0178 - Der grüne Dschinn
Der Geist hat alles versucht, um den Stein wieder zu verlassen. Es gelang ihm nicht. Das Blut eines Gerechten war stärker als er. Der grüne Dschinn blieb gefangen. Bis heute.«
Ich hatte aufmerksam und gespannt zugehört. Diese Geschichte faszinierte mich. Wieder einmal bestätigte es sich, daß alte Legenden und Sagen sehr oft der Wahrheit entsprachen, wie ich es auch hier erlebte.
»Wer war denn dieser Eremit?« wollte ich wissen.
»Der Stammvater meiner Familie, denn er hat sich für die Welt geopfert. Er blutete völlig aus und starb, während der Dschinn gefangen war.«
»Und warum kann er jetzt freikommen?« wollte ich wissen.
»Moment, mein Freund«, sagte der Alte, »ich bin mit meiner Geschichte noch nicht am Ende. Dieser Eremit besaß einen Bruder. Er war der Gründer unserer Familie und kannte die Geschichte, denn der Eremit hatte alles auf eine Rolle geschrieben. Jeweils der älteste mußte mit seinem Blut dafür sorgen, daß der grüne Dschinn immer gefangen blieb. Es war ein schweres Erbe und nicht immer leicht durchzuführen, doch in meiner Familie war man sich der Verantwortung bewußt. Immer fand sich jemand, der sich opferte. Er spendete sein Blut für den Stein und auch für die fünf gefangenen Diener des Dschinns. Nun bin ich an der Reihe, mein Blut zu spenden, aber ich weiß jetzt schon, daß ich es nicht schaffe. Ich bin alt und krank. Widrige Umstände ließen mich erst jetzt dazu kommen, diesen Platz hier zu besuchen. Mein Blut ist wenig geworden, es ist alt, kraftlos, und ich glaube nicht, daß ich es schaffen kann. Der Beweis bist du?«
»Wieso?«
Der alte Mann lächelte. »Weil geschrieben steht, daß irgendwann jemand kommen wird, der den Dschinn befreit. Ich ahnte es, habe auch Gegenmaßnahmen getroffen, doch sie reichen nicht, wie ich jetzt feststellen muß.«
»Dann kann ich doch mit meinem Blut…«
»Nein, dein Blut wird nichts nützen. Es ist edel von dir, dich anzubieten, doch du gehörst nicht zu unserer Familie, und ich bin der Letzte. Meine drei Söhne sind gestorben, weil die Zeiten sich geändert haben. Sie wurden hingerichtet, da sie gegen das System und die herrschende Klasse waren. Sie wollten auf meine Warnungen nicht hören, ich habe sie immer an ihre Verantwortung erinnert, aber sie lachten nur und mußten mit ihrem Leben bezahlen. Inzwischen war noch etwas geschehen. Es gibt eine Gruppe von Menschen, die sich der alten Legende erinnerte. Und sie wollten dem Dschinn dienen, sie wollen ihn befreien und seine Macht vergrößern. Einen Teil haben sie geschafft. Drei Diener sind frei, zwei noch gefangen. Aber schon die drei besitzen eine ungeheure Macht, und sie halten sich irgendwo auf der Welt versteckt. Niemand kennt den Ort.«
»Doch, ich!«
Jetzt war es der Alte, der Überraschung zeigte. »Du kennst ihn, mein Freund?«
»Ja.« Ich hatte Vertrauen gefaßt und berichtete, was mir widerfahren war.
Schweigend hörte der alte Mann zu, hin und wieder nur nickte er, wobei sein Gesicht einen noch ernsteren Ausdruck annahm, denn er wußte um die Gefahren, die drohten.
»Daß es schon so weit gekommen ist, hätte ich nie gedacht«, flüsterte er.
»Können wir noch etwas machen?«
»Möglich. Wir müßten versuchen, ein Entkommen der letzten beiden zu verhindern.«
»Wie?«
»Es existiert eine Waffe, mit der du nicht nur sie töten kannst, sondern vielleicht auch den Dschinn. Das allerdings weiß ich nicht so genau.«
»Was für eine Waffe ist das?«
»Das Schwert mit der goldenen Klinge!«
Ich mußte den Alten wohl wie ein Kalb angesehen haben, denn er lächelte. »Was hast du, mein Freund? Die Waffe ist sehr ungewöhnlich.«
»Das ist sie in der Tat«, erwiderte ich, und meine Gedanken schlugen wahre Purzelbäume.
Ich dachte an ein Mädchen. Schwarze lange Haare, über 10 000 Jahre alt, auf der Suche nach dem Trank des Vergessens, durch dessen Einnahme es ihm ermöglicht wurde, das Totenreich zu durchwandern.
Dieses Mädchen war bereits einmal gestorben und lebte trotzdem weiter.
Es stammte aus dem Totenreich und war seit einigen Monaten die Begleiterin von Myxin, dem Magier.
Ihr Name: Kara!
»Was hast du?« fragte der Alte. »Welche Gedanken schwirren in deinem Kopf herum und plagen dich?«
Tief holte ich Luft. Es war ungeheuerlich, was ich aussprechen wollte, aber ich mußte es dem Mann sagen. »Ich glaube die Waffe zu kennen, Alter.«
In den Augen las ich Erstaunen. Der Mann schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich, es käme einem Wunder
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