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0160 - Zuletzt wimmern sie alle

0160 - Zuletzt wimmern sie alle

Titel: 0160 - Zuletzt wimmern sie alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zuletzt wimmern sie alle (1 of 2)
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ausübt. Das wäre vielleicht etwas für seine Eltern, aber - ich kenne das Verhältnis bei ihm zu Hause nicht. Es wäre möglich, daß wir das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollen, wenn seine Eltern am Bett säßen. Er muß seine seelische Krisis überwinden, er muß neuen Mut und neuen Willen zum Leben erhalten. Ich glaube, das können Sie besser vermitteln als jeder andere. Würden Sie das tun können?«
    Das Mädchen brauchte nichts zu sagen. Seine Augen, groß und strahlend, gaben eine deutliche Antwort.
    Mit einer Geste, die fast wie eine Entschuldigung aussah, wandte sich der Arzt an uns: »Sie verstehen, man muß alles versuchen… Und gegen eine seelische Krise kann man leider nichts verschreiben, was sich in einer Apotheke kaufen ließe. Aber doch, ich könnte mir denken, daß das richtig so ist…«
    Er verfiel wieder in seine Gedanken. Ich ließ mir von dem Mädchen Straße und Hausnummer von Bens Eltern sagen. Dann gingen wir leise.
    Als ich mich draußen an der letzten Flurtür noch einmal umdrehte, sah ich, daß das Mädchen jetzt allein im Flur stand. Genau hinter ihm mußte sich eine Lampe befinden, denn seine Gestalt war von einem hellen Dunstkreis umgeben, der es wie ein Glorienschein umspielte. Wie die mittelalterlichen Bilder von Heiligen.
    ***
    Wir fuhren zu Bens Eltern und erzählten ihnen das Drama, das sich an diesem Abend abgespielt hatte. Die Schockwirkung, vor allem auf die Mutter, war sehr groß. Der Vater beherrschte sich sehr und dachte sofort an gewisse praktische Dinge. Er wollte seinen Wagen aus der Garage holen, sagte er. Er würde sofort zum Krankenhaus fahren.
    Ich bereitete ihn darauf vor, daß er ein Mädchen am Krankenbett seines Sohnes finden würde.
    Über sein ernstes Gesicht glitt ein wohlwollendes Lächeln.
    »Ach ja, die kleine Christine«, sagte er. »So, so, die war also schon im Hospital! Sieh mal einer an…«
    Er lächelte.
    »Der Arzt wird mit den Eltern des Mädchens sprechen. Er verspricht sich eine gute seelische Wirkung, wenn Ihr Sohn zu Bewußtsein kommt und das Mädchen an seinem Bett findet.«
    »Auf jeden Fall«, nickte der Vater. »So etwas schmeichelt der männlichen Eitelkeit immer. Fragen Sie meine Frau: Ich habe nie Lust, krank zu bleiben, wenn sie mich nicht ausreichen bemuttert.«
    Er gab sich offenbar Mühe, die besorgte Mutter aufzuheitern, und er tat es nicht ungeschickt. Wir verabschiedeten uns und wünschten noch einmal eine schnelle Gesundung für den Jungen. Vater und Mutter brachten uns zur Tür.
    Als wir schon die Treppen hinuntergingen, rief mich der Vater noch einmal an: »Eh -, Mister Cotton!«
    Ich drehte mich um.
    »Mein Junge war wegen dieser ganzen Geschichte bei Ihnen?«
    Ich nickte.
    Er runzelte die Stirn, dachte einen Augenblick nach und fragte dann: »Was verdient denn eigentlich so ein G-man?«
    Ich grinste.
    »Darüber unterhalten wir uns, wenn Ben wieder auf den Beinen steht.«
    »Okay, aber vergessen Sie nicht, uns dann zu besuchen!«
    Ich nickte, winkte ihm noch einmal zu und stieg zu Phil in den Jaguar.
    »Es tut verdammt gut«, sagte mein Freund, »nach einem Ollegan auch einen Warren zu kennen.«
    ***
    Es mochte gegen elf Uhr gewesen sein, als wir das Distriktgebäude wieder betraten. Der Kollege vom Auskunftschalter rief uns zu: »Die Besprechung der Mordsache findet im kleinen Sitzungssaal statt! Ihr sollt hinkommen, hat der Chef gesagt!«
    »Okay«, rief ich zurück, während wir zum Lift gingen.
    »Sieht nach einer langen Nacht aus«, meinte Phil unterwegs.
    »Du wirst wahrscheinlich recht behalten, mein Alter«, erwiderte ich. »Geh du schon in den kleinen Sitzungssaal. Ich erledige vorher die Herausgabe von Ollegans Bildern an die Zeitungen.«
    »Okay, Jerry!«
    In der entsprechenden Etage trennten wir uns. Phil marschierte zum kleinen Sitzungssaal, während ich ein Stück weiter den Flur entlangging zu unserer Pressestelle.
    Bill, der Chef der Presseabteilung, ein ergrauter G-man mit einer Figur wie ein Stier und einer Mähne wie ein Löwe, sah von seinem Stapel Zeitungen auf, als ich eintrat. In der Hand hielt er eine lange Papierschere, mit der er einzelne Artikel aus den Blättern herausschnitt.
    »Hallo, Bill!« sagte ich und ließ mich in einen Drehstuhl fallen.
    »Hallo, Jerry! Na, wo brennt es wieder? Muß ich sämtliche Reporter sämtlicher Zeitungen in zehn Minuten zu einer Pressekonferenz hier im Haus haben - oder genügt es, wenn sie erst in zwölf Minuten da sind?«
    Ich lachte: »Keine Angst. Mein

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