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017 - Blick in die Vergangenheit

017 - Blick in die Vergangenheit

Titel: 017 - Blick in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Gebetsgottesdiensten verirren, die eine Bibel nicht von einer Koranausgabe oder einem Märchenbuch unterscheiden konnten.
    Aber nach Weihnachten…Jagger war sicher: Dann würde sich ganz Europa in einen Hexenkessel verwandeln. Zu hartnäckig hielten sich die Gerüchte von unterirdischen Bunkern, die nur sorgfältig ausgewählten Männern und Frauen Zuflucht bieten sollten. Zu hartnäckig die immer gleich lautenden Dementis der europäischen Regierungen.
    »Morgen ist Heiligabend«, sagte John hinter Jagger auf der Rückbank. »Ich glaub, ich war noch nie so traurig einen Tag vor Heiligabend.«
    »Du hast doch schon neun mal Weihnachten erlebt«, verkündete Percy neben ihm. »Da kannst doch ruhig mal weniger lustig sein.«
    Jagger Hände verkrampften sich um das Lenkrad. Das Wasser strömte ihm aus den Augen. Er konnte nichts dagegen tun.
    Sirenen heulten von fern. Die Clerkenwell Road ging in die Old Street unter. Zwischen Postamt und Undergroundstation Old Street stand eine Straßensperre aus schweren Kampfpanzern. Irgendwo hinter ihnen leuchtete der Nachthimmel rötlich. Ein Brand. Soldaten mit automatischen Gewehren im Anschlag liefen aufgeregt zwischen den Panzern herum. Einige standen mitten auf der Straße und fuchtelten mit ihren Waffen herum. Sie leiteten den Verkehr in die City Road um.
    Also fuhr Jagger nach Süden Richtung Themse. Alle Abbiegungen nach Osten waren gesperrt. Spitalfield lag im Osten. An der Bank von England sah er Dutzende von Panzern und unzählige Soldaten. Jagger erkannte Maschinengewehrnester hinter Sandsäcken. Aber ohne Schwierigkeiten passierten sie den Kontrollpunkt. Dann ging es endlich über die Cornhill Street in den Bishopsgate hinein und hoch nach Spitalfield.
    An der Liverpool Street Station brannten Lagerfeuer auf dem Bürgersteig. Männer und Frauen in dicken Mänteln standen um die Flammen. Einige spielten auf Gitarren oder Akkordeons, viele hielten Flaschen oder Bier- dosen in den Händen.
    In der Artillery Row war es ruhig. Jagger fand einen Parkplatz direkt vor dem Haus. Als sie eintraten, hörte er fremde Stimmen. »Es ist der Herr!«, rief ein rollender Bass. »Er kommt wieder, wie er es verheißen hat!« Die Männer- stimme predigte so laut, als müsste sie sich ohne Mikrofon dem Auditorium eines Vorlesungssaales verständlich machen, Jagger lief ins Wohnzimmer. Seine Jungens folgten ihm ängstlich. »Ich komme wie ein Dieb in der Nacht - seid wachsam! Hat er das nicht gesagt…?« Ein hagerer Mann in dunklem Anzug und mit gepflegtem Graubart hockte in Jaggers Fernsehsessel. Auf seinen Schenkeln lag die aufgeschlagene Bibel. Ein siebenarmiger Kerzenleuchter brannte auf dem niedrigen Gla- stisch vor der Couch. Drei Frauen saßen dort. Jagger kannte sie nicht. Rechts und links des Predigers zwei Männer, ebenfalls Fremde. In einem Sessel Ruth - zusammengesunken und das Gesicht in beide Hände gestützt. Fassungslos blieb Jagger im Türrahmen stehen.
    »Der Herr kommt, Brüder und Schwestern«, grollte der Bärtige. »Lasst uns ihm entgegengehen! Lass uns…« Endlich bemerkte er Jagger und die beiden Buben. »Guten Abend, Dr. Jagger.« Ruth fuhr erschrocken herum. Der Prediger stand auf, entblößte ein Reihe großer gelblicher Zähne, ohne wirklich zu lächeln, und streckte Jagger die Rechte hin. »Mein Name ist Reverend Hugh Miller. Ich bin hier, um Ihrem Haus eine wirklich gute Botschaft zu überbringen, Dr. Jagger - der Teufel will uns weismachen, dass ein Komet auf die Erde zurast. So aber spricht der Herr: Wahrlich! Ich komme eingehüllt in einem Kleid aus Feuer und Glut! Wahrlich, nur die Auserwählten werden mich....'«
    »Verschwinden Sie!«, schnauzte Jagger ihn an. Dem Reverend fiel die Kinnlade herunter.
    Hilflos blickte er zu Ruth.
    Die stand auf und hob flehend die Hände.
    »Bitte, Richie…«
    »Verlassen Sie sofort mein Haus! Alle!«, brüllte Jagger.
    ***
    Südost-England, September 2516
    Der Schuss hallte aus dem knorrigen Gewölbe der Baumkronen wider. Matts Hirn registrierte das Geschrei, den kalten Blick des blonden Bogenschützen, die blitzschnellen Bewegungen der Lords. Einige flohen schreiend in den Wald, andere griffen ihn an. Ihm blieb kaum eine Chance, angemessen zu reagieren: Biglord Milla warf die Arme hoch, schrie auf und stürzte rücklings in die Büsche, die gefesselte Frau ließ sich gegen Littlord Juudschs Beine fallen, dessen Pfeil sirrte an Matt vorbei ins Unterholz, und gleichzeitig warfen sich der verletzte Bäika und ein

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