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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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durch seine Unterhaltung festzuhalten, »und spreche beide Sprachen ziemlich gut. Verstehen Sie Arabisch?«
    Seine Frage klang ernst, aber seine Augen lachten.
    »Nicht sehr gut«, antwortete sie ebenso ernst.
    »Bleiben Sie lange an der Riviera?« Es war eine sehr alltägliche Frage, aber die Antwort, die sie erhielt, hatte sie nicht erwartet.
    »Ich reise noch heute Nacht ab, obgleich das nur wenige Menschen wissen. Sie sind im Besitze eines Staatsgeheimnisses«, fügte er mit freundlichem Spott hinzu.
    Und dann begann er ihr von Marokko und von sich selbst zu erzählen und gab ihr mit außergewöhnlichem Gleichmut eine kurze Beschreibung der Familien, die diesen unruhigen Staat beherrscht hatten. Nur beiläufig erwähnte er seinen eigenen Anteil an dem Aufruhr, der beinahe einen europäischen Krieg nach sich gezogen hätte.
    »Mein Onkel bemächtigte sich der Herrschaft, müssen Sie wissen.« Er nahm eine Handvoll Sand auf und warf ihn in die Luft. »Er besiegte meinen Vater und tötete ihn, und dann nahmen wir seine beiden Söhne gefangen.«
    »Und was geschah mit denen?« fragte Jean neugierig.
    »Mit denen? Wir töteten sie«, sagte er leichthin. »Ich ließ sie vor meinem Zelt aufhängen. Sie sind natürlich entsetzt?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Glauben Sie daran, daß man seine Feinde töten soll?«
    Sie nickte. »Warum nicht? Das ist doch das einfachste Gebot der Logik.« »Mein Bruder ist zu dem gegenwärtigen Sultan übergelaufen. Sollte ich ihn jemals fassen, werde ich ihn auch aufhängen lassen.«
    »Und wenn er Sie fängt?« fragte sie.
    »Dann - dann hängt er mich auf«, lächelte er. »Das ist die Spielregel.«
    »Wie merkwürdig!« sagte sie halblaut.
    »Sie halten es für merkwürdig? Natürlich, vom europäischen Standpunkt aus ...«
    »Nein, nein«, unterbrach sie ihn. »Daran habe ich gar nicht gedacht. Sie sind logisch und handeln logisch. Genauso würde ich meine Feinde aufhängen.«
    »Wenn Sie welche hätten!«
    Sie nickte.
    »Wenn ich welche hätte«, wiederholte sie mit einem harten Lächeln. »Wollen Sie mir bitte noch das eine sagen - wie soll ich Sie anreden: Mr. Muley oder Lord Muley?«
    »Sie können mich ›Wesir‹ nennen, wenn Sie unbedingt einen Titel haben müssen«, antwortete er. Und der eigenartige Name klang merkwürdig in seinem Munde.
    »Gut, Wesir, wollen Sie mir das eine beantworten: Gesetzt den Fall, jemand hätte etwas, was Sie sehr haben möchten, und gäbe es ihnen nicht, und Sie hätten die Macht, den Betreffenden zu vernichten, was würden Sie tun?«
    »Ihn selbstverständlich vernichten«, entgegnete Muley Hafiz. »Da gibt es doch gar keine Frage.«
    Ihre Augen lagen auf seinem Gesicht, und sie runzelte die Stirn, obwohl ihr dies nicht zum Bewußtsein kam.
    »Ich freue mich sehr, Sie heute Nachmittag getroffen zu haben«, sagte sie. »Es muß ein wundervolles Leben sein in einer solchen Atmosphäre, wo Männer und Frauen nicht durch die lächerlichen Gesetze der westlichen Zivilisation beherrscht werden.«
    Er lachte.
    »Dann haben Sie also genug von Ihrer westlichen Zivilisation.« Er stand auf und half ihr auf die Füße - seine Hände waren schmal und fein, und ihre Berührung ließ sie schneller atmen. »Sie müssen einmal meine kleine Stadt in den Hügeln besuchen, wo das Schwert Muley Hafiz' das oberste Gesetz ist.«
    »Ich wünschte beinahe, ich könnte es«, entgegnete sie und streckte ihre Hand aus.
    Er beugte sich über sie in europäischer Manier. Das junge Mädchen an seiner Seite war ein so kleines, zartes Ding, ihr Kopf reichte nicht einmal an seine Schulter.
    »Auf Wiedersehen«, stieß sie hastig hervor und ging schnell den Weg zurück, den sie gekommen war.
    Muley Hafiz stand regungslos und sah ihr nach, bis sie seinen Blicken entschwand.

Kapitel 32
    »Jean!«
    Sie blickte sich um und begegnete dem vorwurfsvollen Blick Marcus Stepneys.
    »Das übersteigt wirklich alles«, rief er heftig. »Daß Sie eine ganze Menge Dinge fertigbekommen, kann ich mir ja denken, aber sich am hellen Tag hierherzustellen und mit einem Neger zu schwatzen -«
    »Wenn ich mich am hellen Tage hierherstelle, um mich mit einem Falschspieler zu unterhalten, mein lieber Marcus, glaube ich tief genug gesunken zu sein.«
    »Ein verdammter maurischer Neger«, stieß er hervor. Jeans Augen schauten ihn kalt an.
    »Begleiten Sie mich ein Stück und versuchen Sie, wenn es möglich ist, in einem Ton mit mir zu sprechen, wie Herren ihn Damen gegenüber anzuschlagen

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