0130 - Er zahlte mit seinem Blut
Ergebnis, das direkt in die unmittelbare Ermittlungsarbeit eingreift. So war es, als wir zu dritt im Archiv aufkreuzten.
Kenneth Chester, unser Statistiker, ein Mathematiker mit mehreren Hochschul-Diplomen, bat uns in sein kleines Büro. Der schmächtige Mann mit dem riesigen Denkerschädel plazierte uns auf die vorhandenen Stühle, räusperte sich und begann:
»Meine Herren, ich muß Sie einleitend auf einige Tatsachen hinweisen, die ihnen als trockene Zahlen erscheinen werden, die aber für unsere Überlegungen wichtig sind. In den USA sind 1958 insgesamt 270 965 Autos gestohlen worden. Jawohl, über eine Viertelmillion. 64 Prozent der Täter waren Jugendliche unter achtzehn Jahren. Der Wert des gestohlenen Vermögens an Autos beläuft sich auf annähernd eine Milliarde Dollar!«
Chester schwieg, und wir waren gebührend beeindruckt. Ich steckte mir eine Zigarette an, während Phil und Rock schweigend ablehnten. Chester fuhr fort:
»Ich habe diese Zahlen von Auto-Diebstählen einmal' für das Gebiet von Groß-New-York ermittelt. Damit verstehe ich die Stadt New York mit ihrem Hinterland. Damit Sie genau unterrichtet sind, zähle ich Ihnen kurz die Gebiete auf, die zu meinem statistischen Raum Groß-New-York gehören: Zunächst einmal die Stadtteile Manhattan, Bronx, Kings, Brooklyn, Queens und Richmond. Ferner auf Long Island die Grafschaften Nassau und Suffolk. Vom Staate New York die Grafschaften Rockland und Westchester. Vom Staat New Jersey die Grafschaften Bergen, Essex, Hudson, Middlesex, Morris, Passaic, Somerset ujid Union. Wenn Sie die Umgebung von New York kennen, wissen Sie, daß diese Grafschaften die Stadt New York wie mit einem Ring umgeben. Dann wissen Sie aber auch, daß aus diesen Gebieten fast alle die Menschen kommen, die in New York selbst arbeiten. Die Bevölkerungszahl dieses Gebietes beträgt 14 Millionen. Alle Verbrechet!, die in New York verübt werden, werden von Leuten ausgeführt, die innerhalb dieses G?bietes wohnen. Ein paar Ausnahmen bestätigen nur die Regel.«
Er klappte eine Mappe auf und blickte auf ein paar Notizen.
»In diesem Gebiet sind 1958 runde sechsundzwanzigtausend Autos gestohlen worden! Pro Monat also durchschnittlich 2166. Wenn Sie mit dieser errechneten Zahl die tatsächlich gemeldeten Fälle vergleichen, werden Sie überrascht sein, wie wenig sich beide Zahlen unterscheiden. Und nun geben Sie acht: Solange die Zahl zwischen 2100 und 2200 gestohlenen Wagen pro Monat schwankt, solange ist gewissermaßen alles normal.«
Ich klopfte die Asche meiner Zigarette ab. Phil kniff ein Auge ein. Man merkte, daß Chester ganz in seinem Element war.
»Verkleinern wir unseren Monatsdurchschnitt noch einmal«, sagte er. »2200 gestohlene Wagen pro Monat -das gibt 550 gestohlene Wagen in der Woche!«
»Ganz hübsche Zahl!« warf Rock ein. »O ja! Aber was würden Sie dazu sagen, wenn diese Zahl plötzlich auf 750 pro Woche ansteigt! Wenn im Raume Groß-New-York monatlich mit einem Schlage achthundert Wagen mehr gestohlen werden? Meine Herren, was sagen Sie dazu?«
Ich grinste vorsichtig:
»Was sagen Sie dazu, Chester?«
Auf Grund einiger einfacher Rechenaufgaben zog unser Statistiker die einzig mögliche Folgerung:
»Das bedeutet«, sagte er ernst, »daß im Raume Groß-New-York seit kurzer Zeit eine große, vorzüglich organisierte Bande von Automardern am Werke ist! Eine neue Bande! Eine Bande, die im größten Stile arbeitet! Daran gibt es gar keinen Zweifel meine Herren!«
»Donnerwetter!« murmelte Rock. »Wenn man sich überlegt, was man aus ein paar Zahlen doch alles herauslesen kann!«
Ich wußte nicht, wie sehr ihn dies wirklich beeindruckte. Wie hätte ich denn auch wissen sollen, daß der Kollege Rock Jeffers, der neben mir saß in dieser Besprechung, ein Mitglied dieser Bande war?
***
Vielleicht erwarten Sie jetzt wundervolle Geistesblitze von uns. No, damit ist es nichts. Wir sind , weder Hellseher noch Genies. Wir sind G-men.
Als wir das Archiv wieder verließen, fragte Rock:
»Na, und was machen wir jetzt? Wir wissen, daß es eine solche Bande gibt. Na schön. Aber was hilft uns das?«
»Eben«, seufzte Phil. »Solange wir nicht die leiseste Spur dieser Bande haben, wird es verdammt schwierig sein, irgend etwas zu unternehmen.«
Ich schwieg nachdenklich. Natürlich hatten sie beide recht. Wir hatten im Augenblick noch nicht die leiseste Spur dieser Bande. Wir wußten lediglich, daß sie existieren mußte. Das war alles.
Und selbst das hätten wir
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