0177 - Der Gangster, dem New York gehörte
Drugstore war ein kleiner Laden, der einige bescheidene Drinks und viel Sodaeis verkaufte. Um die Mittagszeit wimmelte es von Mädel und Jungen einer benachbarten Schule, aber um diese Stunde war er so gut wie leer.
Kenneth saß an einem Tisch am Fenster und rührte in einer Kaffeetasse. Es sah seltsam aus, wie er den Löffel in seinen behandschuhten Fingern hielt.
Als ich an den Tisch trat, sah er nur kurz auf, erhob sich aber nicht. Mit einer Handbewegung bot er mir den freien Stuhl ihm gegenüber an.
»Wirklich Kaffee?«, fragte er.
Ich nickte, und er rief dem Keeper hinter der Theke zu: »Einen Kaffee!«
Bis die Tasse vor mir stand, sprachen wir nicht, und erst als der Keeper uns den Rücken gedreht hatte, sagte er: »Eine aufregende Geschichte gestern Nacht, nicht wahr? Haben Sie schon herausgefunden, wer die ganze Sache in der Bowery inszeniert hat?«
»Wenn Sie mich bestellt haben, um das zu erfahren, so haben Sie sich umsonst in Unkosten gestürzt«, antwortete ich.
Er hob die Hand und machte eine abwehrende Bewegung. »O nein, ich bin ganz sicher, dass Sie es nicht herausbekommen werden.«
»Wenn Sie keine Sorgen haben, warum wollen Sie mich dann sprechen?«
Er nahm die Zeitung aus der Tasche, faltete sie auseinander und hielt sie mir über den Tisch hin entgegen. Die Seite, die er aufgeschlagen hatte, enthielt einen Bericht und Bilder von der Bowery-Schlacht.
»Es ist erstaunlich, was ein geschickter Mann in New York erreichen kann«, sagte er in seiner farblosen Art. »Er schickt fünfzig oder sechzig Leute los, die Krawall schlagen, und wenn die Polizei anrückt, um die Ruhestörer festzunehmen, hat sie es plötzlich nicht mehr mit fünfzig oder sechzig Männern, sondern mit den Bewohnern des ganzen Stadtviertels zu tun.«
»Das ist in der Bowery eine Selbstverständlichkeit«, antwortete ich. »Die Slumbewohner schlagen sich immer auf die Seite der Gesetzesbrecher.«
»Immerhin ist der Scharfsinn des Mannes zu bewundern, der diese Selbstverständlichkeit in seine Pläne einkalkuliert hat.«
Ich schnitt das Thema ab.
»Setzen Sie Ihre Selbstbeweihräucherung vor einem Spiegel fort, Kenneth. Wenn Sie mir nichts Wichtigeres zu sagen haben, kann ich gehen.«
Er nahm die Zeitung zurück und beugte sich leicht vor.
»Ich habe Ihnen Wichtigeres zu sagen, G-man. Es liegt mir nichts an Selbstbeweihräucherung, wie Sie es nennen. Ich bin auf die Ereignisse von gestern Nacht nur noch einmal zurückgekommen, damit Sie sehen, dass ich New York schon fast so fest in der Tasche habe wie Gregor. Obwohl Sie mich überwachen lassen, erreiche ich alles, was ich zu erreichen wünsche. Sie sehen, ich rede ganz offen mit Ihnen.« Er lachte. »Beinahe hört es sich wie ein Geständnis an, aber es ist ein Geständnis, mit dem Sie nichts anfangen können. Wir haben keine Zeugen.«
»Darauf brauchen Sie mich nicht aufmerksam zu machen«, knurrte ich. »Das weiß ich selbst.«
»Umso besser. Unter Berücksichtigung aller Tatsachen müssten Sie eigentlich finden, dass Sie auf der falschen Seite stehen, G-man.«
»Kommt jetzt ein Bestechungsangebot?«, fragte ich.
»Genau das«, antwortete er kalt. »Wie hoch ist das Gehalt eines G-man?«
»Sehen Sie in der Tarifordnung der Angestellten des öffentlichen Dienstes nach.«
»Für den Anfang zahle ich tausend Dollar im Monat. Ich denke, dass ein FBI-Mann nützlich für mich sein könnte. Was sagen Sie zu den tausend Dollar?«
Es passte nicht zu dem Bild, das ich mir von Kenneth gemacht hatte, dass er versuchte, mich auf so plumpe Weise zu fassen. Andererseits mochte ihm sein letzter Erfolg zu Kopf gestiegen sein. Er hatte in der vergangenen Nacht mehr als ein halbes Hundert Leute mit Geld und Drohungen für sich gekauft. Vielleicht 38 glaubte er jetzt, mit Geld und Drohungen einen G-man kaufen zu können. Vorsichtig antwortete ich: »Wenn Ihr Angebot ernst gemeint ist, lässt sich darüber reden.«
»Es ist ernst gemeint«, sagte er.
Seine Hand fuhr in die Brusttasche und brachte ein Bündel Geldscheine zum Vorschein, das er auf den Tisch legte.
»Das sind tausend Dollar. Sie gehören Ihnen, wenn Sie für mich arbeiten wollen.«
Ich versuchte es auf die lässige Art.
»Los«, sagte ich, »schicken Sie den Mammon rüber.«
Jetzt lächelte er. »Sie dürfen nicht glauben, dass Sie mich hineinlegen können, G-man. Ein paar falsche Nachrichten aus dem FBI-Hauptquartier genügen mir nicht. Die erste Arbeit, die Sie für mich zu tun hätten, wäre, dass Sie Cool
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