0111 - Die grausamen Ritter
auf und gewahrte Suko einen tiefen Einblick. Seine Freundin Shao hatte es nicht nötig, einen BH zu tragen, sie besaß straffe Brüste und einen geschmeidigen Mannequinkörper. Wenn sie über die Straße ging, klebten zahlreiche Männerblicke an ihrer Figur.
Suko warf die Zeitung auf den Tisch. »Ich glaube, du bist heute wieder ein wenig unruhig«, meinte er lächelnd.
Shaos Blick wurde verschleiert. »Sehr unruhig sogar.«
Sukos Hände strichen über ihre Schultern. »Was kann man denn dagegen machen?«
Shao reckte sich und bog ihren Körper nach hinten. »Rate mal«, flüsterte sie.
Der Chinese brauchte das Rätsel nicht zu lösen, denn in diesem Augenblick klingelte es Sturm.
Einmal, zweimal.
Shao sprang von Sukos Schoß. »Himmel, wer ist das denn?« fragte sie verstört.
»Werden wir gleich haben«, erwiderte Suko, stand auf und lief zur Tür.
Mrs. Peterson fiel ihm förmlich entgegen. Sie war kalkweiß im Gesicht und preßte ihre Hand auf den wogenden Busen. »Mr. Suko«, keuchte sie, »Mr. Suko, kommen Sie schnell.«
»Was ist denn los?«
»Ein Mann…«
»Wo? In der Wohnung?«
»Ja – nein…«
»Was denn nun?« Suko warf Shao einen verzweifelten Blick zu.
Auch die Chinesin hatte inzwischen die Diele betreten.
»Ich – ich habe Hilferufe gehört«, erklärte die Frau. »Da hat einer nach John Sinclair gerufen.«
»Wo genau in der Wohnung?«
»Im Kelch.«
Suko machte ein ungläubiges Gesicht. »Sind Sie sich da sicher, Mrs. Peterson?«
»Ja, absolut.« Die Raumpflegerin erzählte genau, was sie erlebt hatte.
Suko und Shao nickten sich zu. »Da müssen wir wohl mal hingehen«, sagte der Chinese.
»Aber ohne mich!« mischte sich Mrs. Peterson ein. »Ich habe die Nase voll.«
»Klar.« Suko lächelte. »Sie können hierbleiben.« Er drängte sich an Shao vorbei. »Komm!«
Vorsichtig betrat der Chinese das nebenan liegende Apartment.
Er schaute sich suchend um, doch er konnte nichts Aufregendes entdecken. Es sah aus wie immer, nur daß heute die Putzutensilien herumstanden und dadurch so etwas wie Unordnung schafften.
Suko ging auf den Schrank zu. Er wußte, daß dort der Kelch des Feuers aufbewahrt wurde. Und von diesem Kelch hatte die Frau gesprochen.
Suko trat bis dicht an den Schrank und sah auch sofort den Kelch.
Er entdeckte keine Veränderung.
Suko nahm ihn in die Hand. Mrs. Peterson hatte von Veränderungen gesprochen, doch der Chinese sah keine. Der Kelch zeigte sich völlig normal.
Hatte Mrs. Peterson gesponnen?
Daran wiederum glaubte der Chinese nicht. Sie war bestimmt von ihren Eindrücken geschockt gewesen. Sie mußte etwas Außergewöhnliches gesehen haben, was sonst hätte sie so aus der Fassung bringen können?
Die Diamanten funkelten und gleißten. Es waren ungeheuer wertvolle Stücke. Suko hatte immer davor gewarnt, den Kelch nur so in der Wohnung aufzubewahren, war jedoch damit auf taube Ohren gestoßen.
Er betrachtete ihn sich noch einmal ganz genau.
Da sah Suko den Nebel.
In Spiralen wand sich der grauweiße Dampf über den Boden des geheimnisvollen Kelchs.
Suko war erstaunt.
So etwas hatte er noch nie gesehen. Sicher, er kannte den Kelch, wußte auch, woher er stammte, hatte ihn schon des öfteren in der Hand gehabt, aber ihm war nicht klar, woher der Nebel kam.
Irgend etwas spielte sich dort ab. Eine geheimnisvolle Magie, die ein Bindeglied zwischen zwei Welten herstellte, denn plötzlich sah Suko ein Gesicht.
Myxins Gesicht.
Es schälte sich aus den Nebelwolken, und der Chinese erkannte die Qual, die die Gesichtszüge zu einer Grimasse verzerrten.
»Myxin!« rief der Chinese.
Der Magier hörte nicht. Statt dessen begann er zu sprechen. Stereotyp wiederholte er eine Formel. »John Sinclair, zu Hilfe. Bitte, kommen… zu Hilfe …«
Wieder rief Suko den Namen des Magiers. Keine Reaktion.
»Wo bist du?« Der Chinese versuchte es jetzt auf eine andere Art und Weise.
Myxin hörte nicht. Suko beugte sich vor, bis sein Gesicht dicht über dem Kelch schwebte. »Wo bist du, Myxin? Sag etwas, damit wir dir helfen können!« Eindringlich sprach der Chinese den Magier an. Er hob auch die Hand und tauchte seinen Finger in den Kelch, doch berühren konnte er Myxin nicht. Der Finger verschwand im Nebel und stieß durch das Gesicht des Magiers. Es war nur eine Erscheinung. »Hörst du mich, Myxin! Rede, bitte.«
»Die Ritter… die grausamen Ritter … der uralte Fluch …« Plötzlich vernahm der Chinese Bruchstücke einer gestammelten Erklärung.
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