0181 - Blutige Dollars
Vorstellung, und ich erklärte mein Anliegen. Mr. Merriman war mit Vergnügen bereit, aber natürlich neugierig. Er wollte wissen, was dahinter steckte, und er war leicht beleidigt, als ich ablehnen musste, ihm das auseinander zu setzen.
Da ich nun schon einmal unterwegs war, kam mir die Idee, nach Inwoodhill zu fahren und mich bei Mrs. Hurst zu erkundigen, ob sie gestern ungeschoren nach Hause gekommen sei. Ich setzte Miles ab und fuhr nach Cookerstreet.
Das Wetter war herrlich, und die Fenster des malerischen Fachwerkhäuschens waren geöffnet. Mrs. Hurst hatt augenscheinlich Besuch. Ich hörte sie sprechen, ohne die Worte verstehen zu können. Einen Augenblick zauderte ich, und dann betätigte ich den altmodischen Klopfer.
Die Stimme schwieg, und Mrs. Hurst öffnete.
Ich musste wieder feststellen, dass die Frau, trotz ihrer weißen Haare, oder vielleicht gerade deshalb, blendend aussah.
»Kommen Sie herein. Sie sind doch der Freund und wahrscheinlich Kollege meines Besuchers von gestern.«
»Ich wollte mich nur erkundigen, ob Sie gut nach Hause gekommen sind und keine Schwierigkeiten gehabt haben.«
»Mit den Herren von der Polizei, meinen Sie? Nicht die geringsten. Sehe ich etwa aus wie eine Mörderin?«
Sie sah wirklich nicht so aus.
»So habe ich das nicht gemeint«, lächelte ich. »Ich war nur zufällig in der Nähe.«
»Der Mann, von dem ich…« - sie stocke einen Augenblick - »die falschen Scheine hatte, war leider gestern nicht da, aber es sieht so aus, als hätten Sie einen anderen gefunden.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Das war kein Kunststück. Ich konnte sehen, wie Mr. May die Bekanntschaft zwischen Ihnen und dem Herrn vermittelte, der kurz darauf ermordet wurde. Ich kann mir nur denken, dass das geschah, weil Sie ihn erwischt hatten und er nicht reden sollte. Es könnte sogar sein, dass man es gar nicht auf ihn, sondern auf Sie abgesehen hatte. An Ihrer Stelle wäre ich doch etwas vorsichtiger.«
»Mit Vorsicht fängt man keinen Verbrecher. Man muss schon etwas riskieren«, sagte ich.
»Mit läuft es kalt über den Rücken, wenn ich denke, dass jemand aus solchen Gründen umgebracht wird«, sagte sie und schüttelte sich. »Ich jedenfalls werde ein paar Wochen wegfahren und hoffe, dass, wenn ich zurückkomme, die üble Sache, in die ich da geraten bin, geklärt ist.«
»Machen sie Urlaub, Mrs. Hurst?«, fragte ich.
»Ja, sozusagen. Ich habe eine Schwester in Los Angels, die mich schon ein paar Mal eingeladen hat. Allerdings entspringt diese Einladung größtenteils dem Wunsch, mir die Sorgen ihres Haushalts aufzubürden. Meine Schwester ist geschieden und arbeitet als Maskenbildnerin bei der Metro-Goldwyn-Mayer. Sie hat eine siebzehnjährige Tochter, aber die will unter allen Umständen zum Film und tut nichts anderes, als sich in allen möglichen Swimmingpools im Bikini zu zeigen und Cocktail-Partys zu besuchen. Auf diese Manier bleibt der Haushalt natürlich unversorgt, und so muss ich alle paar Monate einmal einspringen.«
»Dann wünsche ich ihnen viel Vergnügen, Mrs. Hurst«, sagte ich und wollte gehen aber sie bestand darauf, mir einen Side car zu mixen und selbst einen mitzutrinken.
Im nächsten Augenblick klingelte der Fernsprecher. Sie nahm den Hörer ab.
»Ja… Hurst. Ach, du bist es, Cherie. Nett von dir, dass du anrufst, aber ich bin im Augenblick beschäftigt. Ich habe einen sehr netten Herrn zu Besuch.« Sie hörte zu und lachte. »Was immer du willst. Ich mit meinen weißen Haaren, und außerdem ist der Herr gewissermaßen dienstlich hier, was aber nicht ausschließt, dass er nett ist.« Sie warf mir einen verschmitzten Blick zu und fuhr fort. »Also bis später. Ich rufe dich an.«
»Meinetwegen hätten Sie sich keinen Zwang aufzuerlegen brauchen«, sagte ich. »Ich muss sowieso gehen.«
»Wie schade. Es war wirklich nett«, behauptete sie und streckte mir die Hand hin. »Auf Wiedersehen also.«
***
Inzwischen war auch meinem Freund Phil, der im Office zurückgeblieben war, eine Nachricht zugegangen, die ihm zu denken gab. Mr. James Vanderloo hatte eine Vermisstenanzeige erstattet. Seine Tochter June, so berichtete er, sei am Vorabend angeblich zu der Party einer Freundin gegangen und nicht nach Hause gekommen. Zuerst hatte man geglaubt, sie wäre über Nacht bei dieser Freundin geblieben, aber es stellte sich heraus, dass sie dort niemals angekommen war.
Ihr kleiner Sportwagen, ein Chrysler Cabriolet, war ebenfalls verschwunden. Er trug die Nummer 27 CL
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