0176 - Der Pestvogel
warf Robert hinaus und hörte etliche Wochen nichts mehr von ihm. Dann kamen Ansichtskarten aus Madrid und Paris.
Schließlich ein Brief in der vergangenen Woche, in dem Robert schrieb, daß er ohne Iris nicht leben könne, daß er sie heiraten wolle, daß er seine Einstellung ihren Kindern gegenüber geändert habe. Er kündigte an, sie in den nächsten Tagen anzurufen, und das hatte er heute auch getan.
Sie hatte ihm gesagt, es hätte keinen Zweck, daß sie sich noch einmal trafen, aber er hatte nicht lockergelassen, und nun saß sie im Fond dieses Taxis und war zu ihm unterwegs, um ihm ins Gesicht zu sagen, daß sie nichts mehr von ihm wissen wollte.
Sie war sicher, daß sie nicht umfallen würde, denn nach diesem zweiten Scheitern hatte sie endgültig genug von den Männern.
Jedenfalls für die nächste Zukunft.
Das Taxi hielt an. Iris Jure bezahlte den Fahrpreis und stieg aus.
Sie trug ein weißes, durchscheinendes Sommerkleid, freizügig ausgeschnitten, ohne BH. Ihre Brüste waren fest und wohlgeformt.
Das Taxi fuhr weiter. Iris' Blick war auf die milchigen Glaskugeln gerichtet, die über den Fenstern und dem Eingang der Pizzeria hingen. Sie atmete tief durch und marschierte dann entschlossen los. Es würde nicht leicht werden, aber sie war entschlossen, es durchzustehen.
Robert saß an einem der Tische. Unverschämt braungebrannt, gutaussehend, ein Traummann. Er rauchte und hatte ein Glas Mineralwasser vor sich stehen. Als Iris Jure eintrat, erhob er sich und lächelte verkrampft. Auch er war nervös.
Sie stand vor ihm und blickte ihm in die dunklen Augen. »Guten Tag, Robert.«
»Du siehst bezaubernd aus, Iris.«
Sie setzte sich. Er rückte ihr den Stuhl zurecht und nahm ebenfalls Platz. Weder sie noch er wußte, wie das Gespräch weitergehen sollte. Es freute Iris, feststellen zu können, daß sie sich zu Robert nicht mehr hingezogen fühlte. Sie hatte kein Verlangen mehr nach ihm. Er war nichts mehr weiter als ein guter alter Bekannter.
»Wie geht es dir?« fragte er.
»Gut.«
»Und den Kindern?«
»Auch gut.«
»Ich würde sie gern wiedersehen.«
»Lieber nicht. Was machst du immer?«
»Ich war viel unterwegs. Ich habe versucht, dich zu vergessen, aber ich hab's nicht geschafft. Je länger ich von dir getrennt war, desto mehr habe ich darunter gelitten.« Er beugte sich vor und legte seine Hand auf ihren Arm.
»Laß es uns noch einmal miteinander versuchen, Iris. Ich habe mich geändert. Ich werde mich zusammennehmen. Wir wollen auch nicht mehr bloß zusammenleben, sondern heiraten, wie es sich gehört.«
Ein bedauerndes Lächeln huschte über ihr hübsches Gesicht.
»Zu spät, Robert. Was zwischen uns zerbrochen ist, läßt sich nicht mehr reparieren.«
Seine Brauen zogen sich unmutig zusammen. »Gibt es schon einen anderen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Robert. Es wird nicht so bald wieder einen Mann in meinem Leben geben. Ich brauche jetzt sehr viel Zeit, um mich zu erholen, mich zu sammeln, zu mir selbst zu finden. Es war manchmal sehr schön mit dir. Es gab zwischen uns aber auch viele häßliche Dinge, die ich nicht so bald vergessen werde.«
»Es wird alles anders werden«, bedrängte Robert Meisel sie.
»Wir können miteinander sehr glücklich werden, Iris. Mit ein bißchen guten Willen von beiden Seiten…«
»An meinem guten Willen hat es nie gemangelt.«
»Das weiß ich, und ich hatte genügend Zeit, über meine Fehler nachzudenken. Ich liebe dich, Iris. Ich werde dich immer lieben.«
Er hätte ihr noch so vieles zu sagen gehabt, doch ihre Aussprache endete mit einem fürchterlichen Paukenschlag.
Ein Gast, der neben der Tür saß, stieß plötzlich einen entsetzten Schrei aus, und dann war der Teufel in der Pizzeria los, denn sie wurde von mehreren Pesttoten gestürmt!
***
Kreischen, Panik, Hysterie!
Die Leute sprangen auf. Tische und Stühle fielen um. Gläser mit Getränken zerschellten auf dem Boden. Speisen klatschten dazwischen. Da lag eine Pizza, dort Spaghetti, hier Cannelloni…
Alle Gäste drängten zurück. Auch Robert und Iris schnellten hoch. Ein Mann rempelte Iris zur Seite. Sie glitt auf einer Portion Lasagne aus und fiel. Während des Fallens spreizte sie die Arme ab und riß einen Tisch um, an den sie sich klammerte.
Robert Meisel wich mit den anderen Gästen verstört zurück. Iris Jure lag auf dem Boden. Allein. Niemand wagte ihr beizustehen.
Die Wiedergänger näherten sich ihr.
Iris wollte aufspringen, glitt erneut aus, fiel noch
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