0154 - Desteros Rache
und wandte sich ab.
Ich blieb am Fußende stehen und schaute mich an. Es war schon komisch, und das makabre Gefühl durchströmte auch mich. Erinnerungen wurden wach. Man hatte mich mal lebendig begraben. So kam es mir jetzt vor. »Begeistert siehst du nicht aus«, meinte Bill.
Ich hob die Schultern. »Wer ist das schon beim Anblick seiner eigenen Leiche.«
»Da hast du recht.«
»Dann wäre meine Arbeit ja wohl getan«, meinte Ron Garret.
»Und ich kann gehen.«
»Noch nicht, mein Lieber«, sagte ich.
»Wieso?«
»Du mußt noch einige Stunden hierbleiben. Wir werden dich irgendwann heimlich aus dem Haus schaffen. Das ist alles mit Sir James Powell abgesprochen worden.«
»Also…« Er holte tief Luft und öffnete den Mund.
»Reg dich ab. Mrs. Conolly wird dir sicherlich ein gutes Frühstück bereiten.« Ich kniff Sheila ein Auge zu.
»Natürlich, Mr. Garret, kommen Sie.«
Die beiden verschwanden in der Küche.
»Der ist aber auch nicht ganz echt«, meinte Bill.
Ich grinste. »Nee, aber kochen kann er gut. Er wird sich mit Sheila ausgezeichnet verstehen und sie bestimmt ein wenig von ihren Sorgen ablenken.«
»Das hoffe ich. Und du, John?«
Ich nahm die Beretta ab und auch das Kreuz. Erst dann gab ich eine Antwort. »Ich verstecke mich bei dir im Haus. Damit es echter aussieht, habe ich Kreuz und Beretta abgelegt.«
Bill nickte. »Wir haben unter der Kellertreppe ein Verlies. Damit müßtest du dich zufrieden geben.«
Ich war einverstanden, und der Reporter führte mich hin. Er schloß eine kleine Holztür auf. Ich leuchtete mit der Bleistiftlampe in das Versteck.
Es war wirklich winzig, aber es reichte aus. Ansprüche konnte ich nicht stellen.
Wir reichten uns noch einmal die Hände.
Bill meinte: »Und die Sache ist vergessen?«
»Ja. Bill. Wir reden nicht mehr darüber.«
Der Reporter wußte, daß ich mein Wort noch nie gebrochen hatte.
***
Johnny Conolly hockte noch immer auf der runden Platte. Er hatte mehrere Male versucht, von diesem dämonischen Altar herunterzusteigen, es war ihm nie gelungen. Immer wieder war er von der unsichtbaren Barriere aufgehalten worden.
Die Luft um ihn herum blieb nicht ruhig. Sie wallte auf und nieder, dabei wurde sie zu einem zähflüssigen Nebel, aus dem sich langsam Gestalten schälten.
Schreckliche Geschöpfe, die an Grausamkeit und Abnormität nicht zu überbieten waren.
Johnny sah schlangenköpfige Monstren, schleimige Ghouls, Vampire mit mehreren Köpfen, Werwölfe, Skelette, Gerippe und riesige Würmer, die Menschenarme hatten. Er sah sie, und er bemerkte, wie sie nach ihm griffen, doch auch für sie gab es die unsichtbare Wand. Jeder Angriff prallte ab.
Johnny Conolly schien auf einer Insel inmitten des Dämonenreiches zu sitzen.
Da die Monster in ihrer geballten Kraft und Masse auftraten, verloren sie allmählich den Schrecken. Johnny nahm sie zwar wahr, aber er blickte hindurch. Seine Gedanken drehten sich um etwas völlig anderes. Er dachte an seine Eltern, an das Spielzeug, das schöne Haus, und er flüchtete in seine Träume. Manchmal sprach er auch die Namen seiner Eltern aus, dann rief er nach dem Vater und der Mutter, doch eine Antwort erhielt er nicht. Und das stimmte ihn so traurig.
Er hockte auf der runden Platte, wartete und hoffte darauf, daß bald sein Daddy oder seine Mummy erschien, um ihn zurückzuholen.
Doch die waren weit weg. Viel zu weit…
***
Für uns alle begann nun das große Warten. Während Sheila in der Küche ein erstes Frühstück vorbereitete und dabei mit dem Maskenbildner über die Vorzüge des Essens sprach, wobei sie von ihren eigentlichen Sorgen abgelenkt wurde, hockte ihr Mann Bill in dem großen Wohnraum und wartete auf Destero. Draußen wurde es langsam hell. Fast schüchtern kroch das erste Grau im Osten über den Horizont und vertrieb die langen Schatten der Nacht. Bill hatte sich einen starken Mokka kochen lassen, die Tasse neben sich auf den Tisch gestellt und blickte aus dem Fenster in den Garten, wo es heller wurde. Die Bäume und Sträucher waren mit einer dicken Eiskruste überzogen. Sie sahen aus, als hätte man sie mit einer Schicht aus Puderzucker bestäubt.
Bill fühlte trotz des Kaffees die Müdigkeit, und dann konnte er die Augen nicht mehr aufhalten. Der Reporter schlief ein.
Er schreckte auf, als Sheila ihn anstieß und ihm das Frühstück brachte. Eier, Kaffee, Orangensaft, Schinken, Butter und Toast. »Ich habe keinen Hunger«, sagte Bill.
»Du mußt etwas essen.«
»Wo ist der
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