0137 - Die Bestien der Madame
Shirley gepreßt. »Du willst es nicht anders!« Sie griff nach der Nachttischlampe, riß den Stecker aus der Dose und schwang die Lampe hoch.
»So tief bist du schon gesunken? Daß du auf deine leibliche Mutter losgehst?« rief Mrs. Jennings entrüstet.
»Ich habe dich gewarnt!« sagte Shirley rauh. »Du wolltest nicht hören!«
Mit einem schnellen Schritt war sie heran. Sofort schlug sie zu.
Der Marmorteil der Lampe traf die Frau. Sie wollte zwar ausweichen, aber sie war nicht schnell genug.
Ächzend brach Mrs. Jennings zusammen.
Shirley lachte kalt. »Ich habe dich gewarnt«, sagte sie noch einmal. Dann ließ sie die Lampe fallen und verließ ihr Zimmer.
Diesmal durch die Tür…
Sie begegnete auf ihrem Weg zu Madame M. niemandem. Vor einer Hintertür blieb sie stehen. Finsternis umgab sie. Sie klopfte.
Dreimal – wie es ihr Madame M. aufgetragen hatte. Lautlos öffnete sich die Tür. In der Finsternis leuchteten zwei gelbe Punkte.
Katzenaugen!
»Hier bin ich, Madame«, sagte Shirley.
»Tritt ein«, forderte sie eine angenehme Stimme auf. »Sei willkommen.«
Shirley betrat das Gebäude. Obwohl niemand die Tür anfaßte, schloß sie sich hinter dem Mädchen.
Madame M. war eine große hagere Frau. Sie war schwarz gekleidet. In jungen Jahren mußte sie sehr schön gewesen sein. Nun waren ihre Züge hart, die Wangen sanken unter den Backenknochen tief ein, der Mund war faltig.
Shirley stellte fest, daß sich die Augenfarbe von Madame veränderte. Das Gelb wurde zu einem düsteren Braun.
»Du bist schnell gekommen«, sagte die unheimliche Frau.
»So, wie Sie es verlangt haben.«
»Hat deine Mutter Verdacht geschöpft?«
»Leider ja.«
»Was ist passiert?«
»Sie wollte mich zurückhalten.« Shirley lachte. »Als ob sie das gekonnt hätte.«
»Was hast du getan?«
»Ich habe sie niedergeschlagen.«
Madame M. lächelte und nickte zufrieden. »Das ist gut. Sehr gut. Du befindest dich bereits auf dem richtigen Weg. Was hältst du von der Macht des Bösen?«
»Ich bete sie an.«
»Das wird dem Fürsten der Finsternis gefallen. Asmodina, seine Tochter, hat mir höllische Kräfte verliehen, und ich setze sie im Sinne des Bösen ein. Es liegt in meiner Macht, dich unsterblich zu machen. Möchtest du das?«
»Nur, wenn es auch dir gefällt, Gebieterin«, sagte Shirley Jennings unterwürfig.
»Du wirst zu einem Teil der Hölle werden!« kündigte Madame M. an. »Schreckliche Taten wirst du vollbringen, zum Gefallen jener Mächte, die eines Tages über das Gute triumphieren werden! Du bist eine der Auserwählten. Aber du bist noch nicht die letzte. Es werden viele den Weg beschreiten, den du heute eingeschlagen hast. Wir werden uns laufend vergrößern. Ein Heer wird mir zur Verfügung stehen. Wir werden Angst und Schrecken verbreiten und London in ein furchtbares Chaos stürzen.«
Shirleys Augen glänzten vor Begeisterung. »Ich bin dabei, Gebieterin.«
»Komm«, sagte Madame M. »Nimm die Schwarze Weihe in Empfang, damit du für immer mit der Hölle verbunden bleibst.«
Die unheimliche Frau führte das Mädchen in einen schwarzen Raum.
Ein Sigill aus Kupfer war in den Boden eingearbeitet.
Vor diesem stilisierten Teufelskopf mußte sich Shirley Jennings hinknien. Niemals hätte sie das getan, wenn die hypnotische Kraft von Madame M. sie nicht in ihren Bann geschlagen hätte.
Die schwarz gekleidete Frau öffnete einen Schrein aus schwarzem Ebenholz. Sie traf ihre Vorbereitungen.
Shirley kniete indessen schweigend vor dem Teufelskopf.
Leben kam plötzlich in ihn. Er blickte das Mädchen grinsend an.
Doch Shirley Jennings erschreckte das nicht. Sie wußte, daß das alles zum Ritual gehörte, dem sie sich unterziehen mußte.
Madame M. wandte sich um.
Jetzt leuchteten ihre Augen wieder hellgelb. Sie war eine gefährliche Hexe. Aber sie verstand es, die Menschen vorzüglich zu täuschen. Bis zum heutigen Tag war noch niemand hinter ihr Geheimnis gekommen, und so sollte es auch in Zukunft bleiben.
»Schwester im Bösen!« sagte sie feierlich.
Shirley breitete die Arme aus. »Ich bin bereit.«
»Schwörst du dem Guten ab?«
»Ich habe es getan.«
»Willst du dem Bösen dienen?«
»Es gibt kein erstrebenswerteres Ziel für mich.«
»Ich bin Madame Morte. Morte – der Tod!« flüsterte die Hexe.
»Und den Tod sollst du über die Menschen bringen, die in dieser Stadt wohnen. Willst du das tun?«
»Ja!« keuchte Shirley begeistert. »Ja!«
Madame M. steckte rings um das Sigill
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