0137 - Die Bestien der Madame
leicht mißverstand. Deshalb überging ich Biggers Bemerkung.
»Was mit Mr. Taviss geschehen ist, tut mir aufrichtig leid«, sagte ich.
»Er war ein feiner Kerl«, sagte Bertie Biggers. »Man konnte alles von ihm haben. Wirklich alles.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Immerhin hat er sein Leben für die Sicherheit Ihrer Schwester gegeben.«
»Monster!« Bertie Biggers schüttelte den Kopf. »Wenn ich davon meinen Hörern erzählen würde, würden sie denken, ich habe den Verstand verloren, und das mit Recht.«
»Deshalb würde ich darüber an Ihrer Stelle auch lieber schweigen«, sagte ich.
»Das werde ich. Darauf können Sie sich verlassen, Mr. Sinclair.«
»Es hätte wenig Sinn, die Leute in Panik zu versetzen«, sagte ich.
»Bisher waren für mich solche Ungeheuer immer nur Fabelwesen. Daß meine Schwester einmal einem begegnen würde, hätte ich mir im Traum nicht einfallen lassen. Ich dachte, so etwas würde es bloß im Film geben. Oder bei Madame M.«
Ich horchte auf.
Da war der Name schon wieder!
»Kennen Sie Madame M.?« fragte ich gespannt.
»Nicht persönlich. Aber ihre Monster-Show.«
»Haben Sie sie sich angesehen?«
»Ja.«
»Wann?«
»Vor zwei Tagen. Mit Claire«, sagte Bertie Biggers. »Sie war es sogar, die den Vorschlag gemacht hat, da reinzugehen.«
»Kamen Sie auf Ihre Kosten?«
Biggers schüttelte den Kopf. »Ich finde es widerwärtig, womit diese Frau ihr Geld verdient. Diese Spekulation mit der Angst der Menschen sagt mir nicht zu.«
»Mir auch nicht«, sagte ich. Meine Gedanken überschlugen sich.
Melissa Morte! Diese Frau mußte mit dem Auftauchen des Monsters irgend etwas zu tun haben. Ich konnte es kaum noch erwarten, ihre Bekanntschaft zu machen. Aber zuvor bat ich Claire Biggers, mir zu erzählen, was sich ereignet hatte, bevor sie in meinen Fall geraten war.
Ich erfuhr von Norman Coughlin, mit dem sie heute früh Schluß gemacht hatte. Sie erzählte mir von Eugene Walton, vor dem sie sich verdrückt hatte, und je näher sie an das schreckliche Ereignis herankam, das sie so sehr aus der Bahn geworfen hatte, um so mehr blieb sie stecken. Schließlich sprach sie nicht mehr weiter.
Ich hatte Verständnis dafür, quälte sie nicht weiter.
Coughlins und Waltons Namen schrieb ich mir auf. Ich war davon überzeugt, daß sie für meinen Fall keinerlei Bedeutung hatten, aber ich wollte sie doch in meinem Bericht erwähnen.
Vorausgesetzt, es gelang mir, den Fall abzuschließen, denn im Moment hatte bestimmt noch Madame M. alle Trümpfe in der Hand.
»Werden Sie die Bestie finden und zur Strecke bringen, Mr. Sinclair?« fragte Bertie Biggers.
»Sie können sicher sein, daß ich alles in meiner Macht Stehende unternehmen werde, damit dieses Monster nicht noch weitere Menschen tötet«, erwiderte ich.
Biggers nahm seine randlose Brille ab. Er massierte die Druckstelle auf seiner Nase, setzte die Brille wieder auf, sah mich voll an.
»Ich habe über all das gründlich nachgedacht, Mr. Sinclair.«
»Ich auch.«
»Vielleicht sollte ich es Ihnen sagen.«
»Was?« fragte ich.
»Ich bin nicht 100prozentig sicher…«
»Trotzdem heraus damit!« forderte ich den Rundfunkmoderator auf.
»Ich bilde mir ein, ein Monster, wie es Claire gesehen hat, in Madames Horrorkabinett gesehen zu haben.«
»Interessant«, sagte ich beeindruckt. Wenn sich Bertie Biggers nicht irrte, eröffnete diese Behauptung völlig neue Perspektiven, denn dann war Claire Biggers dem Ungeheuer nicht in der vergangenen Nacht zum erstenmal begegnet, sondern bereits vor zwei Tagen – bei Madame M.
Ich spann meinen Gedankenfaden weiter.
Hatte diese erste Begegnung die zweite zur Folge gehabt? Hatte das Ungeheuer in der vergangenen Nacht nicht wahllos zugeschlagen? Hatte es beabsichtigt, sich Claire zu holen, das Mädchen, das ihm in Madame M.s Horrorkabinett gegenübergestanden hatte?
Waren somit alle jene besonders gefährdet, die sich Madame M.s Grusel-Show schon mal angesehen hatten?
Einfach unter den Teppich zu fegen waren diese Überlegungen nicht. Ich nahm mir vor, sie im Auge zu behalten.
»Werden Sie sich die Monster-Show ansehen, Mr. Sinclair?« fragte Bertie Biggers und holte mich von meinem Gedankenausflug zurück.
Ich nickte. »Auf jeden Fall.«
»Brauchen Sie uns noch?« erkundigte sich der Rundfunkmoderator.
»Sie können gehen«, sagte ich und erhob mich. »Passen Sie auf Ihre Schwester auf!«
»Das tu’ ich ganz bestimmt.«
Ȇbrigens, Ihre Sendungen gefallen mir
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