mitansehen, was der Unheimliche tat.
Das Fenster brach.
Zwei Ritter kletterten in den Raum, während draußen vor dem Haus andere wüteten.
Ben schaute sich um.
Flucht! schoß
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