0151 - Der Rächer und sein Richter
zurückgestellt, weil wir aus dem Adressbuch hatten ersehen können, dass sie nicht mehr da wohnten, wo sie seinerzeit gewohnt hatten, als der Prozess stattfand. Da es bei uns kein polizeiliches Meldesystem gibt, war es nicht einfach diese Leute aufzutreiben.
Bis nachmittags gegen vier waren wir damit beschäftigt. Dann trafen wir wieder im Office ein. Ich kam später als Phil, hatte aber obendrein einen meiner beiden zugewiesenen Geschworenen überhaupt nicht finden können. Das Letzte, was ich über ihn in Erfahrung brachte, war die Auskunft eines ehemaligen Nachbarn, dass diese Familie nach Kalifornien verzogen sei. Phil dagegen hatte zwar beide ausfindig gemacht, aber auch sie hatten nichts von Johnes gehört.
»Er hat es also nur auf die damalige Vorsitzende der Geschworenen abgesehen«, sagte ich abschießend. »Das erleichtert unsere Aufgabe.«
»Na, vielen Dank«, brummte Phil. »Einfach ist die Sache gerade nicht. Ich schlage vor, dass wir uns oben im Bereitschaftsraum für zwei bis drei Stunden aufs Ohr legen. Ab Einbruch der Dunkelheit schalten wir uns dann in das Beobachtungsnetz um Mrs. Britan ein. Heute Nacht platzt die Bombe, davon bin ich überzeugt.«
Er sollte wortwörtlich recht behalten.
***
Es war nicht die Schuld der beiden Privatdetektive, dass Hunk Johnes Einlass in das Haus von Richter Morgan fand. Wenn sie ihre Aufgabe wirksam erfüllen sollten, mussten sie in seiner Nähe bleiben, und das bedeutete natürlich, dass sie mit ihm zum Gericht gehen und dort vor seinem Zimmer warten musste, solange er im Gebäude arbeitete.
Vormittags gegen halb elf hatte Hunk Johnes an der Tür des Wohnhauses von Richter Morgan geklingelt. Er trug eine blaue Schlossermontur, eine schwarze Binde vor dem linken Auge und einen eleganten Stutzerbart auf der Oberlippe.
Die Haushälterin öffnete misstrauisch die Tür.
»Hallo!«, sagte Hunk Johnes. »Ich muss das Telefon nachsehen. Die Fernseher in den Nachbarhäusern werden dauernd gestört.«
Wie alle Frauen hatte die Haushälterin von elektrotechnischen Dingen nicht die blässeste Ahnung. Sie warf noch einen kurzen, prüfenden Blick auf den Mann, dann öffnete sie die Tür weit und sagte: »Kommen Sie rein, Mister.«
»Hier ist mein Ausweis«, sagte Johnes. »Nicht damit Sie denken, ich wäre ein Einbrecher.«
Er hielt ihr etwas Gedrucktes hin, das in einer Cellophanhülle stak. Die Haushälterin sah etwas von Elektrizität auf dem Ausweis stehen und gab sich zufrieden.
»Wo steht das Telefon?«, fragte Johnes und sah sich suchend um, während er seine Werkzeugkiste abstellte, sich die Mütze abnahm, den Schweiß von der Stirn wischte und die Mütze wieder aufsetzte.
»Da hinten auf dem Tischchen!«
»Ah ja.«
Johnes nahm die Werkzeugkiste, ging zum Telefon und begann zu arbeiten. Die Haushälterin sah ihm einen Augenblick zu, sie bemerkte, das er den Boden des Gehäuses abschraubte, und dann entfernte sie sich. Es war ja wirklich ein Telefonarbeiter.
***
Es war acht Uhr abends, als wir Posten in einem der Bauzelte bezogen, die vom Stadtbauamt in der 52. Straße aufgestellt worden waren. Ein Arbeitertrupp der New Yorker Telefon Company hatte auf unseren Antrag hin direkt neben unserem Zelt das Telefonkabel der ganzen Stadt freigelegt und mittels irgendwelcher Schaltvorrichtungen eine Leitung in unser Zelt gelegt, sodass wir von hier aus ständig mit der Zentrale und den in der Umgebung postierten Streifenwagen in Verbindung treten konnten.
Alles, was von uns hatte getan werden können, um ein unsichtbares Netz rings um die 52. Straße zu legen, war geschehen. Kam Johnes tatsächlich in dieser Nacht, dann genügte es, das Phil oder ich eine grüne Leuchtrakete in die Luft schossen, und das Netz würde sich innerhalb weniger Sekunden zusammenziehen zu einer Falle, aus der kein Mensch entkommen konnte.
Unabhängig davon aber bemühten sich zwei Kollegen, der Spur des Schildes nachzugehen. Unser Labor hatte die Karton-Art und den Farbenhersteller der Beschriftung ermittelt. Jetzt musste man von da ausgehen und versuchen, bis zu dem Mann vorzudringen, der das Schild bemalt hatte. Diese Nachforschungen würden in einem Tag nicht zu machen sein, aber wenn Johnes heute Nacht nicht kam, wollten wir diese Spur schon aufgenommen wissen.
Wir steckten uns Zigaretten an. In unserem Zelt war es stockdunkel, denn wir hatten die Petroleumlampen nicht angezündet, die sich darin befand. Es sollte von außen niemand sehen können, das wir uns darin
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