013 - Der Mann, der alles wußte
ein paar freundliche Worte mit Ihnen wechseln. Seit einem Jahr habe ich Sie nicht besucht, und das Leben bei der Polizei ist nicht gerade sehr interessant, selbst wenn man wöchentlich drei Pfund Zuschuß zu seinem Gehalt bekommt. Das ist gar nichts im Vergleich zu den Zeiten, die ich bei der berittenen Polizei im Matabele-Land erlebt habe. Aber wenn ich daran denke, wie ich damals in Salisbury vor Gericht stand und einen feierlichen Eid leistete, daß der alte John Gedding Ihnen auf dem Totenbett all seine Ansprüche auf die Goldmine in Saibuch übertragen habe - wenn ich daran denke, welche Meineide ich geschworen habe, obgleich ich Beamter der südafrikanischen Regierung war, ein Mann, der das Recht eigentlich schützen sollte, dann könnte ich schamrot werden.«
»Aber Sie werden nicht schamrot bei dem Gedanken, daß Sie Hoffmanns Laden und Farm überfielen, ihn niederschossen und sein Geld wegnahmen? Das haben Sie wohl vollständig vergessen, Crawley? Und zum Donnerwetter, jetzt möchte ich endlich wissen, was Sie von mir wollen! Wenn es sich um Geld handelt, dann erkläre ich Ihnen von vorneherein, daß ich Ihnen nichts mehr gebe. Auf weitere Beförderung haben Sie keinen Anspruch, und Sie eignen sich auch nicht für einen höheren Posten. Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf -«
Der Sergeant unterbrach ihn.
»Sie brauchen mir keinen Rat zu geben, John. Ich weiß nur, daß Sie mir damals einen Anteil an der Goldmine in Saibuch versprochen haben. Sie wirft jetzt einen hohen Profit ab; ich habe erfahren, daß zur Ausbeutung eine Aktiengesellschaft mit zwei Millionen Pfund Kapital gegründet worden ist.«
»Aber Sie sind doch gut genug bezahlt worden. Sie haben eine feste Abfindung bekommen.«
»Fünfhundert Pfund ist nicht viel, wenn man seinen guten Ruf aufs Spiel setzt.« Langsam nahm er seinen Regenmantel wieder um und ging zum Fenster.
»Also, hören Sie, John Minute.« Er sprach jetzt nicht mehr gutmütig und freundlich, sondern zeigte sich als der alte Henry Crawley, dem es auf ein Verbrechen mehr oder weniger nicht ankam. »Ich lasse es mir nicht länger gefallen, daß Sie mir wöchentlich ein paar Pfund zahlen. Wenn Sie mich nicht anständig behandeln, bringe ich die Sache zur Anzeige.«
»Benachrichtigen Sie mich nur rechtzeitig, wenn Sie das tun wollen. Sie sind dann der erste, der Gefängnissuppe zu essen bekommt.«
»Sie denken nicht ganz klar. Ihre eigensinnige Weigerung wird Ihnen noch den Hals brechen«, sagte der Sergeant, als er in den Regen hinausging.
Wie schon vorher vermied er möglichst den Kiesweg und sprang über die Mauer. Plötzlich bemerkte er, daß ein Auto in den Park einbog und vor der dunklen Haustür hielt. Im nächsten Augenblick kletterte er wieder zurück, schlich sich so weit wie möglich an den Wagen heran und lauschte.
Zwei Stimmen erkannte er, die dritte war ihm fremd. Der Mann, dem sie gehörte, wurde mit Inspektor angeredet, und Smith wunderte sich, wer es sein mochte. Aber seine Neugierde wurde nicht befriedigt, denn als er wieder in die Nähe der Bibliothek kam, hatte John Minute die Glastür geschlossen und die Vorhänge vorgezogen.
Die Besucher waren Jasper Cole, May Nuttal und Inspektor Nash von Scotland Yard, ein untersetzter Mann von mittleren Jahren, der Bankfälschungen untersuchte. Der Millionär kannte ihn von früher her.
Jasper hatte May aus der Stadt mitgenommen, weil John Minute ihm telegrafisch diese Anweisung gegeben hatte..
»Nun, was bringen Sie Neues?«
»Ich glaube, ich habe diesen Mr. Holland gefunden«, entgegnete der Inspektor.
Er nahm eine Fotografie aus seiner dicken Brieftasche. Ein großes Auto war darauf zu sehen. Neben dem Kühler stand ein kleiner Mann in der Livree eines Chauffeurs.
»Dieser Mann hat sich als Rex Holland ausgegeben und den Boten beauftragt, das Geld für ihn einzukassieren. Die Fotografie ist allerdings nur durch einen glücklichen Zufall in meine Hände gekommen - sie wurde in der Wohnung entdeckt. Der Mann hat sie offenbar fallen lassen. Ich stellte sofort Nachforschungen an und konnte in Erfahrung bringen, daß das Bild von einem kleinen Fotografen in Putney gemacht worden ist. Der Besteller hat die Fotografien an demselben Morgen abgeholt, an dem er dem Boten den Auftrag gab, den Scheck zu kassieren. Wahrscheinlich hat er sie in der Wohnung betrachtet, während er auf ihn wartete, und dabei muß ein Abzug zu Boden gefallen sein. Auf jeden Fall hat der Bote den Mann auf dem Bild wiedererkannt und
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