0133 - Der Mumienfürst
jetzt nicht in der Gewalt eines dieser Mumienfürsten.
Professor Ruiz bemerkte die Nervosität, sagte jedoch nichts. Er war ein guter Gastgeber, versuchte, dem Kollegen aus Frankreich die unangenehme Wartezeit so erträglich wie nur möglich zu machen. Dabei ging es ihm auch nicht viel besser, schließlich teilte seine Tochter Nicoles Schicksal.
Gegen Mittag erhielt Zamorra einen Telefonanruf aus Corpus Christi von Jed Diamond, der wissen wollte, ob er schon Erfolg gehabt hätte.
Zamorra gab ausweichende Antworten. Hätte er die Wahrheit gesagt, wäre Diamond postwendend hier aufgetaucht. Und bei aller Freundschaft konnte er ihn jetzt nicht um sich haben.
Diamond war enttäuscht und verabschiedete sich schließlich, nachdem Zamorra ihm versprochen hatte, ihn auf dem laufenden zu halten.
Den Rest des Tages verbrachte Zamorra damit, sich vorzubereiten. Er machte Konzentrationsübungen, die ihn in Indien ein Guru gelehrt hatte. Dann überprüfte er seine sämtlichen Hilfsmittel, nahm schließlich ein leichtes Abendbrot zu sich, machte sich endlich nach Einbruch der Dunkelheit auf den Weg, den er auch im Schlaf gefunden hätte.
An der gleichen Stelle wie am Abend zuvor stellte er den Jeep ab.
Zwei lange Stunden saß er da, ehe er sich zur astralen Projektion entschloß.
Eins wußte er: Er würde alle geistigen Reserven mobilisieren müssen, um den Bann zu brechen, der über den Mädchen lag. Professor Ruiz hatte ihm ein Wort genannt, das er sich fest eingeprägt hatte.
»Es ist so etwas wie ein Zauberwort, Kollege«, hatte Ruiz gesagt. »Wenn Sie diesen Bann, den die beiden alten Inkas über die Mädchen gelegt haben, brechen wollen, dann nur damit. Prägen Sie es sich ein! Es muß sich regelrecht in Ihr Hirn einbrennen! TAHUANTINSUYU…! Das ist das Wort.«
Ruiz hatte ihm auch erklärt, was es damit für eine Bewandnis hatte. Es war der Name eines Herrschergeschlechts der Inkas, das dem Sonnengott einstmals große Opfer dargebracht hatte. Inti hatte sich dankbar dafür gezeigt und diesem Namen eine ganz bestimmte Macht verliehen. Die Macht, mit dem Aussprechen dieses Namens Gegner zu vernichten und über sie zu herrschen. Und den Bann oder Zauber dieses Gegners binnen Sekundenbruchteilen zu brechen.
Zamorra, der ein sehr gutes Gedächtnis besaß, hatte den Namen nicht vergessen. Er hoffte nun, daß er seine Wirkung behalten hatte. Ruiz zweifelte nicht daran.
Die Bilokation begann.
Professor Zamorra befand sich wenig später im Tempel. Auf dem gleichen Wege wie am vorigen Abend.
Um seinen Hals hing das Amulett. Das Hochspannungsgerät war betriebsbereit. In der linken Tasche steckte seine Infrarotkamera und das Infrarotfernglas. Beides hatte er für alle Fälle mitgenommen. Vielleicht gelang es ihm, mit Hilfe des Glases durch die Mauern der Tempelanlage zu schauen. Er hatte eine ganz bestimmte Vermutung - daß es nämlich gar keine Mauern gab, daß ihm alles nur auf telepathischem Weg übermittelt wurde. Ähnliches hatte er schon einmal erlebt.
Seiner Berechnung nach mußte er kurz vor der großen Tempelhalle sein, als er das Glas vor die Augen setzte und den Schalter betätigte. »Merde!« entfuhr es ihm. »Dieser verdammte Topa Inka!«
Was er sah, war nicht gerade dazu angetan, seine Laune zu heben. Der Mumienfürst stand vor zwei hölzernen Lagerstätten, auf denen Nicole Duval und Inez Ruiz lagen.
Zamorra, der neben seinem Jeep saß und beobachtete, was sein astraler Doppelgänger tat, wußte in diesem Moment nicht, wie er sich entscheiden sollte.
War es angebracht, hier sitzenzubleiben und alles - gewissermaßen als sein eigener Zuschauer - zu verfolgen, was sich da drinnen tat?
Würde es ihm möglich sein, auf den Doppelgänger zu verzichten? Aber dann müßte er die astrale Projektion beenden, selber den Tempel finden und zur physischen Methode greifen.
Die Frage dabei war, ob es gelingen würde.
Da hatte er plötzlich eine Idee.
Wie wäre es, fragte er sich, wenn ich die Bilokation bestehen ließe und trotzdem…? Natürlich, das muß gehen! Mein zweites Ich wird mir den Weg weisen!
Erneute Konzentration, dann sprach der physische Zamorra mit dem astralen. Gedanklich.
»Hör zu, ich möchte dir folgen! Und ich kann dir helfen! Was sagst du zu meinem Vorschlag?«
Aus dem Tempel kam sofort die Antwort.
»Ich bin einverstanden! Geh einfach los, du wirst, den Eingang finden! Dafür sorge ich!«
Zamorra hatte kalten Schweiß auf der Stirn, als er aufstand und sich in Bewegung setzte. Er
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