0155 - Gefangen im Horror-Haus
gehen darauf zu.«
»Die Festung von Melia habe ich auch so erobert!« knurrte Gor. »Es bleibt uns keine Wahl. Wir können uns nicht wie Diebe ins Haus schleichen und darauf hoffen, nicht bemerkt zu werden. Schreiten wir durch das Tor!«
Ehe es Zamorra verhindern konnte, trat Gor vor und ergriff die Gitterstäbe mit seinen mächtigen Fäusten. Er rüttelte kräftig daran. Die Stäbe bogen sich beängstigend. Das Tor hielt seinen Kräften stand.
»Wir müssen dem Gegner zeigen, zu was wir in der Lage sind«, verteidigte sich Gor. »Er soll gar nicht auf die Idee kommen, Schwächlinge zum Feind zu haben.«
Zamorra war zwar anderer Meinung, aber er ließ Gor gewähren.
Er schaute die Straße hinunter. Alles menschenleer. Die Gegend wirkte unheimlich. Das dürftige Licht der Straßenlaternen konnte wenig dagegen tun.
Gor packte die Wut. Er verdoppelte seine Anstrengungen. Es knirschte im Rahmen. Gor warf sich dagegen. Das Tor gab nach. Gor fetzte es aus der Verankerung. Dreck rieselte herab. Mit einem lauten Knall brach eines der Scharniere. Der Mörtel, in das es eingebettet war, hatte sich als stabiler erwiesen als das Metall.
Gor gab dem Tor einen Stoß. Scheppernd fiel es auf den unkrautüberwucherten Weg.
Zamorra konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
»Wo rauhe Kräfte sinnlos walten…«
Gor klopfte den Staub aus den Kleidern und erwiderte nichts.
Zamorra trat neben ihn.
»Die Höhle des Löwen!« sagte er.
»Ich packe ihn an der Mähne und breche ihm das Genick!« versicherte Gor.
»So?«
»Es wäre nicht das erste Mal!«
Professor Zamorra glaubte es dem Hünen aufs Wort. Er hatte in Zartas Gor als Kämpfer erlebt. Szenen, die er wohl nie mehr vergessen würde. Ein Segen für den, der Gor nicht zum Gegner hatte.
Trotzdem: Zamorra blieb skeptisch, was den Löwen betraf, dessen Höhle sie vor sich hatten.
Gor machte einen Schritt in das Innere des Geländes. Ja, es war nur ein einziger Schritt. Die Wirkung hingegen war furchtbar.
Gor zuckte zusammen, wie vom Blitz getroffen. Funken knisterten über seinen Körper. Seine Muskeln verkrampften sich, traten in dicken Strängen hervor, sprengten die Jacke.
Und Gor brüllte!
Sein Brüllen wurde auf eigenartige Weise gedämpft. Zamorra, der sich außerhalb der Zone befand, hörte es wie durch Watte.
Der Meister des Übersinnlichen beherrschte sich. Er durfte nicht unüberlegt handeln und versuchen, Gor zurückzuzerren. Fieberhaft überlegte er.
Gor wehrte sich gegen einen unsichtbaren Gegner, der ihn zu Boden zwingen wollte. Es sah so aus, als würde der Riese unterliegen. Da war Magie am Werk, tödliche Magie. Der Gegner spielte die Macht der Hölle gegen Gor aus.
Und da gelang es dem Helden von Zartas, die Arme zu heben. Er breitete sie aus wie zu einer Predigt, legte den Kopf in den Nacken.
Zamorra hörte den Ruf: »Melia, Hexe! Dein ist das Böse und mein sei deine Kraft!« Es folgte eine Lautfolge, die Zamorra an das erinnerte, was Gor in der Höhle der Magie von sich gegeben hatte.
Die Funken sprühten. Gor schien mitten in einem Hochspannungsfeld zu stehen. Jeder Mensch wäre längst zu einem Häufchen Asche verbrannt. Gor schaffte es, seine Beschwörungen fortzuführen.
Die Beschwörungen fruchteten nicht. Der Kampf eskalierte.
Zamorra war nuf Zaungast. Eine Rolle, die ihm mißfiel. Er beobachtete, analysierte. Alle Macht konzentrierte sich auf Gor, der sich nur noch mühsam aufrecht hielt, stoßweise kamen die Worte aus seiner Kehle. Seine Haut begann zu glühen. Feuer schien sein Inneres zu verzehren.
Der eigentliche Kampf wurde auf einer Ebene ausgefochten, die Zamorra verborgen blieb. Er sah nur die Auswirkungen im Diesseits.
Er dachte an Zartas, an die Verbindung, die es zwischen Gor und der Dimension gab, zu der Zartas gehörte. Wenn Gor unterlag, würden die vernichtenden Energien in jene Dimension übergreifen. Der Zwei-Fronten-Krieg, den Gor angesprochen hatte. Zartas würde untergehen und damit ein wichtiges Bollwerk des Guten, der Freiheit und des Friedens.
Jetzt wußte Zamorra, was zu tun war. Vor seinem geistigen Auge entstand das Bild der Höhle der Magie. Er hatte sich jedes Detail eingeprägt und gewann den Eindruck, direkt am Eingang zur Höhle zu stehen. Er sah den Schmuckberg und ging ohne Zögern darauf zu.
Wehe dem Ungerechten, der es wagt, die Höhle zu betreten und seine Hand nach dem Heiligen Schwert auszustrecken! Dieser Spruch beherrschte ihn.
Er erreichte die Kiste. Die Wände begannen zu pulsieren.
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