0130 - Der Unheimliche aus Lemuria
Hörsaal der medizinischen Fakultät. »Lassen Sie den Toten öffnen, untersuchen Sie das Herz genau. An dieser einen Stelle sind die Unsichtbaren verwundbar. Es war Zufall, Commander, daß sie genau diese Achillesferse trafen. Allem Anschein nach ist an der Nibelungensaga doch was dran.«
Fassungslose Menschen sahen ihn an.
»Bitte, stellen Sie fest, ob es medizinische Ursachen für diese Verwundbarkeit gibt«, verlangte Zamorra. »Wir sehen uns derweil die LT 412 an. Mich interessiert jetzt, wie der Bursche in das Boot gelangt ist.«
Odinsson legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Moment, Professor«, mahnte er. »Nicht so schnell mit den jungen Pferden. Was ist mit jener Vision, die Sie vorhin hatten? Wollen Sie darüber nicht reden?«
»Nicht jetzt«, wehrte der Professor ab. »Später. Ich muß erst wissen, wie der Unsichtbare ins Schiff kam. Dann kann ich Ihnen mehr über die Vision berichten.«
Fassungsloses Krankenhauspersonal sah den Männern nach, als sie das Zimmer mit der Leiche verließen.
Der Professor gab sich nur nach außen kühl und unberührt. In Wirklichkeit hielt ihn das Entsetzen gepackt, wurde immer stärker, je öfter er an das dachte, was mit dem Toten geschehen war.
Welche unfaßbare Macht steckte hinter all dem? Welches dämonische Wesen setzte hier an zum großen Schlag?
Rund achttausend Meter unter dem Meeresspiegel lag jene Legendenstadt.
Lemuria erwacht!
***
John Rollins sah auf, weil er einen leichten Luftzug verspürte. Mit einigem Erstaunen registrierte er, daß die Tür zu seinem Büro lautlos geöffnet worden war. Doch niemand war eingetreten.
Erlaubte sich jemand einen Scherz?
Der Hafenmeister erhob sich aus seinem Sessel und ging um den Schreibtisch herum, um auf den Korridor zu treten.
Im nächsten Moment prallte er gegen etwas Unsichtbares.
»Ich spinne doch nicht?« fragte er sich laut und wollte sich durch das Unsichtbare hindurchschieben.
Etwas Hartes, Rundes preßte sich gegen seinen Bauch. Ein Rohr? Aber vor ihm war doch nichts, absolut nichts!
»Hinsetzen«, sagte eine Stimme.
John Rollins riß die Augen weit auf.
»Wer ist da?« fragte er ungläubig.
Da sah er für Sekundenbruchteile eine Maschinenpistole aus dem Nichts auftauchen. Jene Waffe, deren Mündung unangenehm gegen seinen Bierbauch drückte!
»Wird’s bald?« fragte der Unsichtbare.
Die MPi war nicht mehr zu sehen, aber noch zu spüren. Gehetzt sah sich der Hafenmeister um, vermochte aber nichts zu erkennen. Und doch war er nicht allein in seinem Büro, vernahm jetzt die schleichenden Schritte. Mindestens drei der Unsichtbaren mußten sich in seiner unmittelbaren Nähe befinden.
Seine Nackenhärchen richteten sich auf.
Was geschah hier? Was ging hier vor?
Er gehorchte dem Druck der unsichtbaren Waffe, wich zurück bis zu seinem Schreibtisch.
»Setzen!«
Diese Stimme! durchzuckte es ihn. Kalt, unbarmherzig, gnadenlos. Wie eine Maschine, ohne jedes Gefühl!
Ich träume…
Nein. Ich drehe durch, korrigierte er sich in Gedanken. Ich spinne, habe Wahnvorstellungen. Offenbar gestern abend doch zuviel gesoffen, der Restalkohol, ich…
Wilford muß her!
Er öffnete den Mund, wollte nach seinem Stellvertreter rufen, von dessen Büro er durch eine Holzwand getrennt war.
»Ruhig«, sagte die kalte Stimme aus dem Nichts. Der Waffenstahl preßte sich unangenehm in Rollins’ Genick.
»Draußen. Drei U-Boote. Welches ist U 412?«
»Der Ami-Kreuzer?« fragte John Rollins fassungslos. »Was wollt ihr…?«
»Welches Boot?«
»Dock sieben…«, murmelte Rollins. »Aber ihr kommt doch nicht hin, das Pier wird bewacht und…«
Er kam nicht weiter. Hinter ihm klickte es.
Nein! schrien seine Gedanken. Nicht -Mary und die Kinder, sie…
Seinen Schrei hinausstoßen konnte er nicht mehr. Der Unsichtbare schoß.
***
Das Rattern der Maschinenpistole ließ die Menschen im Verwaltungsgebäude der Hafenmeisterei erstarren.
Das Rattern brach so abrupt wieder ab, wie es entstanden war. Dann trat Stille ein.
Das Schweigen des Todes!
Es währte drei Sekunden, dann handelte Peter Wilford. Der Stellvertreter schnellte von seinem Schreibtisch hoch, hechtete zur Wand, zur großen Schalttafel. Hieb mit der Faust krachend auf den Alarmschalter.
Grell wimmerte die Sirene auf, peitschte die Nerven der erschreckten Menschen. Heulte über das gesamte Gelände, wurde aufgegriffen von weiteren anlaufenden Warnhörnern. Innerhalb von Sekunden war nichts mehr zu hören als der grelle
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