0118 - Der Dämonenwolf
offenbar keine Lust gehabt, noch länger in dem Haus zu bleiben, in dem das Unglück passiert war. Ich hatte gar nicht gemerkt, daß sie hinausgegangen war.
»Ist das der Wolf?« rief sie mir schaudernd zu, als ich mich hinter das Steuer schwang.
»Steigen Sie aus!« forderte ich sie auf. »Schnell!«
Doch sie schüttelte den Kopf. »Ich bleibe bei Ihnen. Fahren Sie! Das kam aus der Richtung der Hauptstraße! Dort sind meine Freunde!«
Ich fuhr los, aber ich warnte sie. »Ganz gleich, was passiert, bleiben Sie im Wagen, Della! Sollte Pete auftauchen, verriegeln Sie die Türen von innen!«
»Pete?« rief sie überrascht.
Ich antwortete nicht, sondern konzentrierte mich auf die Straße. Sie war vom Regen glatt. An manchen Stellen war sie auch überflutet, weil das Wasser nicht mehr abfließen konnte.
Der Bentley rauschte mit hohen Fontänen durch einen wahren Teich, aber dem Motor machte es nichts aus. Wertarbeit.
Noch eine Kurve, dann sah ich den Wolf.
Und ich sah, daß ich zu spät kam, um rechtzeitig einzugreifen. Die Lage war mehr als unübersichtlich.
An der Einmündung der Neben- in die Hauptstraße saßen die Flying Scotsmen auf ihren Motorrädern. Suko war bei ihnen. Ich erkannte ihn sofort, weil er keine Lederkleidung trug.
Hinter den Motorrädern stand ein roter Sportwagen, an dem eine große, schlanke Frau lehnte. Ein Mann mit einem Gewehr hetzte den Hügel hinauf, auf dessen Kuppe der Wolf und Pete MacCranter standen.
Ein feines Gespann!
Suko legte beide Hände wie einen Trichter an den Mund und brüllte etwas hinter dem Mann her, der sich jedoch nicht darum scherte.
Mit kreischenden Reifen brachte ich den Bentley zum Stehen und sprang ins Freie. Della stieg ebenfalls aus.
»Er will den Wolf fangen!« rief Suko mir zu. Er deutete auf den Mann, der den Hügel bereits halb erklommen hatte. »Er hört nicht auf mich!«
»Bleib hier«, sagte ich nur und rannte los, dem Mann hinterher, der verloren war, wenn ich ihn nicht rettete.
Suko mußte bei den anderen bleiben, weil sie sich nicht gegen den Wolf wehren konnten. Falls Fenris einen Bogen schlug, konnte er ohne Suko unter den Flying Scotsmen reiche Beute halten.
Ich sank bis zu den Knöcheln ein. Die Wiese, die sich den Hang hinaufzog, war mehr ein Sumpf. Jeder Schritt fiel mir schwer. Es schmatzte, wenn ich den Fuß wieder heraus zog. Beinahe hätte ich einen Schuh verloren. Meine Hose war schon bis zu den Knien naß.
»Stehenbleiben!« schrie ich, doch der Mann lief weiter.
Er hatte Kondition, das mußte ich ihm zugestehen, aber mit seinem Gewehr hätte er nur einen normalen Wolf erlegen können, niemals Fenris, den Dämonenwolf.
Der Mann mußte von seiner Idee besessen sein, sonst hätte er stutzig werden müssen, daß neben dem Wolf ein junger Mann stand, als wäre es ein Cockerspaniel und keine mordende Bestie! Doch der Mann kannte nur sein Ziel, den Wolf zu fangen.
Ich hielt mich seitlich, damit ich freies Schußfeld hatte. Endlich war ich nahe genug heran und blieb stehen.
Meine Hand flog an die Beretta mit den geweihten Silberkugeln. Wenn ich Fenris damit schon nicht töten konnte, würde ich ihn wenigstens verjagen.
Dachte ich.
Der Wolf schien meine Absicht zu durchschauen, denn im nächsten Moment war er verschwunden, ebenso Pete.
Schon hielt ich den unvorsichtigen Sonntagsjäger für gerettet, als Suko die Hupe des Bentley gellen ließ.
Ich wirbelte herum, doch da war es bereits zu spät.
***
Fenris, der Dämonenwolf, und Pete MacCranter, sein untoter Helfer, hatten sich getrennt. Mit atemberaubender Schnelligkeit hatten sie den Hügel umgangen und tauchten gleichzeitig vor und hinter mir auf.
Von vorne griff der Fenris-Wolf den Jäger an. Ich konnte nicht schießen. Der Mann stand im Weg.
Von hinten schnellte sich Pete auf mich.
Ich kreiselte zu ihm herum und riß die Hand mit der Beretta hoch.
Er flog durch die Luft und trat nach meiner Waffe. Es fühlte sich an, als wäre meine Hand von einer Gewehrkugel getroffen worden. Mit einem Schrei ließ ich los. Die Beretta wirbelte in hohem Bogen durch die Luft.
Pete rannte mich über den Haufen. Mit seinem ganzen Gewicht riß er mich von den Beinen und sprang über mich hinweg, als ich stürzte. Im Fallen griff ich nach seinen Beinen, bekam sie jedoch nicht zu fassen. Dieser Untote war unwahrscheinlich schnell, keine Spur von der Trägheit, die ich manchmal bei anderen wandelnden Leichen erlebt hatte. Mit katzenhafter Gewandtheit drehte er sich wieder zu mir herum und
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