012 - Das Schloß des Schreckens
Abbruch.
Der Schauspieler schenkte Glorya Glanton ein Glas Champagner ein. Für sich nahm er ebenfalls eines.
»Champagner regt an«, grinste er, »man sollte nie zusammen ins Bett gehen, ohne vorher einen Schluck Champagner zu trinken.«.
Er warf das Glas an die Wand, dass es zerbrach, und drängte Glorya Glanton auf das breite Bett. Frankie DeWitt war ein unkomplizierter, einfacher Mensch. Bei ihm war Schwarz Schwarz und Weiß Weiß, ein Mann ein Mann und eine Frau eine Frau. Ein Traum war ein Traum und fein Toter war tot. Gerade deshalb suchte Glorya Glanton seine Nähe.
Frankie DeWitts Gegenwart sollte die dunklen Schreckgespenster verscheuchen, die im Hintergrund ihres Gehirns lauerten. DeWitt küsste Glorya Glantons Hals. Er öffnete das Oberteil des Hosenanzugs und ihre dünne Bluse, küsste und streichelte ihre Brüste. Glorya Glantons Brustwarzen richteten sich unter seinen Zärtlichkeiten auf.
Sie drängte sich ihm entgegen. Frankie DeWitt ließ sie nicht lange warten. Er war ein gutgebauter, kräftiger Mann, und Glorya Glanton genoss das Zusammensein mit ihm.
»Du bist schön, Baby«, stöhnte er. »Oh, du bist so schön!«
Dann lagen sie nebeneinander. Frankie DeWitt rauchte eine Zigarette. Glorya Glanton verzichtete wegen ihrer Operation für die ersten Tage auf das Rauchen. Frankie DeWitt streichelte spielerisch ihren Körper.
Plötzlich sagte er: »He, Baby, du wirst ja ganz kalt.«
Glorya Glanton antwortete nicht. Er sah sie an. Ihr schönes Gesicht war maskenhaft starr, ihre Augen tiefe, dunkle Schächte. Und in diesen tiefen, dunklen Schächten lauerte etwas auf ihn.
»Was soll das, Baby?« fragte Frankie De Witt.
Glorya Glanton sah ihn starr an. Ihre Hände näherten sich seinem Hals. Frankie DeWitt schoss alles durch den Kopf, was er jemals von geistiger Umnachtung, plötzlichen Wahnsinnsanfällen und den Veränderungen infolge von Gehirnoperationen gehört hatte. Doch noch hatte er keine Angst, denn er war ein muskulöser Brocken von Mann und vertraute auf seine Kraft.
Sie half ihm nichts. Die eiskalten Finger der schönen blonden Frau, die er noch wenige Minuten zuvor geliebt hatte, schlossen sich um seine Kehle. Wie ein kalter Strom rann es durch seine Adern, sein Gehirn, lähmte seine Gegenwehr.
Frankie DeWitt konnte kein Glied rühren. Die Kälte des Todes kroch von Glorya Glantons Händen in seinen Körper. DeWitt rang verzweifelt nach Luft. Als sein Bewusstsein schwand und das Leben aus seinem Körper entwich, sah er in seinen letzten Sekunden Glorya Glantons Gesicht auf sich zukommen.
Ihre Lippen saugten sich an seinem Mund fest, und es war ihm, als ginge etwas von ihm auf sie über, eine Kraft, die seine Lebensenergie barg. Dann fühlte Frankie DeWitt nichts mehr.
Nach einer Weile erhob sich Glorya Glanton von dem reglosen Körper. Sie stand auf, ging, nackt wie sie war, durch die Wand der Hütte und durch das verlassene Filmdorf zu ihrer Unterkunft. Sie trat durch die massive Wand wie durch einen Nebelstreif. Den Mann, der im Schatten eines Zeltes kauerte und sie beobachtete, sah sie nicht. Es war Dean Warren.
***
Dean Warren hatte den halben Tag verschlafen, da er erst am frühen Morgen ins Hotel Mogador gekommen war. Am Nachmittag sprach er noch einmal mit Kemal Beyzak, dem neuen Polizeipräfekten. Beyzak blieb nur mit Mühe höflich, als er sich Dean Warrens Geistergeschichten noch einmal anhören musste.
»Ich werde diesen Fall aufklären«, sagte er, »so oder so. Ihnen, Mr. Warren, rate ich, Ihre verrückten Thesen für sich zu behalten, sonst werden Sie in einer Zelle mit Gummiwänden landen.«
Immerhin erzählte er Dean Warren doch, dass Glorya Glanton noch vor dem Mittag aus der Schloßklinik des Professors Malveillance entlassen worden war. Das Maurenschloß und das Filmdorf standen unter Beobachtung, denn bei aller Skepsis war Kemal Beyzak ein vorsichtiger Mann, der nichts außer Acht ließ.
Dean Warren nahm sein Abendessen in der Stadt ein. Das bunte Treiben von Tanger, der Stadt, in der fast alle Nationalitäten vertreten waren, reizte ihn nicht. Dean Warrens Gedanken waren woanders.
Nach Einbruch der Dunkelheit fuhr er zu dem Fischerdorf Murat. Er ging in das kleine Lokal am Strand. Es war brechendvoll. Gut gekleidete Männer aus der Stadt mit hellen Anzügen und Ringen an den Fingern. Wettergegerbte Fischer in schäbigen, verwaschenen Djeballas. Grell geschminkte Frauen, deren Lachen ein Glas zerspringen lassen konnte. Dazu das Dröhnen einer modernen
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