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0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger

0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger

Titel: 0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sie nannten sich Löwen und Tiger
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verstohlen musterte.
    Margrets spitze Bemerkung, ihr Vater habe ein Verhältnis mit dem Mädchen, fiel mir ein. Ich musste im Stillen lächeln, denn ich hielt das für ausgeschlossen.
    Als nächstes Familienmitglied kam Bob Hudson, Margrets Bruder, ein schlaksiger, bleicher Jüngling. Ich musste an Mrs. Hudsons Worte denken, er überlege sich schon annähernd ein Jahr, was er werden solle. Wahrscheinlich war er bereits zu dem Entschluss gekommen, den Beruf eines Nichtstuers zu ergreifen. Sicherlich hatte er Freunde, die auf seine Kosten tranken, und ein paar Freundinnen, die ihn nach Strich und Faden ausnutzten und an der Nase herumführten. Der Jüngling war ohne jedes Interesse für mich.
    Gerade war ich soweit gekommen, als Margret ihren Auftritt in Szene setzte. Plötzlich stand sie in der weit geöffneten Tür. Ihr braunrotes Haar fiel, wie immer, in Locken bis auf die Schultern. Mit ihrem raffinierten Make-up und dem schwarzen, tief ausgeschnittenen Kleid wirkte sie wie eine Dreiundzwanzigjährige. So stand sie mindestens zehn Sekunden lang und genoss es, sich bewundern zu lassen. Als sie Phil und mich sah, zuckte ein mokantes Lächeln um ihre Lippen.
    »Hallo, alle zusammen!«, grüßte sie, wirbelte durch den Raum zu ihrer Mutter hinüber und legte ihr den Arm um die Schulter. »Hallo, Darling-Ma. Wie geht es dir?«
    »Gut«, lächelte Mrs. Hudson. »Wenn du so nett sein willst, die Nurse zu rufen, so werden wir hinübergehen.«
    Wie auf ein Stichwort hin, erschien die Pflegerin in weißem Schwesternkleid und Häubchen.
    »Schwester-Viola«, stelle Mister Hudson vor.
    Die dunkelhaarige, noch junge Frau grüßte mit einem Neigen des Kopfes und kümmerte sich um die Hausfrau. Diese Krankenschwester kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich konnte mich an ihr Gesicht mit den großen schwarzen Augen, das einen südländischen Einschlag verriet, nicht erinnern. Trotzdem glich sie jemandem, den ich kürzlich gesehen haben musste.
    »Lassen Sie sich nicht stören, meine Herren«, bat Mrs. Hudson.
    Als wir uns der Tür zuwendeten, konnte ich sehen, wie die Schwester und Marcia der Kranken beim Aufstehen behilflich waren. Ihr Mann kümmerte sich nicht darum. Er hielt den Kopf gesenkt, als ob er ein weltbewegendes Problem wälzte, und trippelte voraus. Margret warf noch einen Blick auf ihre Mutter und schob dann ihren Arm vertraulich unter den meinen.
    »Habe ich nicht Wort gehalten? Bin ich nicht ein braves Kind?«, fragte sie lächelnd.
    »Ich bin nicht so sicher«, gab ich leise zurück. »War es unbedingt nötig, diesen Valgas einzuladen? Ich hatte Sie doch ausdrücklich vor ihm gewarnt.«
    »Ich konnte nicht anders. Ma fragte mich nach ihm, und es wäre erst recht aufgefallen, wenn ich nein gesagt hätte.«
    Das war natürlich möglich, aber ich konnte mir nicht denken, dass Mrs. Hudson besonderen Wert auf die Anwesenheit des Mexikaners gelegt hatte.
    Ein paar Minuten später saßen wir in dem Empfangszimmer, das wir bereits kannten. Das Hausmädchen reichte Cocktails herum.
    Dann ertönte die Klingel, und zwei Herren erschienen auf der Schwelle. Ich kannte sie beide, sowohl Valgas, der mir neulich Margret entführt hatte, als auch den Schauspieler, wenn auch diesen nur von Bildern her. Er war ein großer blonder Mann mit sorgfältig gewelltem Haar, schmalen Hüften und einem Smoking, der einen sehr teuren Schneider verriet.
    Valgas begrüßte mich, als sei ich sein bester Freund. Forrester schien ein harmloser, etwas aufgeblasener, aber vergnügter Junge zu sein. Im Nu war er mit Margret in ein lustiges Geplänkel verwickelt, während Valgas sich zu meiner Überraschung an Marcia heranmachte. Die beiden kannten sich bereits und schienen sich ausgezeichnet zu unterhalten. Vergeblich wartete ich auf ein Zeichen der Eifersucht von seiten des Mexikaners. Entweder er hatte tatsächlich Manieren, wie Flora Hudson behauptet hatte, oder die Liebe zu Margret war inzwischen abgekühlt.
    Mister Hudson hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und nippte geistesabwesend an seinem Drink. Wir anderen standen rund um Mrs. Hudson, die sich in einen besonders bequemen Sessel gesetzt hatte, und machten Konversationen, an der sich Bob Hudson kaum beteiligte. Auch die Schwester sprach wenig, und es schien mir, als ob ihre Blicke immer wieder zu Valgas hinüberirrten.
    Bei Tisch blieb die Verteilung dieselbe. Phil und ich hatten uns absichtlich ans untere Ende der Tafel gesetzt, von wo wir alle Anwesenden beobachten konnten. Aber es gab

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