0167 - Ich stand im anderen Lager
weiter!«
Ich sagte: »Ted, ich weiß, dass du ein Boxer von Format werden möchtest. Du müsstest dann aber wissen, dass es nichts Abscheulicheres für einen Mann gibt, der diesen harten Job für den Ring erlernt, als seine Fäuste auf der Straße zu benutzen. Es ist schäbig, wenn ein Boxer einen Mann auf der Straße zusammenschlägt. Das ist eine Arbeit, die jeder schwächliche Ganove mit einem Knüppel oder einem Eisenrohr in der Hand genauso gut ausführen kann.«
Sonn nagte an seiner Unterlippe. Dann drehte er mir den Kopf zu. »Ich… Ich wollte nicht… Es tut mir leid, dass ich mich dafür hergegeben habe.«
Ich verbarg meine Überraschung über das plötzliche Geständnis.
»Wer hat dich dafür angeheuert?«, fragte ich sachlich.
»Hel Voor! Er sagte, er wolle einem Burschen einen Denkzettel erteilen, der ihm sein Mädchen ausgespannt hat.«
»Wer war noch dabei?«
»Ein Mann noch, aber ich kenne ihn nicht. Ich habe ihn vorher nie gesehen.«
»Erzähle die Einzelheiten!«
Er berichtete stockend. Voor und er hatten sich mit dem dritten Mann getroffen. Sie hatten in der Delancey Street eine dunkle Stelle gesucht. Der dritte Mann hatte sich auf die andere Seite gestellt. Sie hatten etwa eine Stunde gewartet. Dann war der Mann herübergekommen.
»Der nächste Passant ist es!«, hatte er gezischt. Zwei Minuten später war Sonn über mich hergefallen.
Ted Sonn lieferte uns eine Beschreibung dieses dritten Burschen, der der Anstifter des ganzen Unternehmens war, aber viel taugte die Beschreibung nicht. Sonn war kein sehr aufmerksamer Beobachter. Die Dunkelheit kam hinzu, und schließlich schien der Mann keine besonderen Merkmale besessen zu haben.
»Ted, wusste Walt Welton oder irgendjemand anderes aus der Box-Schule von dem Überfall in der Delancey Street?«
»Nein«, sagte er. Er sagte es viel zu hastig, und es klang nicht überzeugend.
Bevor ich mich bemühen konnte, ihm auch in diesem Punkt die Wahrheit zu entlocken, wurde mir über das Telefon die Ankunft des Anwaltes MacLey gemeldet.
Ich ließ ihn heraufkommen. Er war einer von jenen Anwälten, denen das Recht nicht so wichtig ist, wie die Dollars, die man mit seiner Verbiegung verdienen kann. Er schoss sofort einen Haufen Beschuldigungen gegen uns ab.
»Sparen Sie sich den Atem«, stoppte ich ihn. »Sonn hat längst gestanden.«
»Was?«, bellte MacLey den jungen Boxer an. »Von jetzt ab werden Sie nur antworten, wenn ich es Ihnen gestatte.« Dann sah er uns kriegerisch an: »Wenn Sie weitere Fragen haben, so legen Sie los!«
»Keine Fragen mehr«, antwortete ich lächelnd. »Nur noch eine Gegenüberstellung.«
Ich holte Harry Carrigan. Ihm stand, bildlich gesprochen, vor Wut über das lange Warten, der Schaum vor dem Mund.
»Sehen Sie sich den Mann an, Sonn«, forderte ich den Boxer auf.
Der Junge hob den Kopf und sah Carrigan ausdruckslos an.
»Kennen Sie ihn?«
Sonn schüttelte den Kopf.
»Entschuldigen Sie, Harry«, wandte ich mich an Carrigan. »Sie können jetzt gehen. Schönen Gruß an Dorothy!«
Er öffnete den Mund, wahrscheinlich, um mir ein paar Unfreundlichkeiten zu sagen, verzichtete dann aber darauf, drehte sich kurz auf dem Absatz um und ging. Die Tür knallte hinter ihm ins Schloss.
»Ich verlange die Freilassung meines Mandanten!«, trompetete Anwalt MacLey.
»Raus!«, knurrte ich. »Darüber können wir frühestens morgen Abend reden. Und auch nur dann, wenn der Richter meinen Haftbefehl nicht unterzeichnet.« Ich ließ Teddy Sonn in eine Zelle bringen. Der Anwalt verlangte sofort eine Sprecherlaubnis. Ich sagte ihm, er könne morgen früh ab neun Uhr so viel mit Sonn reden, wie er wolle. Jetzt solle er uns endlich in Ruhe lassen.
Auf diese Weise schaffte ich es, ihn loszuwerden. Phil und ich blieben allein im Büro zurück.
»Was hast du dir von Carrigans Auftritt versprochen?«, erkundigte sich Phil.
»Es war nur eine Idee! Ich dachte an ihn, weil du ihn mit mir verwechselt hast, und weil wir glaubten, irgendwer müsse die Voor-Gruppe informiert haben.«
»Hat Sonn die Wahrheit gesagt?«
»Ja, ich glaube, dass er nicht gelogen hat. Dennoch bin ich sicher, dass Welton und vielleicht noch ein paar Leute aus der Box-Schule von dem Unternehmen gewusst haben.«
»Was machen wir mit dem Jungen?«
»Ich weiß es noch nicht. Morgen früh werden wir versuchen, herauszubekommen, ob er an dem Mord an Voor beteiligt war. Ich halte es für unwahrscheinlich. Teddy Sonn ist nicht der Typ, den man für einen Mord
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