0172 - Ghouls in der U-Bahn
Schrei zitterte durch das U-Bahn-Gewölbe. Der Ghoul sank zurück, riß beide Arme hoch, und Suko sah die tiefen, streifenartigen Wunden, welche die Riemen hinterlassen hatten.
Das Untier kam nicht mehr hoch. Es schaffte überhaupt nichts mehr, denn es sackte zusammen. Die Wunden wurden noch tiefer, als würden unsichtbare Messer sie einschneiden. Die Haut krallte sich regelrecht zusammen, aber keine Flüssigkeit sickerte hervor. Diese Bestien waren gewissermaßen ausgetrocknet, denn ihre normalen Artgenossen konnte man als schleimige Monstren bezeichnen.
Ich war nicht so glücklich gewesen wie Suko. Denn durch mein falsches Aufspringen hatte der Ghoul Zeit gehabt, sich auf mich einzustellen. Er griff aber nicht an, sondern zog sich zurück.
Als ich hochkam, zog ich schon die Beretta.
Und da hörte ich das Donnern und Sukos Schrei, der mich von den Schienen scheuchen wollte.
Für eine Sekunde wurde ich zur Salzsäule.
Weiter vorn näherten sich zwei helle Augen.
Ein Zug kam.
Sollte ich den Ghoul packen oder mich um den Mann kümmern? Ich brauchte nicht zu überlegen, der Mann war wichtiger, während der Ghoul sich auf den Schienen weiterbewegte.
Ich wußte nicht, ob der Beamte tot war, ich sah nur das Blut an seinem Kopf und die von den Zähnen des Ghouls zerrissene Kleidung. Er war ziemlich schwer. Ich schaffte es erst beim zweitenmal, ihn hoch zu hieven.
Suko half mir dabei.
Der Zug kam näher.
Obwohl er uns noch nicht erreicht hatte, war der Tunnel von einem gewaltigen Dröhnen und Brausen erfüllt. Dazwischen vernahm ich das Pfeifen der Luft, als sie an beiden Seiten zusammengepreßt wurde.
Ungeheuer groß ragte das stählerne gewaltige Ungeheuer vor mir auf. Es würde mich zerquetschen wie der Fuß eines Riesen die Fliege.
Der Ghoul rannte darauf zu. »Komm hoch!« Sukos Schrei gellte es in mehreren Ohren.
Was mit dem Ghoul geschah, bekam ich nicht mehr mit. Sukos helfende Hände brachten mich auf den schmalen Seitenweg, wo wir uns beide flach hinlegten und Suko sich auf mich preßte.
Es war die Hölle.
Wir spürten, wie die zusammengepreßte Luft an unseren Körpern zerrte, die Kleidung flatterte, um uns herum war ein gewaltiges Dröhnen, Brausen und Stampfen. Schemenhaft sah ich die Lichter in ihrem rasenden Wechselspiel von hell und dunkel. Ich preßte die Zähne zusammen, versuchte mich am Boden festzukrallen, dann war alles vorbei.
Ein letztes hohles Pfeifen. Ende. Tief atmete ich ein und stand auf.
Auch Suko erhob sich. Beide waren wir sicherlich blaß im Gesicht, und der Chinese meinte: »Das war im letzten Augenblick.«
Ich nickte.
Wo steckte der Ghoul?
Von ihm sah ich nichts mehr. Er war bestimmt von dem stählernen Ungetüm zerfetzt worden. Als ich mit der Lampe die Schienen ableuchtete, entdeckte ich die Reste von ihm. Das Monster war buchstäblich zerrissen worden. Von dem zweiten, das Suko erledigt hatte, war überhaupt nichts mehr übriggeblieben.
Zwei Ghouls hatten wir geschafft. Doch wie viele liefen noch herum?
Daran wagte ich gar nicht zu denken. Bevor wir uns auf die weitere Suche machten, kümmerten wir uns um die beiden Bahnbeamten. Der Mann, den ich von den Schienen geholt hatte, war tot. Der Ghoul hatte ihn umgebracht. Ich kniete neben ihm, und mein Gesicht wurde plötzlich aus Stein. Eisschauer rannen über meinen Rücken, im Magen lag ein dicker Klumpen.
Ich würde sie kriegen, das schwor ich mir.
Mein Freund hatte sich um den zweiten Mann gekümmert. Suko kniete neben ihm. Während er ihm leicht gegen die Wange tätschelte, drehte er den Kopf.
»Er ist nur bewußtlos, John.«
»Sein Kollege lebt nicht mehr.«
Auch Suko zuckte zusammen, als ich ihm dies mitteilte. Dann fiel mir etwas auf. Aus der Tasche des Toten war zur Hälfte etwas herausgerutscht. Ein dunkelgraues Gerät, das ich als Walkie-talkie identifizierte.
Ich kannte mich mit den Dingern aus und schaltete das Sprechgerät ein.
Augenblicklich meldete sich die Stimme eines offenbar nervösen Mannes. »Es wurde auch Zeit, daß sich mal einer von euch meldet. Lange genug haben wir gewartet. Wer spricht da überhaupt? Merrick oder Wilson?«
»Weder noch«, erwiderte ich. »Oberinspektor Sinclair.«
»Was?« Der Mann schnappte regelrecht nach Luft.
»Darf ich fragen, wer Sie sind?« erkundigte ich mich.
»Dustin Ambrose, der Einsatzleiter.«
»Dann kommen Sie bitte mit einigen Ihrer Leute her. Einer der Beamten ist tot.«
Schweigen. Nach vielleicht fünf Sekunden eine veränderte Stimme. Sehr
Weitere Kostenlose Bücher