013 - Der Mann, der alles wußte
wirklich merkwürdig, wieviel Mühe sich Cole gab. An die Polizei hat er sich nicht gewandt, aber er engagierte Privatdetektive, die in Eastborne Nachforschungen anstellten. Einer von ihnen war zufällig ein Vetter meiner Frau. Auf diese Weise habe ich von der Sache erfahren. Cole hat sehr viel Geld ausgegeben, um sie aufzufinden, ebenso Mr. Minute.«
Mr. Mann sah sofort, daß hier eine neue Möglichkeit bestand, den geheimnisvollen Fall aufzuklären.
»So, Mr. Minute hat sich auch um sie gekümmert? Hat er denn die Nachforschungen mit Mr. Cole zusammen angestellt?«
»Soviel ich weiß, haben die beiden unabhängig voneinander gearbeitet. Mir ist diese Angelegenheit schon immer schleierhaft vorgekommen. Ich hoffte, daß bei der Gerichtsverhandlung etwas herauskommen würde, aber Sie wissen ja, wie die Rechtsanwälte alles verdorben haben.«
Polizist Wiseman war fest davon überzeugt, daß Frank Merril durch die Unfähigkeit des Staatsanwalts seiner gerechten Strafe entgangen war, und er hatte sich im Kreis seiner Familie bitter darüber beklagt.
»Sie sind also immer noch von der Schuld Mr. Merrils überzeugt?« fragte Mr. Mann, als er sich von Wiseman verabschiedete.
»So sicher, wie ich hier stehe, ist er der Mörder«, sagte der Beamte nicht wenig stolz auf sich selbst. »Ich bin doch damals zuerst in die Bibliothek gekommen, und er war allein bei dem Toten. Hat man denn nicht die Waffe gefunden, mit der Mr, Minute erschossen wurde? Außerdem hat Merril doch die faulen Geschichten mit den Bankbüchern in London gemacht.«
Mr. Mann lächelte.
»Es gibt aber viele Leute, die anders darüber denken«, erwiderte er und reichte Wiseman die Hand.
Nach seiner Rückkehr konnte Mr. Mann die Akten des Sergeanten Crawley um eine Reihe weiterer Einzelheiten ergänzen.
Er stand auf bestem Fuß mit den Beamten von Scotland Yard, denen er erst in letzter Zeit bei der Überführung einer Erpresserbande große Dienste geleistet hatte. Mit Hilfe seines Tatsachenmaterials war es gelungen, siebzehn Mitgliedern der Bande in England den Prozeß zu machen.
Mr. Mann bat um eine Unterredung mit dem Polizeipräsidenten, und noch am gleichen Tag führte er mit Unterstützung mehrerer Detektive eine systematische Durchsuchung des Hauses durch, in dem Jasper Cole im Osten Londons ein und aus ging. Aber er hatte keinen Erfolg. Es stand leer. Nur ein einziger Raum war notdürftig eingerichtet. Einige wenige Möbel und Gegenstände befanden sich darin: ein Feldbett, ein Tisch, ein Stuhl, eine Lampe und ein kleiner Teppich.
Am Ende eines Ganges lag die Küche, in der die Leute nur eme Bambusleiter entdeckten. Von dort aus führte eine verriegelte Tür auf einen kleinen, viereckigen Hof, der durch drei Mauern von den anderen Grundstücken getrennt war. Mr. Mann durchsuchte die oberen Räume und hoffte, eine Falltür zu finden; die Bambusleiter hatte ihn auf den Gedanken gebracht, daß eine solche existieren müsse. Er brachte in Erfahrung, daß Jasper Cole nach John Minutes Tod nur noch ein einziges Mal in dem Haus gewesen war.
Mr. Mann war enttäuscht, aber durch Zufall entdeckte er doch noch etwas, was mit dem geheimnisvollen Tod des Millionärs in Verbindung stand. Der Fall wurde dadurch allerdings nur noch rätselhafter.
Drei Tage später machte Mr. Mann in Camden Town eine weitere Entdeckung. Auf Wunsch der Polizei war er nach Holloway Gaol gegangen, um dort mit einem Gefangenen zu sprechen. Dieser hatte sich als Kronzeuge für einen Fall angeboten, der die Polizei und Mr. Mann in gleicher Weise interessierte.
Unglücklicherweise hatte er sein Taxi fortgeschickt, und als er wieder aus dem Gebäude trat, konnte er keinen Wagen entdecken. Er entschied sich daher, den Weg nach King's Cross zu Fuß zurückzulegen, und um schneller vorwärtszukommen, benutzte er eine kleine Gasse, die ihn zur Hampstead Road brachte.
Er ging über die Straße und summte eine Melodie vor sich hin. Plötzlich blieb er wie gebannt stehen.
Es war halb sechs, und die Dämmerung brach schon herein. Aber er hatte sehr gute Augen und täuschte sich nicht. Auf einer der Treppen, die zu den Haustüren hinaufführten, sah er einen jungen Mann und ein Mädchen. Es war außerordentlich schön, aber sehr bleich. Der Herr glich Frank Merril aufs Haar; er trug einen rauhen Tweedanzug und einen weichen Filzhut mit breitem Rand. Das Mädchen schien ihn um etwas zu bitten. Mr. Mann war aber zu weit entfernt, um ihre Worte verstehen zu können. Er beobachtete, wie
Weitere Kostenlose Bücher