0175 - Die Kugeln tanzen Rock'n Roll
wir sprechen noch darüber.«
»Können Sie mich nach der Vorstellung abholen? Ich habe Angst. Ich glaube, das ich beobachtet werde.«
»Zum Teufel, ja. Wann ist die Vorstellung denn zu Ende?«
»Um elf Uhr dreißig. Kommen Sie einfach in meine Garderobe.«
Da kam ich also wieder um den ausgiebigen Schlaf, auf den ich mich so gefreut hatte. Aber die Stimme der Frau hatte so geklungen, als ob sie etwas zurückhalte, und ich wollte ja nicht, dass sie zum Schluss doch noch ermordet würde.
Immerhin konnte ich noch gut zwei Stunden schlafen. Ich rief den Fernsprechauftragsdienst an und bat darum, um halb elf geweckt zu werden. Aber es kam anders.
Rrrrrrr....
Lass klingeln, dachte ich und kniff die Augen zu, aber das Telefon gab keine Ruhe. Wieder war es eine Frau, die mich störte.
In diesem Augenblick verwünschte ich alle weiblichen Wesen unter dem Himmel.
»Hier ist Jessy. Sind Sie das, Mister Cotton? Ich habe mir Ihre Nummer geben lasen. Wollen Sie Trag heute Abend hochnehmen?«
»Fragen Sie nicht so dumm. Natürlich will ich.«
»Sie scheinen ja heute Abend besonders liebenswürdig zu sein«, kicherte sie. »Gehen Sie in die Mexiko Taverne in der Jonas Street. Wissen Sie, wo das ist?«
»Natürlich, in Greewich-Village.«
»Der Besitzer heißt Alfonso Perreira und ist sein besonderer Freund«, erzählte sie. »Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass er heute Abend dort sein wird. Gehen Sie einfach im Lokal durch die erste Tür links. Sie kommen in einen kurzen Gang, der zu Perreiras Privaträumen führt. Wenn Fred dort ist, und ich glaube das bestimmt, so hockt er mit dem Mexikaner zusammen.«
»Sind auch die Leute seiner Gang dort?«
»Keinesfalls. Er spielt dort den vornehmen Mann und kann dabei keine zweifelhaften Gestalten brauchen, aber trotzdem würde ich mir eine Pistole einstecken.«
»Danke für den guten Rat.«
»Lassen Sie sich bald einmal wieder bei mir sehen«, gurrte sie.
»Sobald ich kann. Verlassen Sie sich darauf.«
»Dann wünsche ich Ihnen viel Glück.«
Ich legte auf, und jetzt erst dachte ich daran, dass ich Sylvia versprochen hatte, zu ihr zu kommen. Ich klingelte also Phil aus dem Bett.
»Du musst mich heute Abend vertreten«, sagte ich.
»Bei wem? Etwa bei Sylvia?«
»Das könnte dir so passen, aber bei der bin ich bereits eingeladen.«
Dann erzählte ich ihm den Inhalt des Gesprächs mit Jessy »Umgekehrt wäre es mir lieber gewesen«, knurrte er. »Du pickst dir immer die Rosinen aus dem Kuchen.«
»Erstens ist Sylvia keine Rosine, und zweitens beschwerst du dich ja immer darüber, dass du zu kurz kommst, wenn es wirklich was zu tun gibt. Allerdings würde ich dir raten, ein paar von den Kollegen mitzunehmen.«
»Lächerlich. Mit dem Burschen werde ich allein fertig, wenn er überhaupt da ist.«
Wir wünschten uns gegenseitig alles Gute und verabredeten, uns im Laufe der Nacht nochmals miteinander in Verbindung zu setzen.
Mit einem Seufzer knipste ich jetzt glücklich zum dritten Mal die Nachttischlampe aus und war im Nu eingeschlafen. Kurz nach halb elf sagte mir eine melodische Stimme, es sei Zeit zum Aufstehen. Ich sprang unter die Dusche und fuhr in die Kleider.
Zehn Minuten vor halb zwölf war ich am Broadway-Theater, und fünf Minuten später hatte ich es mir in Sylvia Lonas Garderobe bequem gemacht. Zu meiner Freude sah ich eine noch fast volle Cognacflasche und bediente mich. Endlich hörte ich das dumpfe Brausen des Beifalls und die Schritte der anderen Darsteller, die in ihre Garderoben eilten. Sylvia kam zuletzt. Sie war etwas außer Atem und ließ sich schwer in den Sessel vor ihrem Toilettentisch fallen.
»Cognac?«, fragte ich.
»Ja, bitte.«
Sie schluckte ihn, als ob es Wasser wäre.
»Ich gehe nach draußen, bis Sie fertig sind«, sagte ich.
»Bleiben Sie ruhig. Ich beeile mich absichtlich nicht damit. So vermeide ich, dass die anderen mich sehen. Aus diesem Grund komme ich auch immer sehr spät. Nur die Schminke will ich mir aus dem Gesicht wischen.« Sie griff nach der Fettdose und einem Lappen.
Als sie fertig war, sah sie so alt aus, wie sie wirklich war.
»Jetzt erzählen Sie einmal, was Sie auf dem Herzen haben«, forderte ich sie auf.
»Jane ist ohne jede Erklärung oder Entschuldigung weggeblieben. Sie ist auch nicht zu Hause.«
»Was weiter?«, forschte ich. »Wenn Sie schon wollen, dass ich Ihnen helfe, so müssen Sie mir auch die volle Wahrheit sagen.«
Sie druckste herum und dann kam das, was ich befürchtet hatte.
»Jane
Weitere Kostenlose Bücher