0154 - Desteros Rache
hofften, daß es tagsüber tauen würde. Suko kickte die schwere Harley vom Ständer und startete. Das satte Dröhnen des Motors rollte durch die unterirdische Garage, eine dicke Wolke drang aus dem Auspuff. Shao nahm auf dem Rücksitz Platz, während Suko die schwere Maschine aus der Parktasche lenkte. Sie fuhren hinter einem kleinen Golf her, der vor ihnen die Auffahrt ansteuerte. Eisige Kälte schlug ihnen schon bald gegen die Gesichter.
Es war zwar nicht mehr viel Haut zu sehen, aber auf den schmalen Stellen spürten sie doch die eisige Temperatur. Die Straßen glänzten nicht mehr so glatt. Dafür waren sie feucht, denn das Streusalz hatte einen großen Teil des Eises tauen lassen. Zwischen dem Eis schillerten zahlreiche Pfützen. Suko fuhr vorsichtig. Immer wieder mußte sie mit Glatteisfallen rechnen. Sie gerieten leider in den Berufsverkehr. Die kalten Motoren produzierten gesundheitsgefährdende Abgasfahnen, die wie lange Schleier in der Luft hingen.
Suko suchte seinen Weg zwischen den Wagen und hoffte, so schneller voranzukommen.
Er konnte nicht nur schnell fahren, sondern auch sicher. Shao hatte sich an ihm festgeklammert, und als sie zwanzig Minuten später die Chelsea Bridge überquerten, mußte Suko daran denken, daß sie vor kurzem noch in dieser Gegend Chiimal, das Monster aus Atlantis, getötet hatten. Die Conollys wohnten noch weiter südlich.
Dort wurde bestimmt nicht so früh gestreut, und Suko sollte recht behalten. Oft genug lag noch eine dünne Eisschicht auf der Straße.
Der Chinese benötigte seine volle Konzentration, um die schwere Maschine sicher lenken zu können. Als er schließlich dort einbog, wo die Conollys wohnten, schwitzte er trotz der Kälte unter seiner Lederkleidung. Aber sie hatten es geschafft.
Die Straße lag völlig ruhig vor ihnen. Nichts rührte sich, nichts wies darauf hin, daß hier etwas Schlimmes passiert war, das man mit dämonischen Aktivitäten in einen unmittelbaren Zusammenhang bringen konnte.
Suko fuhr auf den schmalen Gehsteig und stellte die Harley neben der Grundstücksmauer ab.
Beide entledigten sich ihrer Helme. Shao stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick über die Mauer werfen zu können. Suko ging bis zum Tor vor. Er konnte durch die Stangen schauen, auf denen ebenfalls eine Eisschicht glitzerte. Nichts zu sehen.
Still und ruhig lag der Garten vor ihnen. Die Bäume und Sträucher waren mit einer dicken Reifschicht bedeckt, so daß der große Garten ein nahezu malerisches Bild bot.
»Alles normal«, murmelte Shao. »Sollen wir schellen?« Das war die Frage, die der Chinese so rasch nicht beantworten konnte.
Vielleicht waren sie wirklich nicht willkommen. Unter Umständen spielte sich jedoch hinter den Mauern des Bungalows ein Drama ab, bei dem sie helfen mußten. Suko hatte sich mit seinen Waffen eingedeckt. Unter anderem mit dem Stab.
Er war ein Erbe des großen Buddha, und durch ihn war es ihm möglich, für fünf Sekunden die Zeit anzuhalten, wenn man ein bestimmtes Wort rief.
Es ging um Destero, das wußte Suko. Und er wußte auch, wie gefährlich dieser Dämonenhenker war. Suko setzte sich über alle Bedenken hinweg und wollte klingeln. Sein Zeigefinger lag noch nicht auf dem in der Mauer eingelassenen Knopf, als es geschah.
Plötzlich war der gesamte Bungalow in eine rötlich schimmernde Wolke gehüllt, und im nächsten Augenblick löste er sich vor den Augen der beiden Menschen auf…
***
Shao und Suko waren sprachlos. Beide starrten dorthin, wo der Bungalow gestanden hatte. Jetzt befand sich dort nichts mehr, nur eine freie Fläche.
Das Haus hatte sich von einer Sekunde auf die andere aufgelöst.
Unwahrscheinlich – ein magisches Phänomen. »Das war Desteros Werk«, flüsterte der Chinese. »Er hat das Haus durch Schwarze Magie in eine andere Dimension oder in eine andere Zeit versetzt. Unheimlich…« Shao sagte gar nichts. Sie nickte nur.
Suko wischte sich über die Stirn. Dann hob er die Schultern. Es war eine hilflose Geste, die das ausdrückte, was er im Augenblick empfand. Er wußte wirklich nicht weiter. Niemand – außer ihnen – schien etwas bemerkt zu haben. Jedenfalls gab es keine Reaktionen auf dieses magische Phänomen. Einerseits verständlich, denn die nächsten Nachbarn lagen einfach zu weit entfernt.
Wer hier sein Haus baute, besaß noch ein großes Grundstück.
Fast alle Besitzer hatten es eingezäunt.
»Was sollen wir tun?« fragte Shao. »Wir können doch hier nicht stehenbleiben.«
Suko war
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