0175 - Die Kugeln tanzen Rock'n Roll
geschimpft haben, und solche Sachen vertragen prominente Gangster nun einmal nicht.
Als ich ins Office kam, war Phil auch wieder da.
»Ein tüchtiges Mädchen, diese Jessy«, lächelte er. »Außerdem scheinst du Chancen zu haben. Ich würde mich jedenfalls an sie halten.«
»Die Absicht habe ich auch, aber was hat die Lona Neues gewusst?«
»Sie spielt ihre Rolle ausgezeichnet und hat ihre Gewissensbisse schon fast vergessen. Sie hat sämtliche Morgenblätter gekauft und amüsiert sich königlich über die Kritiken. Die Zeitungen schreiben fast übereinstimmend, sie habe ihre Sache als Janet in ›Sweet Seventeen‹ recht gut gemacht. Wenn sie sich weiter bemühe, so könne sie im Laufe der Zeit vielleicht Sylvia Lona 34 ersetzen, aber da müsse sie noch stark an sich arbeiten.«
»Wenn die Burschen wüssten, wie sie sich da blamiert haben«, meinte ich. »Sie würden Gift und Galle spucken.«
»Dasselbe sagte Sylvia auch. Übrigens habe ich sie doch zum Essen eingeladen. Es war wirklich nett.«
»Da hast du es jedenfalls besser gehabt als ich. Ich bin hungrig wie ein Wolf.«
»Auch ich könnte eigentlich noch etwas vertragen«, erwiderte Phil. »Das Essen im Hotel war zwar recht gut, aber herzlich knapp. Die scheinen auf die schlanke Linie ihrer Gäste zu achten.«
Er ging also mit und verdrückte zwei Hammelkoteletts. Gerade waren wir fertig, als Quinn vom »Herald« hereinkam und sich unaufgefordert zu uns setzte.
»Ihr lasst es euch schmecken, und währenddessen wird die Stadt von Gangstern terrorisiert«, sagte er todernst.
»Reden Sie keinen Unsinn, Quinn«, entgegnete ich böse, »wenn es keine Gangster gäbe, hätten eure Revolverblätter keinen Stoff mehr.«
»Na, hören Sie! In drei Tagen mehr als ein halbes Dutzend Leichen, zwei große Raubüberfälle, ein entsprungener Schwerverbrecher - und keine Verhaftung. Die Berichte der Stadtpolizei sind magerer denn je. Es fehlt sogar der berühmte Satz: Mit einer Verhaftung ist zu rechnen. Von euch kann man überhaupt nichts erfahren. Mein Herausgeber droht bereits mit einem Skandalartikel.«
»Wer wird den schreiben?«, fragte Phil.
»Wer sonst als ich! Ich werde kein gutes Haar an euch lassen«, brüstete er sich.
»Dann wagen Sie ja nicht, mir noch einmal unter die Augen zu kommen. Sie wären nicht der erste Zeitungsfritze, dem ich eine Ohrfeige verabreiche«, schimpfte Phil.
»Das ist Nötigung und Erpressung.«
»Verschwinde!«, riet ich ihm. »Wir haben keine Zeit mehr.«
»Wann kann ich einmal wieder nachfragen?« Jetzt war er plötzlich wieder friedlich.
»Überhaupt nicht«, knurrte ich.
»Komm, Phil.«
***
Der Nachmittag verlief ohne jedes Ereignis. Nur die Bundesbank meldete, dass sie einen der bei der Central Bank gestohlenen Scheine bekommen hätte. Aber dieser war innerhalb der letzten zwei Tage durch so viele Hände gegangen, dass er nicht bis zu seiner Quelle zurückverfolgt werden konnte. Aus demselben Grund war auch eine Untersuchung auf Fingerabdrücke zwecklos.
Das war nur ein Beweis dafür, dass die Räuber unglaublich leichtsinnig waren. Sie mussten sich ja denken, dass gebündelte Scheine mit fortlaufenden Nummern registriert waren. Diese Handlungsweise passte absolut nicht zu dem, was uns von Trag bekannt war. Ich ordnete jedenfalls an, dass alle anderen nochmals zu größter Aufmerksamkeit ermahnt würden.
Um sechs Uhr machten Phil und ich, dass wir nach Hause kamen. Die letzte Nacht steckte uns noch in den Knochen, wir wollten endlich ausschlafen.
Um acht Uhr lag ich bereits im Bett. Das Telefon auf meinem Nachttisch weckte mich wieder. Es war halb neun, ich hatte also kaum geschlafen.
»Hallo, Cotton!« Es war das Office. »Ein Gespräch für Sie persönlich.« Und dann hörte ich eine Stimme, die ich nur zu gut kannte.
»Sylvia Lona spricht. Mister Cotton, Jane ist nicht gekommen. Ich weiß nicht, warum.«
»Und deshalb holen Sie mich jetzt aus dem Schlaf. Bin ich etwa der Hüter Ihrer Garderobiere?«
»Nein, aber ich habe Angst, dass ihr etwas zugestoßen ist.« Ihre Stimme klang so merkwürdig, dass ich aufhorchte.
»Haben Sie ihr irgendeinen Auftrag gegeben oder eine Dummheit gemacht?«
»Nein. Nein. Wirklich nicht. Sie war noch heute Morgen bei mir.«
»Sie war bei Ihnen. Wozu denn?«
»Sie wollte mich besuchen. Ich -ich…«
»Vielleicht ist sie krank geworden«, versuchte ich sie zu beruhigen.
»Ich kann mir das gar nicht denken. Ich habe sie angerufen und keine Antwort bekommen.«
»Na schön,
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