0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln
die armen Teufel von Portos die Leute aufzuhetzen! Als ob da nicht schon genug Ärger wäre!«
Mr. Ilighs Wagen vor uns bog scharf zur Seite, und genau im richtigen Moment erkannte auch ich die flache Verkehrsinsel, die unvermutet und unbeleuchtet mitten auf dem Fahrdamm aufgetaucht war. Phil schlug mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe, als ich den Jaguar fast auf die Seitenräder stellte, um noch vorbeizukommen, aber dann hatte ich es geschafft und den Wagen wieder in der Gewalt.
»Damit kannst du dich in jedem Zirkus engagieren lassen«, sagte Phil grämlich.
»Danke«, preßte ich zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor, »dies ist mir Zirkus genug.«
Wir erreichten unser Ziel, und hier sah es genauso aus -vie in den vorhergehenden Fällen. Wir konnten nichts tun, als auf die Wasserwerfer zu warten. Aber diesmal hatten wir uns getäuscht, und Mr. Highs Pläne erfüllten sich auf andere Weise. Hinter uns war fast lautlos ein großer Polizeiwagen erschienen, der ziemlich dicht an die Menge heranfuhr. Auf dem Dach war fine Lautsprecherkombination montiert, und Mr. High nickte uns zu, als er in den Wagen stieg. Bald brummte es leise über unseren Köpfen, und dann legte eine Stimme los, die ohne Mühe den Lärm der Menschenmenge in den engen Straßen übertönte und sich in ein paar Sekunden Respekt verschaffte:
»Bürger von New York«, dröhnte Mr. Highs Stimme hundertfach verstärkt aus den Trichtern, brach sich an den Häuserwänden und kam als leises Echo von irgendeinem hohen Gebäude in der Nachbarschaft wieder, »hier spricht der Chef des FBI New York. Im Schutz Ihrer Versammlung sind Gangster am Werk. Sie morden, plündern und rauben Geschäfte aus. Wir können den Opfern nicht helfen, solange Sie alle die Straße versperren. Gehen Sie bitte auseinander…«
Irgendwo klangen höhnische Rufe auf und ich glaubte in einiger Entfernung einen Chor von mehreren Stimmen brüllen zu hören.
»Ich wiederhole«, rief Mr. High im Wagen mit dem Mikrophon vor dem Mund, »lösen Sie die Versammlung auf! Gehen Sie nach Hause und machen Sie die Straßen frei! Andernfalls schreitet die Polizei ein.«
Auf seine Worte war es eine Weile still. Vor uns begann sich die Menschenmenge schon aufzulösen. Aber da klangen wieder die Rufe auf. Immer mehr Stimmen fielen ein, und bald erkannten wir, unerreichbar für uns, mitten in der Menge den Kern des Widerstandes. Ein Schrei hob sich über die vielen Köpfe, gellte und brach dann plötzlich ab.
Mr. High war aus dem Wagen gestiegen und strich sich über das Haar. Dann hatte er seinen Entschluß gefaßt. Er gab ein Zeichen, und aus einem Einsatzwagen der Stadtpolizei lösten sich mehrere Gestalten in Schutzanzügen.
»Tränengas«, sagte Phil.
Ein Polizist' reichte uns Gasmasken. Wir nahmen sie, zogen sie aber nicht über. Der Wind stand günstig für uns und würde die Gaswolken von uns fort treiben.
Wir sahen die grauen Wolken aufsteigen, und bald wälzte sich der Dunst im hellen Schein der Straßenlampen und Lichtreklamen wie ein künstlicher Nebel.
Zu beiden Seiten hasteten verstörte Menschen an uns vorbei; sie hielten Taschentücher vor die Augen gepreßt, wischten sich durch die Gesichter und taumelten blindlings über die Straße.
Langsam gingen wir die Straße hinunter, den Gaswolken nach, die immer weitergetrieben und dann aufgelöst wurden.
Die Straße bot das gleiche Bild wie die anderen Straßen, in denen eine Zusammenrottung stattgefunden hatte. Hier hatten allerdings die meisten Geschäftsleute ihre Läden beizeiten verschlossen und die Fenster verrammelt. Trotzdem spähten wir aufmerksam umher.
Neben mir schleppte sich ein Mann über die Straße, dem eine breite Schramme über die Stirn lief. Er fluchte fortwährend auf Spanisch und stieß wilde Drohungen aus. Ich gab dem Polizeibeamten hinter uns einen Wink, und er nahm sich des Mannes an, um ihn sicherzustellen. Mr. High nickte mir kaum merklich zu, während seine Blicke immer noch umhergingen. Plötzlich verhielt er den Schritt und rieb sich die Augen. Ich dachte zuerst, es sei ihm etwas von dem Tränengas in die Schleimhäute geraten und schnüffelte prüfend in der Luft. Aber dann blieb auch mein Blick an dem Laternenpfahl hängen, der uns zunächst am Bordstein stand.
Über den oberen Querstab war ein Strick gezogen. Mit dem einen Ende war er lose um den Mast geknotet. Am anderen Ende hing daran ein Mensch, schattenhaft dunkel vor dem gleißenden Licht.
***
Ich weiß nicht, wie sie ihn dann
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