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012 - Das Schloß des Schreckens

012 - Das Schloß des Schreckens

Titel: 012 - Das Schloß des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Elliot
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Musikbox, über deren Vorderseite Regenbogenlichteffekte liefen.
    Das kleine Lokal steckte voller Gegensätze wie das Land an der Küste.
    Dean Warren setzte sich in eine Nische. Er bestellte eine Flasche Whisky, denn sein Gehirn war wie ausgebrannt. Er konnte nicht mehr klar denken. Nach den Erlebnissen der letzten zweiundsiebzig Stunden begann er ernstlich an seinem Verstand zu zweifeln.
    Er war der Erbe der Warren Cosmetics, eines Millionenkonzerns. Gewiss, er war kein Kostverächter, und er genoss sein Leben, aber deshalb war er doch nicht verrückt. Er hatte in Harvard mit Auszeichnung promoviert und war ein nüchterner Geschäftsmann.
    »Wollen Sie der Flasche da allein den Hals brechen, Mister?« fragte eine Frau auf Englisch.
    Dean Warren sah auf. Eine schlanke brünette Frau stand vor ihm. Sie war stark geschminkt und sicher nicht mehr so jung, wie sie in der diffusen Beleuchtung des Lokals wirkte.
    »Sieht man mir den Amerikaner so deutlich an?« fragte Dean Warren.
    Sie setzte sich neben ihn.
    »Tanger ist ein heißes Pflaster, und wer dort eine Zeitlang lebt, lernt die Menschen kennen und einschätzen. — Ich sehe dir sogar an, dass du eine Menge Geld in der Tasche hast. — Gehörst du zu den Filmleuten?«
    »Nicht direkt.«
    Die Frau hieß Yvonna. Das »a« hatte sie an den französischen Namen selbst angehängt, weil es ihr so besser gefiel, sagte sie. Dean Warrens Whisky wollte sie nicht trinken. Stattdessen bestellte sie ein gefärbtes, grünlich schillerndes und schwach nach Pernod riechendes Getränk. Sie tranken.
    »Was suchst du hier?« fragte Yvonna. »Du hast Sorgen, das sehe ich. Brauchst du ein Mädchen oder sonst was?«
    »Ich suche jemand, der mir etwas über die alte Burg auf der Felsenklippe an der Küste erzählen kann.«
    »Du suchst was?«
    Sie sah Dean Warren an, als habe er zwei Nasen im Gesicht. Aus der Musikbox dröhnte der Hit des Monats. Ein kleiner, wieselflinker Kellner brachte Yvonna den zweiten Drink.
    »Ich suche jemanden, der mir alles über die alte Burg auf dem Felsen erzählen kann, und ich zahle fünfzig Dollar oder mehr, wenn ich mit den Auskünften zufrieden bin.«
    Als Yvonna von Geld hörte, wich ihre Skepsis. Sie stand auf. Zwei Minuten später kehrte sie mit einem alten Fischer zurück. Er hatte ein verwittertes, von unzähligen Runzeln und Falten durchzogenes Gesicht. Seine Augen waren trotz des genossenen Alkohols so klar und hell wie das Meer.
    »Das ist Mahmud«, sagte Yvonna. »Er kennt jeden Fisch vor der Küste und lebt schon hundert Jahre hier, oder noch länger. Dieses Gefühl habe ich jedenfalls immer, wenn ich mit ihm rede. — Er spricht nur Arabisch und etwas Spanisch. Für zehn Dollar werde ich dolmetschen, Mister.«
    Dean Warren war einverstanden. Er erfuhr von dem Fischer, dass die zerfallene Maurenburg auf dem Felsen ein verfluchter, gemiedener Ort gewesen war, bevor Professor Malveillance sie für seine Zwecke herrichten und ausbauen ließ. Auch jetzt noch ging kein Bewohner des Dorfes freiwillig in die Burg oder nur in ihre Nähe.
    Yvonnas Gesicht wurde immer skeptischer, aber sie dolmetschte. Manchmal stellte sie Mahmud Fragen, sprach erregt auf ihn ein. Aber er nickte nur ruhig oder schüttelte den Kopf und blieb bei seiner Behauptung.
    »Wenn Sie hier eine Märchenstunde abhalten wollen, ist das Ihre Sache«, sagte Yvonna zu Dean Warren. »Solange Sie zahlen, dolmetsche ich, und Mahmud redet. Compris?«
    »Diese Burg ist verflucht seit alter Zeit«, sagte Mahmud. Er nahm einen Schluck von seinem herben Rotwein, kostete ihn auf der Zunge. »Früher wurden oft Tote in der Nähe des Felsens gefunden, auf dem die Burg steht. Sie trugen die Würgemale von Knochenfingern am Halse. — Mein Vater und mein Großvater erzählten mir, dass ein Gerippe auf den Wällen der alten Burg gesehen worden und oft ein teuflisches Gelächter gehört worden sei, so schrecklich, dass selbst den furchtlosesten Männern ein kalter Schauder über den Rücken gelaufen sei. — Seit Professor Malveillance die Burg bewohnt, sind solche Vorkommnisse nicht mehr berichtet worden. Doch es sind in der letzten Zeit viele Menschen verschwunden. Aus dem Dorf und auch Fremde. — Niemand hat sie mehr gesehen.«
    »Weißt du mehr über dieses Schloss und diesen Geist, Mahmud? Überlege genau, jedes Wort kann wichtig sein.«
    Mahmud schüttelte den Kopf.
    »Ich kenne nur die Erzählungen meines Vaters und meines Großvaters. Zeit meines Lebens habe ich das Gebiet der Burg

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