0181 - Blutige Dollars
345. Der Wagen war auf Randall Island auf dem Parkplatz in der Nähe der Tennisplätze gefunden worden. Diese Tatsache veranlasste Lieutenant Crosswing, der ja von dem Mädchen und seinem Verhältnis zu dem Ermordeten nichts wusste, bei uns anzurufen.
Phil erschrak gewaltig. Wir hatten versäumt, uns weiter um das Mädchen zu kümmern. Wenn sie das Schiff, auf dem sich der »Ramona Club« befand, verlassen hätte, so wäre sie mit ihrem Chrysler weggefahren. Die Tatsache, dass dieser noch auf dem Parkplatz stand, schien Phil Beweis genug, dass sie den »Ramona Club« nicht verlassen hatte oder dass ihr etwas zugestoßen war.
Er machte sich also sofort auf den Weg.
***
Bericht von Phil Decker.
Als ich Lieutenant Crosswings Anruf erhalten und verarbeitet hatte, bekam ich einen scheußlichen Schrecken. June war Fred Clairmonds Freundin gewesen, und sie hatte ihm zugeredet, Jerry die Wahrheit zu sagen. Es war fast sicher, dass der Mörder des jungen Mannes ihre Worte vernommen und daraus geschlossen hatte, sie wüsste mehr.
Was dann mit ihr geschehen war, wagte ich mir nicht auszumalen. Ich hatte wenig Hoffnung, aber trotzdem ließ ich sofort einen schnellen Wagen aus der Garage holen und alarmierte meine Kollegen Basten und-Tom Walter. Während wir mit heulender Sirene in Richtung Triboro Bridge durch die Stadt brausten, sagte ich ihnen, auf was es ankam. Unterwegs beorderte ich über Sprechfunk eine Barkasse der Wasserschutzpolizei an den Anlegeplatz beim Tennis Court.
Als wir dort ankamen, wartete das Boot bereits. Die weiße Jacht lag noch wie am Abend vorher im Strom. Niemand hörte uns kommen, und erst als wir anlegten, erschien an der Reling ein Kopf, der sofort wieder verschwand. An Deck kam uns der Mexikaner mit dem ulkigen Namen entgegen. Jetzt war er keineswegs im Smoking. Sondern steckte ein einem grünseidenen Pyjama, hatte Pantoffeln an den Füßen und ein Haarnetz über der Frisur. Da er auch nicht rasiert war, glaubte ich annehmen zu dürfen, dass er geradewegs aus dem Bett kam.
Er war ziemlich verlegen und fragte, was er für uns tun könne.
»Hören Sie, Mr. May oder wie Sie sonst heißen«, sagte ich hastig. Ich hatte keine Zeit zu langen Erklärungen. »Miss Vanderloo ist heute Morgen nicht zu Hause gewesen. Ihr Wagen steht noch drüben auf dem Parkplatz. Sie kann also den Club nicht verlassen haben… es sei denn, man hat sie ins Wasser geworfen.«
Der Mexikaner prallte zurück, als ob er einen Schlag ins Gesicht erhalten habe. Er griff sich mit beiden Händen an den Kopf und stöhnte.
»Unmöglich. Ganz unmöglich.«
»Auf Ihrem verdammten Kahn scheint alles möglich zu sein«, fuhr ich ihn an. »Wir werden ihn jetzt durchsuchen, und ich garantiere ihnen, es wird keine Ecke und kein Loch geben, in das wir nicht unsere Nase stecken.«
»Ich werde sofort anordnen, dass Ihnen alles gezeigt wird«, versicherte Mr. May, aber damit war ich durchaus nicht einverstanden.
»Sie werden überhaupt nichts anordnen. Sie werden keinem Menschen auch nur das Geringste von unseren Absichten sagen.«
Dann teilten wir ein. Basten übernahm das Oberdeck und das kleine Kapitänsdeck, Walter das Unterdeck mit dem Restaurant und dem Tanzsaal. Ich hatte mir das Schwierigste ausgesucht, nämlich den Schiffsrumpf mit dem Maschinenraum, den Öltanks den Vorratsräumen und der Küche. May nahm ich mit. Er wusste jedenfalls besser Bescheid als ich, und sein Schreck und Entsetzen waren echt gewesen.
Er würde mir keine Schwierigkeiten bereiten.
Zuerst kam der Maschinenraum an die Rehe. Dort war es verhältnismäßig einfach. Wir umkreisten die sechs Dieselmotoren, sahen in die Schränke und die Umkleideräume des Maschinenpersonals. Zuletzt nahmen wir die Öltanks vor, aber da konnte man weder jemand verstecken, noch hineinkriechen. Die Abfüllöffnung war zu klein.
Nicht einmal ein schmaler Mädchenkörper hatte da hineingepasst.
Die Vorratsräume waren schwieriger. Es gab Kisten und Kasten mit Schiffsgeschirr, Bestecken und alles, was noch dazu gehört. Ich machte es gründlich. Ich hatte keine Lust, mir selbst hinterher Vorwürfe machen zu müssen. Zuletzt war ich davon überzeugt, dass June Vanderloo nicht hier sein könne.
»Was jetzt noch?«
»Nur die Küche.«
Ohne viel Hoffnung trat ich ein. Der große Raum war leer, bis auf einen Mann in schwarz-weiß karierter Hose, mit weißer Jacke und einer hohen Mütze, der dabei war Roastbeaf in Steaks zu zerlegen. Er blickte auf, nickte und
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