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0132 - Der Schwarze Graf

0132 - Der Schwarze Graf

Titel: 0132 - Der Schwarze Graf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim von Koblinski
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hatten sich bewahrheitet. Das Unwetter, das sich über den bewaldeten Höhen auf der gegenüberliegenden Talseite zusammengebraut hatte, war mit einer solchen Vehemenz und Heftigkeit hereingebrochen, wie es fast nur in den Alpen möglich war.
    Noch regnete es bloß in Strömen; die grellen Blitze hagelten in einiger Entfernung über dem Tal herunter. Aber das Gewitterzentrum würde ihn mit Sicherheit ebenso plötzlich erreichen wie diese ersten, finsteren Ausläufer.
    Es hatte sich merklich abgekühlt; die drückende Schwüle war einem böigen, beinahe stürmischen Wind gewichen.
    Der starke Regenguß, den er vor sich herpeitschte, verwandelte den Waldweg mit der Zeit in einen tiefen, morastigen Sumpf. Dadurch kam Bill erst recht in Schwierigkeiten.
    Er verlor zunehmend an Tempo. Seine schweren Bergstiefel sanken bis zu den Knöcheln in den aufgeweichten Boden, so daß dicke Lehmklumpen daran hängenblieben.
    Er hatte den Eindruck, Bleigewichte mit sich herumzuschleppen. Mit glucksenden Geräuschen lösten sich die Stiefel bei jedem Schritt nur unter großer Kraftanstrengung aus dem klebrigen Schlamm, in dem sie sich regelrecht festsaugten. Keuchend quälte Bill sich weiter.
    Er hatte gut vorgesorgt und schützende, feste Kleidung angelegt, die aber nicht verhindern konnte, daß die nasse, beißende Kälte ihm bis auf die Haut drang. Doch er nahm davon kaum noch Notiz. Bill hatte die Schwelle zur Erschöpfung längst überschritten.
    Mechanisch stapfte er bergauf, Meter um Meter.
    Den übermächtigen Wunsch, einfach aufzustecken, am nächsten Tag weiterzugehen, verdrängte er. In einer knappen Stunde wurde es dunkel, so daß er auf jeden Fall besser den Weg zur Burg beenden konnte, als irgendwo in der schutzlosen Einsamkeit des ihn umgebenden Waldes die Nacht zu verbringen.
    Die Dämmerung und das sich drohend nähernde Gewitter zwangen ihn zur Eile. Schon jetzt war der schmale Pfad kaum noch zu erkennen.
    Obwohl er bisher nur zwei kurze Pausen eingelegt hatte, brachte Bill es fertig, noch an Tempo zuzulegen.
    Jetzt ein ordentlicher Schluck Whisky! dachte er wehmütig. Aber vielleicht hatten die drei Männer dort oben irgendwas Hochprozentiges dabei?
    Bill lachte leise auf, als er spürte, wie dieser Gedanke ihm neue Kraft gab.
    Der verflixte Weg konnte ja gottlob nicht mehr weit sein…
    Vor lauter Müdigkeit empfand Bill weder besondere Freude noch Erleichterung, als die unheilvoll drohenden Umrisse der Ruine wie eine bizarre Felswand vor ihm auftauchten. Um noch irgendeiner Regung fähig zu sein, war er zu erschöpft. Und ein von Natur aus zu nüchtern denkender Mensch. Er hatte sein zunächst gestecktes Ziel erreicht - nicht mehr und nicht weniger.
    Nun wartete der zweite, genauso wichtige Teil der Aufgabe.
    Wo waren die drei Männer?
    Welches Geheimnis steckte in den Büchern, die er in Piecollos Hütte gefunden hatte?
    War sein unheimliches Erlebnis von vorhin nur auf Einbildung zurückzuführen?
    Etwas ratlos blickte Bill sich um. Der bitterkalte Wind peitschte in sein Gesicht, zerrte an den Haaren. Das Gewitterzentrum hatte sich inzwischen bedrohlich genähert.
    Sich den Männern akustisch verständlich zu machen, war wegen des Getöses hier draußen aussichtslos.
    Also mußte er den Eingang selbst finden, und zwar möglichst rasch, denn schnell schwand das spärliche Tageslicht dahin. Und in der Dunkelheit den Einstieg mit der Taschenlampe suchen zu wollen, war verrückt.
    Doch irgendeinen Weg mußte es geben…
    Entschlossen eilte Bill über den Hof, auf dem sich kniehoher, nebliger Dunst wie ein feiner Schleier ausgebreitet hatte. Er empfand, welch eine Wohltat, wieder festen und ebenen Boden unter den Füßen zu haben.
    Plötzlich bemerkte er ein paar Schritte weiter… Spuren? Irrtum - nur ein paar verstreute Schieferplatten, die der Sturm vom Dach geweht hatte.
    Bill fand nicht den geringsten Hinweis darauf, daß sich jemand vor oder während des Unwetters hier oben aufgehalten hatte.
    Entweder befanden sich die Männer schon seit Stunden im Innern der Burg, oder ihre Spuren waren vom Regen verwischt worden.
    Egal - weiter!
    Fleming stapfte hinüber zum imposanten Turm der Ruine.
    Wo war bloß der Eingang?
    Bisher war nichts zu sehen gewesen als steile, glatte Wände…
    Und zu allem Überfluß erreichten in diesem Augenblick die gelbschwarzen Wolken des Unwetters den Felsen.
    Der Regen nahm sintflutartige Formen an. Es wurde schlagartig Nacht; die erschreckende Dunkelheit wurde nur durch die zahllos

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