013 - Draculas Liebesbiss
war
erstaunlich. Einen Gegner hatte der Mann bereits ausgeschaltet, und er schien
besessen davon zu sein, auch dem Inspektor zu zeigen, daß er nicht aufgab. Die
Waffe hatte ihn nicht eingeschüchtert, und Tack hatte es nicht gewagt
abzudrücken. Er wollte diesen rätselhaften Mann lebend in die Hände bekommen
und von ihm erfahren, was im Leichenschauhaus vorgefallen war.
Tack kam ins Schwitzen. Er wich
zurück und hielt noch immer die Waffe umklammert. Rick Fermon trieb ihn bis an
die Hauswand. Der rauhe Verputz riß Tacks Anzug auf. Mit zusammengebissenen
Zähnen versuchte der Inspektor den Gegner abzuwehren.
Wie Stahlklammern lagen die
knochigen Finger Fermons um sein rechtes Handgelenk. Rick Fermon schlug die
Hand des Yard-Beamten gegen die Hauswand. Er wollte ihm die Waffe aus der Hand
schlagen.
Tack riß das Knie hoch und rammte
es in Fermons Bauch. Sekundenlang ließ der Griff um sein Handgelenk nach.
Fermon stürzte zu Boden, umschlang im Fallen Tacks Beine und riß ihn mit sich.
Es wurde ein Kampf auf Leben und
Tod.
Tack kam auf den Rücken zu
liegen. Wie eine Spinne kroch der andere über ihn hinweg und klemmte die
Revolverhand des Beamten unter sich. Mit seinem harten Schädel schlug Draculas
Gehilfe auf Tacks Brust, daß es dröhnte wie ein Trommelschlag.
Der Schweiß perlte auf Tacks
Stirn. Verzweifelt versuchte der Beamte, die Waffe aus der Umklammerung zu
lösen. Der Druck von Rick Fermons Körpergewicht aber arbeitete dagegen, und
außerdem schob Fermon in diesem Augenblick seinen Arm unter seinen eigenen
Körper und fingerte nach der Waffe.
Ich muß auf der Hut sein, zuckte
es durch Tacks Gehirn. Aus den Augenwinkeln nahm er die Bewegung wahr. Dr.
Aston, noch immer benommen, löste sich langsam aus dem dornigen Gestrüpp. Wenn
es ihm, Tack, gelang, den Knauf des Revolvers auf Fermons Schädel zu knallen,
dann war der Kampf entschieden.
Aber dazu kam es nicht. Das
Schicksal hatte bereits die Weichen gestellt. Der Inspektor spürte die
knochigen Hände über den seinen. Fermon riß an der Schußhand Tacks. Der Herzschlag
des Scotland-Yard-Beamten beschleunigte sich.
Fermon war wahnsinnig!
Die Finger rutschten unter die
seinen. Tack schluckte.
Er vermochte später nicht mehr zu
sagen, wie es eigentlich geschehen war. Das Unheil kündigte sich an, und es
erfüllte sich.
Der Abzug wurde berührt, der
Schuß löste sich. Wie von einem Faustschlag getroffen flog Rick Fermons
Oberkörper zurück. Stoßweise ergoß sich das dunkle Blut aus der Herzwunde auf
die Brust des Inspektors.
Als würde eine eisige Hand ihn
hochziehen, so kam Tack auf die Beine. Keine zwei Schritte von ihm entfernt lag
der Tote.
Die Haut um die Einschußwunde war
verbrannt. Die Mündung des Revolvers hatte genau auf Fermons Herz gelegen.
Mit fahriger Bewegung strich Tack
sich die verschwitzten und vom Blut Fermons verklebten Haare aus der Stirn.
»Das habe ich nicht gewollt«, murmelte er entsetzt. »Er hat es selbst
herbeigeführt …«
Der Inspektor bückte sich. Dr.
Aston ging neben ihm in die Hocke.
»Da ist nichts mehr zu machen«,
sagte der Arzt. »Aber Sie trifft keine Schuld, Inspektor! Ich bin Zeuge, was
sich ereignet hat!«
»Als wir diesen Mann gestern
abend hier einlieferten«, kam es stockend über die kreideweißen Lippen Tacks,
»war er tot und einen Toten kann man doch nicht noch mal erschießen!«
Mit weitaufgerissenen Augen
starrte er auf Aston. Der Arzt sagte nichts. Mehr noch als die Einschußwunde
interessierte ihn der deutlich wahrnehmbare Bißabdruck am Hals.
Tacks Ratlosigkeit wuchs weiter,
als er kurz darauf im Vorzimmer den toten Henry Coal stand. Die Tür zum Leichenhaus
stand offen. Zwei Liegen leer?
Auf der einen hatte Rick Fermon
gelegen – auf der anderen die Tänzerin Candis!
»Ich lasse mich frühzeitig
pensionieren«, murmelte Inspektor Tack heiser, während er mehr zum Telefon
wankte, als ging. »Die Dinge gehen über meinen Verstand! Hier muß ein
Spezialist her.«
●
Dieser Spezialist war bereits
unterwegs, nur wußte Inspektor Tack nichts davon.
An der Straßenecke ließ Larry
Brent sich absetzen. Er zahlte den Fahrpreis und ging dann zu Fuß in die Manett
Street. Er erwartete nicht, das Taxi mit der Nummer 40.632 noch vorzufinden. In
den letzten zwanzig Minuten hatte sich bestimmt etwas verändert, und so war er
nicht überrascht, als er in der Tat eine leere Straße antraf.
Keine Spur von einem Taxi, und
auch keine Spur von Edward Tander, dem
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