0177 - Todeskuß der Schwarzen Lady
Saris nicht daran, aufzugeben. Dafür war es mittlerweile zu spät. Durch ihn waren Zamorra und Nicole entführt worden, außerdem ging es um die Sache als solche. Es war an der Zeit, daß die Schwarze Lady in ihre Schranken verwiesen wurde - wer immer sie auch sein mochte. Mensch oder Monster…
Saris traf seine Vorbereitungen. Allmählich nahm die Sache Gestalt an. Er zeichnete Symbole auf den Boden und zitierte Worte aus alten schottischen Zauberbüchem, die er sich vor langer Zeit eingeprägt hatte. Er fühlte, wie etwas Kraft aus ihm zog.
Draußen kam die Dämmerung. Dunkler wurde es in dem verwüsteten Zimmer, und plötzlich bildete sich ein nebulöses Etwas im Raum, nahm immer mehr Gestalt an.
Unablässig, setzte Saris seine schwachen Zauberkräfte ein. Fester wurde die Gestalt.
Sie wurde zu seinem genauen Abbild.
Eine Illusion, die ihm aufs Haar glich. Wer sich nicht zu nahe heranbegab, würde die Illusion für den Lord halten. Nur wer sich direkt auf ihn konzentrierte und ihm zu nahe kam, der mochte feststellen, daß die Gestalt irgendwie durchscheinend wirkte wie ein Nebelhauch, wie ein Gedanke…
Ein Gedanke, der Gestalt angenommen hatte…
***
Eine Vampirin, die nicht vom Sonnenlicht, von der Helligkeit des Tages, vernichtet wurde?
Das widersprach allem, was Zamorra bekannt war. Vampire verschwanden bei Tagesanbruch in ihren Gräbern, um dort in todesähnlicher Starre auf die nächste Nacht zu warten. Die Dunkelheit war ihr Element. Tageslicht tötete sie.
Diese hier nicht!
Spitz ragten ihre Eckzähne hervor, während sie ein teuflisches Grinsen zeigte. »Sie wundern sich, Zamorra? Warum? Tageslicht-Vampire hat es schon immer gegeben, und sind Sie es nicht gewohnt, ständig neuen Überraschungen gegenüberzustehen? Sie enttäuschen mich!«
Kalt klang ihre Stimme, klirrend wie Eis. Zamorra brauchte sein Amulett nicht, um die Aura des Bösen, des Dämonischen zu spüren, das von ihr ausging.
Tageslicht-Vampire…
Irgendwo in den Tiefen seiner Erinnerung dämmerte etwas. Hatte nicht Lord Saris einmal etwas von Tageslicht-Vampiren angedeutet, die einmal Llewellyn-Castle überfallen haben sollten? Aber es mußte vor der Zeit geschehen sein, seit der sie sich kannten. Zamorra hätte sonst mehr darüber gewußt als nur das Stichwort an sich.
»Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie sich dann auch nicht von einem Silberkreuz abschrecken lassen?« brummte er.
Die Schwarzhaarige kam mit gebleckten Zähnen einen Schritt näher.
»Da haben Sie in der Tat recht«, sagte sie.
Zamorra sah auf ihre Hände. Die bewegten sich wie Schlangen, die langen, schlanken Finger, und schienen sich um etwas schließen zu wollen. Zamorra konnte sich lebhaft vorstellen, worum.
Er fragte sich, warum er keine Angst empfand. Was machte ihn so sicher gegenüber der Unheimlichen, die ihn mit Sicherheit nicht lebend wieder aus dem Haus lassen wollte. Höchstens als einen der ihren, als Vampir… vielleicht als Tageslicht-Vampir…!
Seine Muskeln spannten sich, als sie den nächsten Schritt tat. Er wollte ihrem Angriff zuvorkommen. Daß sie eine Frau war, interessierte ihn dabei nicht. Vampir-Ungeheuern gegenüber war Kavalier-Charme fehl am Platz.
Ihr letzter Schritt erfolgte nicht.
Die Zimmertür, die nur angelehnt gewesen war, flog auf und überraschte damit die Vampirin und den Dämenjäger. Beide sahen dorthin, wo Nicole gegen die Tür gestürzt war, aber dennoch nicht in das Zimmer fiel, weil jemand ihr den Teppich unter den Beinen weggezogen hatte!
***
Er fragte sich nicht, wieso Nicole dort draußen erscheinen konnte, wie sie es geschaft hatte, sich zu befreien. Denn es war für ihn sicher, daß auch sie sich in einem verschlossenen Zimmer befunden hatte.
Er sah nur, daß die Vampirin, die Schwarze Lady, deren Namen er immer noch nicht kannte, überrascht den Kopf wandte, um zur Tür zu sehen. Sie mußte von allem noch bedeutend stärker überrascht worden sein.
Und Zamorra handelte.
Seine Handkante kam hoch, zuckte heran und traf genau die entscheidende Stelle.
Lautlos sank die Schwarze Lady zu Boden. Zamorra hielt sich nicht damit auf, sie aufzufangen, um den Sturz zu mildem. Er registrierte nur zufrieden, daß sie soweit menschlich sein mußte, um anfällig gegenüber bestimmten Karateschlägenzu sein.
Im Moment bedeutete sie keine Gefahr mehr.
Das, was sich jetzt zur Gefahr entpuppen konnte, war das, was draußen geschah.
Zamorra sprang zur Tür.
***
Nicole fing ihren Sturz mit den vorgestreckten
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