0172 - Ghouls in der U-Bahn
durch den Tunnel rennen und dumm gucken.«
Dean Merrick grinste schmal. »Sollen wir ‘ne andere Strecke nehmen?«
»Welche?«
»Die Kneipenstraße.«
Da lachte Wilson. »Das wäre klasse. Ich kenne hier in der Nähe einen irren Schuppen, du. Da ist eine Musik, kann ich dir sagen. Wenn du die hörst, zieht es dir nicht nur die Socken aus, es reißt dir auch die Zehennägel vom Fuß. Die spielen einen astreinen…«
»Komm weiter.« drängte Merrick. »Mann, kein Verständnis für die Kunst.«
Merrick drehte sich um. »Für Kunst ja, aber nicht für solche.«
»Du bist eben schon ein halber Greis.«
Der 41jährige Dean Merrick gab eine trockene Antwort. »Wer nicht alt werden will, der muß sich jung aufhängen, mein Junge. Soll ich dir einen Strick besorgen?«
»Nein, ich werf mich lieber unter ein fliegendes Flugzeug.«
»Feige auch noch.«
Die beiden Männer sahen zu, daß sie eine Nische erreichten, denn aus der Gegenrichtung donnerte ein Zug heran. Wie ein hell-dunkel gesprenkelter Schatten sauste er vorbei.
»Der Betrieb flaut langsam ab«, meinte Merrick und verließ die Nische.
Er hatte einen etwas größeren Schritt gemacht, schaute auf die Schienen und sah etwas Weißes, Helles zwischen den Gleisen liegen.
Zuerst dachte er an Papier. Als er mit der Lampe leuchtete, mußte er seine Meinung revidieren.
Das war kein Papier, das waren Knochen!
Merrick wurde bleich. »Sieh dir das an«, sagte er zu seinem Kollegen Wilson, der neben ihm stand.
Tom machte den Hals lang. Zuerst war er auch erschreckt, dann meinte er grinsend: »Sind sicher die Überreste von unserem lieben Kollegen Hatfield.«
»Die Witze kannst du dir sparen!« fuhr ihn Merrick an.
»Himmel, bist du empfindlich.«
Merrick hatte bereits sein Sprechgerät aus der Tasche geholt und eine Verbindung mit der Zentrale hergestellt. Die Stimme des Einsatzleiters drang aus den Lautsprecherrillen.
»Sir«, sagte Merrick und mußte zweimal schlucken, bevor er weitersprechen konnte. »Wir… wir haben hier eine Entdeckung gemacht«
»Und?«
»Es ist komisch, Sir, ich«
»Reden Sie, Mann, und lassen Sie sich nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.«
»Da liegen Knochen auf den Gleisen.«
Jetzt war sogar Dustin Ambrose sprachlos. Merrick hörte, wie er nach Luft schnappte. »Was haben Sie da gesagt?«
»Da liegen Knochen.«
»Um Himmels willen, welche Knochen?«
»Weiß ich auch nicht, Sir«, erwiderte Merrick und schielte zu den Gebeinen hin. »Was soll ich machen?«
»Können Sie die mitbringen?«
Jetzt schluckte Merrick. »Sir, ich…«
»Stellen Sie sich nicht so an wie ein Mädchen. Menschenknochen werden das schon nicht sein.«
»Natürlich nicht, Sir.«
»Und schon eine Spur von Hatfield?«
»Leider nicht, Sir.«
»Suchen Sie weiter, und bringen Sie die Knochen hinterher mit. Es ist schon eine Schweinerei, was die Leute alles auf die Schienen werfen. Die sollen ihre Tierkadaver nächstens begraben.« Dustin Ambrose unterbrach die Verbindung.
Merrick hatte mitgehört. »Also gehen wir weiter«, sagte er und schaute auf seine Uhr. »Moment noch, gleich kommt ein Zug. Danach haben wir eine Viertelstunde Ruhe.«
Sie stellten sich in eine Nische und warteten auf die Wagen. Merrick schwitzte. Ein paar Yards weiter befand sich die niedrige Eisentür, wo es zur Kanalisation ging. Dort wollte Merrick auch noch nachschauen.
Wilson zündete sich eine Zigarette an. Er qualmte sie in der hohlen Hand.
Der Zug rauschte an. Zwei kleine Lichter wurden rasend schnell größer und schienen zu explodieren, als sie an den beiden Männern vorbeijagten.
Es wurde wieder still. Nur noch ein letztes Nachzittern war zu spüren.
»Gehen wir!« Merrick verließ als erster die Nische. Drei Schritte kam er weit, als es passierte.
Mit der Lampe hatte er die Schienen angeleuchtet, deshalb sah er nicht, was vor ihm geschah.
Dort hockten die beiden uralten Ghouls. Sie hatten sich dicht auf den Boden und eng gegen die Wand gepreßt. Ihre Sucht war unbeschreiblich, aber sie hatten gewartet, bis die beiden Opfer in ihrer Nähe waren.
Dann griffen sie zu.
Zuerst spürte es Dean Merrick. Ein schleimiges Etwas legte sich um seine Wade. Er zuckte zurück, traf dabei auf Widerstand und verlor das Gleichgewicht. Zudem konnte er sich auf dem schmalen Grat nicht mehr halten, mit dem rechten freien Fuß rutschte er noch über die Kante und fiel auf die Gleise.
Ein Schrei drang über seine Lippen, als er mit dem Rücken gegen die Gleiskante krachte, und im
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