0176 - Der Pestvogel
einmal einen Patienten hier, der behauptete allen Ernstes, die Anschnallpflicht wäre ein Eingriff in seine persönliche Freiheit.«
»Wie geht es Sylvia?« fragte Emo heiser.
Dr. Fochler wandte sich um und ging weiter.
»Doktor, ich habe Sie etwas gefragt!« rief ihm Emo nach.
Schwestern und Assistenzärzte widmeten sich dem nächsten Patienten. Meinrad Fochler tat so, als hörte er Emos Ruf nicht.
»Geht es Sylvia so schlecht?« fragte Felix Emo.
»Sie dürfen sich nicht aufregen, Herr Emo«, sagte eine der Krankenschwestern.
»Ich habe das Recht, zu erfahren, wie es meiner Freundin geht.«
»Dr. Fochler wird sich nach der Visite mit Ihnen darüber unterhalten.«
»Ist sie entstellt? Wurde sie durch den Unfall zum Krüppel? Herrgott noch mal, so sagen Sie mir doch, wie es um Sylvia steht!«
»Später«, erwiderte die Krankenschwester mit einem freundlichen Lächeln. »Später.«
Eine Stunde mußte Felix Emo die quälende Ungewißheit ertragen. Dann kam Meinrad Fochler wieder. Allein. Der Arzt setzte sich zu Emo aufs Bett. Seine Lippen waren zusammengepreßt. Er suchte nach den passenden Worten.
»Sylvia ist schlimmer dran als ich, nicht wahr?« sagte Emo.
Dr. Fochler nickte. »Ja.«
»Aber sie kommt wieder auf die Beine.«
»Nein, Herr Emo…«
Felix Emo gab es einen schmerzhaften Stich. Er riß die Augen erschrocken auf. »Soll das heißen, daß sie sterben wird?«
»Sie… ist bereits tot.«
»Nein.«
»Es tut mir leid, Herr Emo. Anfangs sah es so aus, als würden wir sie durchbringen. Sie hatte eine Schlüsselbeinfraktur, eine mittelschwere Kopfverletzung, und die Wirbelsäule war leicht angeknackst. Trotzdem bestand Hoffnung für sie.«
»Wieso ist sie dann jetzt tot?« fragte Felix Emo verzweifelt.
»Wieso, Doktor? Was hat sie umgebracht? Woran ist sie gestorben? Sagen Sie es mir. Ich muß es wissen. Ich habe den Wagen gelenkt, in dem Sylvia Fast verunglückte.«
Meinrad Fochler blickte auf seine schlanken Hände. »Wir stehen vor einem Rätsel.«
»Welche Verletzung hat Sylvia das Leben gekostet, Doktor?«
»Keine, die vom Unfall herrührte.«
Emo starrte ihn verdattert an. »Soll das heißen, sie hatte noch eine andere Verletzung?«
»Ich glaube, ich sollte Ihnen nicht mehr erzählen«, sagte Dr. Fochler.
»Warum nicht?«
»Sie können es in Ihrem Gesundheitszustand noch nicht verkraften.«
»Nehmen Sie auf mich keine Rücksicht, Doktor. Ich will alles erfahren.«
Der Arzt blickte sich um. Die Patienten in den anderen Betten spitzten die Ohren. Meinrad Fochler erhob sich. Er schob die Hände in die Taschen des weißen Kittels.
»Tut mir leid, Herr Emo. Mehr kann ich Ihnen im Augenblick nicht sagen.«
Er wandte sich um und verließ das Krankenzimmer. Emo schleuderte die Decke zurück. Er stand auf. Sofort drehte sich der Raum um ihn, und sein Körper schmerzte an verschiedenen Stellen, aber er biß die Zähne zusammen und humpelte hinter dem Arzt her. Barfuß trat er auf den Gang.
»Dr. Fochler!«
Der Arzt drehte sich verblüfft um. »Sind Sie von Sinnen, Herr Emo? Sie dürfen noch nicht aufstehen. Zwei, drei Tage Bettruhe sind unbedingt noch nötig. Sie haben eine Gehirnerschütterung erlitten.«
»Pfeif drauf.«
»Seien Sie doch vernünftig…«
»Woran ist Sylvia Fast gestorben, Doktor? Ich gebe Ihnen keine Ruhe, bis Sie es mir gesagt haben. Wenn Sie nicht reden wollen, erfahre ich es von jemand anders.«
Meinrad Fochler senkte den Blick. »Die… Brust Ihrer Freundin war aufgebrochen.«
»Wie kam sie zu dieser Verletzung?«
»Das wissen wir nicht.«
»An dieser Verletzung ist sie mit Sicherheit gestorben?«
»Ja.«
»Aber Sie und Ihre Kollegen haben keine Ahnung, wer sie ihr zugefügt hat.«
»So ist es, Herr Emo.«
»Und Sie finden es nicht der Mühe wert, der Sache auf den Grund zu gehen.«
»Sylvia Fast ist nicht die erste Patientin, die auf diese unerklärliche Weise ihr Leben verloren hat. Uns sind zwei weitere Fälle von anderen Krankenhäusern bekannt.«
»Da treibt ein Wahnsinniger sein Unwesen. Ist Ihnen dieser Gedanke noch nie gekommen? Ein Verrückter geht von Klinik zu Klinik und bringt wehrlose Patienten um! Man muß das der Polizei melden.«
»Das ist bereits geschehen. Mehr können wir nicht tun. Wir sind Ärzte und keine Detektive.«
Emo fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Sylvia das Opfer eines wahnsinnigen Mörders. Wieso hat man es ihm so leicht gemacht, an das Mädchen heranzukommen?«
»Wir können nicht neben jeden Patienten
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