0163 - Um das Leben meines Freundes
ihrer Art vielleicht auch prächtige Burschen sein. Aber ich würde um keinen Preis der Welt einen anderen Boß haben wollen als Mister High.
***
Well, wir fuhren zweigleisig. Während ein Heer von G-men die Ärzte interviewte, um die Namen aller Patienten zu erfahren, die viel Bromisol verschrieben bekamen, wollten die übrigen sechs Kollegen mit mir weiter den alten Fällen nachspüren, die Phil allein bearbeitet hatte.
Natürlich blieben unsere Dienststellen besetzt, aber man hatte jeden Mann in die Ärztesache eingespannt, den man nur entbehren konnte. Ünd der Wahrheit halber muß ich auch bemerken, daß sich die Kollegen dazu drängten. Sogar zwei, die im Adirondack-Waldgebiet Urlaub machten, kamen zurück, nachdem sie von Kollegen privat von Phils Verschwinden verständigt worden waren.
Um punkt sieben hatte ich die angekündigten sechs Mann in meinem Office. Es waren Jimmy Rockaday, Norman Fears, Stewart McKennan, Howard Pracy, Bob Verword und Reece Bryton. Wir begrüßten uns kurz. Einer fragte, was überhaupt los wäre. Sie wußten noch nichts von Phils Verschwinden, denn sie gehörten zu dem Drittel der New Yorker FBI-Beamten, das an diesem Wochenende eigentlich dienstfrei gehabt hätte.
Ich erzählte ihnen, seit wann Phil vermißt wurde.
»Wahrscheinlich ein Racheakt«, sagte Reece Bryton sofort. »Daß man ausgerechnet einen G-man kidnappt, um seine Angehörigen finanziell zu erpressen, halte ich für absolut unwahrscheinlich.«
Ich nickte.
»Das ist auch die Meinung von Mister High und mir. Deshalb haben wir eine Liste angefertigt, auf der alle Fälle notiert sind, die Phil innerhalb des letzten halben Jahres allein bearbeitete.«
»Warum nur die, die er allein bearbeitete?«
»Sonst hatte er doch immer mit mir zusammengearbeitet«, sagte ich. »Wenn die Kidnapper aus einem unserer gemeinsamen Fälle stammten, hätten sie doch auch auf mich einen Anschlag verübt.«
»Ja, wahrscheinlich«, sagte McKennan. »Das ist einleuchtend. Na gut. Fangen wir der Reihe nach an. An erster Stelle steht hier ›Opiumsache Leaning‹.« Ich unterbrach:
»In dieser Sache braucht nichts mehr unternommen zu werden. Die habe ich schon bearbeitet. Leaning sitzt in unserem Zellentrakt. Er weiß nichts von Phils Verschwinden, und ich glaube, daß er in diesem Punkte die Wahrheit sagte. Wir müssen unser Augenmerk auf die anderen Fälle richten.«
»Nummer zwei ist Steve Crewitt. Der Mann, der sich einbildete, er könne in Chicago Al Capones Zeiten wieder aufleben lassen. Er floh nach New York, als ihm dort der Boden zu heiß wurde. Was tat Phil in dieser Sache?«
»Ganz einfach«, erklärte ich. »Er setzte ein paar V-Leute an und wartete. Tatsächlich bekam einer von ihnen heraus, wo sich Crewitt verborgen hielt. Phil fuhr hin und brachte ihn zum Distriktsgebäude.«
»Allein?«
»Ja.«
»Das wäre doch vielleicht etwas!« murmelte Pracy. »Ein Mann wie Crewitt ist nie ganz allein. Irgendwo hat er immer Freunde und Vertraute sitzen. Vielleicht hat man sogar vor, dem FBI ein Tauschgeschäft vorzuschlagen: Gebt uns Crewitt wieder, und ihr bekommt euren G-man zurück.«
Ich sah Pracy verdattert an. Bisher hatte ich noch nicht die Zeit gehabt, die einzelnen Fälle auch nur durchzudenken, die Phil allein bearbeitet hatte. Aber Pracys Vermutung schien mir viel für sich zu haben. Große Gangsterbosse scheuen vor einem großen Wagnis nur zurück, solange sie nicht unter Druck sitzen. Crewitt war verhaftet, und es gab keine Macht der Erde, die ihn vor dem Tode retten konnte, denn er selber hatte in Chicago zwei Polizisten niedergeschossen, die ihn verhaften wollten. Es gab genug Augenzeugen, so daß an seiner Verurteilung nicht zu zweifeln war. Sollte er tatsächlich aus dem Gefängnis heraus einen solchen Plan ausgeheckt und von Vertrauensleuten ausführen lassen haben? Crewitt wäre es ohne weiteres zuzutrauen.
»Okay«, sagte ich. »Da wir die Spur bei Crewitt, also bei einem einzelnen Mann aufnehmen müssen, werde ich diese Sache allein übernehmen. Weiter auf der Liste!«
Vor zwei Monaten hatte Phil eine Sache erledigt, die zunächst wie eine harmlose Routinegeschichte ausgesehen hatte. Später zeigte sich, daß ein Kokain-Ring hinter der ganzen Sache stand, und der Fall wurde heiß. Ich übergab Rockaday und Fears diese Angelegenheit. Sie zogen ab, um sich zunächst einmal die Akten aus dem Archiv zu holen.
So ging es weiter. Die beiden nächsten Fälle bekamen McKennan/Pracy und Verword/Bryton. Als
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