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0176 - Der Pestvogel

0176 - Der Pestvogel

Titel: 0176 - Der Pestvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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einen Pesttoten aus dem Jenseits zurückholen.
    Der Totenvogel krächzte laut. Menschen sahen ihn und erschraken.
    Die Herrschaft des Grauens war angebrochen.
    ***
    Der Katakombenführer hieß Walter Riehs. Seit er wußte, was in seinem »Reich« lief, war er völlig aus dem Häuschen. Ich konnte das verstehen. Auch mir war ziemlich mulmig zumute.
    Pesttote unterwegs in Wien!
    Wir hatten gesehen, wozu sie in der Lage waren. Wen sie anfaßten, der starb an dieser furchtbaren Seuche. Aber er siechte nicht langsam dahin, sondern es ging sehr schnell mit ihm zu Ende.
    Dahinter steckte die verdammte schwarze Magie, die alles Schlechte und Böse verstärkte.
    Riehs blickte mich beunruhigt an. »Was ist jetzt zu tun, Herr Sinclair?«
    Ich wies auf die aufgebrochene Mauer. »Sorgen Sie dafür, daß das Loch so bald wie möglich wieder geschlossen wird.«
    »Befürchten Sie, es könnten weitere Pesttote aus dieser Grabkammer steigen?«
    »Ja.«
    »Aber dann werden sie die Mauer selbst wenn das Loch geschlossen wurde wieder aufbrechen.«
    »Nicht, wenn man die Wand von oben bis unten mit Weihwasser besprengt. Dann kommt hier kein Untoter mehr durch.«
    »Mein Gott, das ist alles so schrecklich. Es ist geradezu unvorstellbar für mich. Wie ist es möglich, daß sich diese Toten wieder erheben?«
    »Mit schwarzer Magie erreicht man so ziemlich alles.«
    »Wer setzt die ein?« fragte Walter Riehs.
    Der Mann, der mich im Hilton anrief und mir riet, gleich wieder abzureisen, dachte ich. Wer das war und wo man ihn finden konnte, entzog sich im Augenblick noch meiner Kenntnis. Ich konnte nur hoffen, dem Verantwortlichen für diesen Horror so bald wie möglich zu begegnen, um ihm das Handwerk legen zu können.
    Er schien sich eine Armee von Untoten aufbauen zu wollen, und ich vermutete, daß auch der Totenvogel zu seinem Gefolge gehörte. Es würde nicht leicht sein, sie alle unschädlich zu machen, aber es mußte mir gelingen, sonst stand es schlecht um diese Stadt.
    In den Katakomben gab es für Vladek Rodensky und mich nichts mehr zu tun. Wir mußten versuchen, die Spur der Wiedergänger zu finden, deshalb verließen wir das unterirdische Labyrinth der Toten.
    Als wir auf den Domplatz gelangten, stand die rothaarige Frau, die ihre Handtasche vergessen hatte, immer noch neben dem Katakombenaufgang. Sie schaute Vladek und mich nervös an.
    »Wer hat dort unten geschossen? Was ist passiert?«
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte der Brillenfabrikant. »Machen Sie sich keine Sorgen.«
    »Meine Handtasche…«
    »Herr Riehs wird sie Ihnen bringen.«
    Wir gingen in Richtung Haupttor des großen Domes. Als wir um die Ecke bogen, hörten wir aufgeregte Rufe. Passanten, die die Fußgängerzone bevölkerten, scharten sich zusammen.
    Alle blickten nach oben. Wir auch.
    Und da sahen wir ihn, den großen unheimlichen Vogel. Er kam vom Graben her, hatte die Pestsäule überflogen und strebte dem Stephansdom zu. Weit waren seine Schwingen ausgespannt. Nun hielt er sie still, segelte auf den Kirchturm zu. Ich hatte so einen Vogel noch nie gesehen.
    »Beängstigend«, sagte Vladek Rodensky neben mir.
    Wie gelähmt standen die Menschen da und schauten dem großen schwarzen Vogel nach. Er sank allmählich tiefer. Sein schwarzes Gefieder glänzte im Licht der Sonne.
    Ein paar Sekunden war er nur noch zu sehen. Eine Bedrohung für die Menschen in dieser Stadt. Ein Mahnmal des Bösen. Ein Abgesandter der Hölle. Er verschwand hinter dem Kirchturm und kam nicht mehr zum Vorschein. Ich nahm an, daß er hinter dem Turm gelandet war.
    Manfred Mock hatte das unheimliche Tier aus einer düsteren Nische aufsteigen gesehen. Dorthin wollte ich mich begeben. Vladek Rodensky begleitete mich. Während die Passanten verdattert umherstanden und aufgeregt durcheinanderredeten, handelten wir.
    Wir rannten am Kircheneingang vorbei, erreichten die Seitenfront des Domes und liefen diese bis zu jener Nische entlang. Ein eigenartiges Prickeln durchlief mich. Würde es uns gelingen, den Totenvogel zu erwischen?
    Da war die Nische.
    Ich langte als erster bei ihr an. Eine Bewegung! Ich griff sofort zu meiner Silberkugel-Beretta, zog sie aus der Schulterhalfter und entsicherte sie. Sollte der Totenvogel die Absicht haben, uns anzugreifen, wollte ich ihm keine Chance lassen.
    Jemand löste sich aus dem Nischenschatten.
    Ein Mann. Groß, breitschultrig, ernst. Als er die Waffe in meiner Hand sah, erschrak er. Sein beunruhigter Blick pendelte zwischen Vladek Rodensky und mir hin

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