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017 - Blick in die Vergangenheit

017 - Blick in die Vergangenheit

Titel: 017 - Blick in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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blickten sich nach ihrem Biglord um.
    Der nickte. Gier funkelte in seinen was- serblauen Augen. »Heamit, heamit…« Die Speerträger senkten die Speere. Der Linke griff nach dem Feldstecher. Matt ließ den Riemen los und zog gleichzeitig die Beretta aus der Tasche. Bäika hielt seinen Arm fest und griff nach der Waffe. Matt legte den Sicherungshebel um und drückte fast gleichzeitig ab. Simplord Bäika fuhr mit einem Steckschuss im Bein zurück.
    Die Männer schrien auf vor Schreck. Der Biglord stand wie festgewachsen, statt Feixen Verblüffung in seinem struppigen Gesicht. Littlord Juudschs Pfeil zielte plötzlich auf Matt. Blitzschnell riss der die Waffe hoch. Im Fallen feuerte er auf Milla…
    ***
    London, 23. Dezember 2011
    »Morgen ist Heiligabend. Es spricht viel dafür, dass wir es zum letzten Mal feiern…« Jagger sprach leise. Er flüsterte beinahe. »Die meisten Menschen hier in London glauben das. Und nicht nur in London…«
    Er hatte sich in den kaum sieben Qua- dratmeter großen Raum zurückgezogen, den er notdürftig durch Regale und Stellwände von dem großen Gewölbekeller abgetrennt hatte. Mehr als Improvisation kam nicht in Frage - Zeit war kostbar in diesen Tagen. Unter einem fadenscheinigen Vorwand hatte er der Museumsleitung das Kellergewölbe unter dem Kuppelbau der British Library abgeschwatzt.
    Durch die nur teilweise mit Büchern, Zeitschriftenstapeln und DVD-Cases vollgestellten Regale hindurch konnte er seine Söhne beobachten. Percy holte Konservendosen aus einem Umzugskarton und reichte sie seinem großen Bruder an. John räumte die Dosen in Regalfächer entlang der Gewölbewand ein. Leise Musik drang aus den schwarzen Boxen, die Jagger im Zentrum des Gewölbes aufgestellt hatte.
    »Heute war es bemerkenswert ruhig in London. Kaum Straßenkämpfe, nur wenige Plünderungen - die Armee scheint die Stadt einigermaßen zu kontrollieren. Oder es ist die Ruhe vor dem Sturm…« Jagger hing in seinem bequemen Ledersessel vor der Tischplatte, auf der er seine Gerätschaften aufgebaut hatte. Das Mikro hatte er sich an den Kragenaufschlag seines Mantels geklemmt. Drahtlos übertrug es das Diktat in das Empfangsmodul des Multiplex-Medienplayers.
    Der MMP stand in der Mitte der großen Kunststoff-Tischplatte. Das Gerät war etwa vier Finger hoch, nicht breiter als ein durchschnittliches Buch und auch nicht viel länger. Von stumpfem Anthrazit, mit abgerundeten Kanten und leicht konvexer Oberfläche wirkte er mehr wie ein überdimensionaler Wecker denn wie ein Hochleistungs-Datenspeicher. Fast zwei Monatsgehälter hatte Jagger dafür investiert. Mehr als achttausend Euro.
    »Meine persönliche Situation ist nicht leichter oder schwerer als die zahlloser anderer Menschen auf diesem todgeweihten Planeten. Angst vor dem Sterben, Angst um die Familie, schlaflose Nächte, Anfälle von Entsetzen oder Apathie - und die mehr oder weniger erfolg- reichen Versuche, all das zu betäuben. Im Klartext: Arbeit, Drogen, Alkohol. Orgien feiere ich im Unterschied zu andern Leuten nicht.« Er lächelte. »Ich habe keine Zeit dafür…«
    Aus der schmalen Rückfront des MMPs und aus seiner linken Seite führten etliche Kabel, die den Medienplayer mit anderen Geräten verbanden. Mit dem Empfangsmodul für das Mikro zum Beispiel, mit dem DVD-Player, mit dem Scanner, dem Pocket Reader, dem Computer und so weiter. Den externen MicroDisc-Player nicht zu vergessen. Selbstverständlich wollte Jagger den Nachgeborenen auch ein paar Musikdokumente hinterlassen.
    »…Sorgen macht mir meine Frau. Sie ist schwer depressiv. Der Psychiater hat ihr ein starkes Antidepressivum verordnet. Ich kann nicht kontrollieren, ob sie es einnimmt. Bin kaum zuhause. Sie klammert sich an die Kleine und verschlingt die Bibel geradezu. Ruth hat sich zum christlichen Glauben bekehrt. Zu einer nach meinem Geschmack extremen Form des christlichen Glaubens. Aber auch so etwas ist wohl normal in diesen extremen Zeiten…«
    Neben dem Scanner stapelten sich .zwei Jahrgänge von Nature und drei Jahrgänge von Science. Und die Tageszeitungen der zurückliegenden zwei Wochen. Jede Seite wollte Jagger in den MMP einscannen. Zeit für eine sorgfältige Selektion blieb nicht.
    Der Pocket Reader überspielte gerade Texte, die eher zufällig Jaggers Weg gekreuzt hatten: Briefe, Flugblätter, Tagebuchpassagen, Matheaufgaben aus dem Schulheft seines Ältesten, zufällige Lesefrüchte aus Magazinen und Fachbüchern, Gedichte von Kalenderblättern oder kluge

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