0181 - Gefangen in Zentral-City
Minuten lagen sie schweigend fünf Meter voneinander entfernt zwischen den heißen Felsen. Unter ihnen plätscherte der Ausfluß des Kanals. „Ich glaube, wir brauchen nicht länger zu warten", sagte Atlan schließlich. „Die anderen scheinen nicht hier herauszukommen." Mit diesen Worten robbte der Arkonide an Bully vorüber, aufs Wasser zu. Bully hörte das Gurgeln des Wassers, als Atlan darin eintauchte und setzte sich ebenfalls in Bewegung. Nur Atlans Kopf ragte über die Meeresoberfläche, kaum von einem der vielen Pilze zu unterscheiden, die überall herumschwammen.
Entschlossen ließ sich auch Bully in die Tiefe gleiten. Kurz darauf schwammen sie nebeneinander aufs offene Meer hinaus. Bully warf einen mißtrauischen Blick zum Gleiter empor, der jedoch nach wie vor ruhig seine Kreise zog. Für die Besatzung der Flugmaschine mußten die Pilze wie stecknadelkopfgroße Punkte erscheinen. Der Kopf eines Mannes war schwer davon zu unterscheiden. Bully grinste befriedigt und blickte zurück zur Stadt. Da sah er etwas anderes, das ihn erschreckte. „Admiral!" rief er.
Atlan hörte mit den Schwimmbewegungen auf und schaute in die angegebene Richtung. Unterhalb der Stadt, von einer kleinen Pier, lösten sich drei moderne Schiffe und nahmen Kurs auf die Klippen.
„Sie denken an alles", erklärte Atlan. „Los jetzt, Bully! Wir müssen von hier verschwunden sein, bevor sie eintreffen." Bullys stämmige Beine wirbelten durchs Wasser. Er war froh, daß sie der schmutzigen Brühe der Kanäle entkommen waren. Atlan erwies sich als schneller und geschickter Schwimmer. Bully hatte Mühe, sich auf gleicher Höhe zu halten. Entlang der Küste konnte er jetzt die anderen Gleiter sehen. Und hinter ihnen, in der Doppelsonne glitzernd, rasten die plophosischen Suchboote heran.
Angespannt lauschte Melbar Kasom in die Dunkelheit. Außer dem nachlassenden Plätschern des Wassers war nichts zu hören.
Langsam kletterte der ertrusische Riese an der Sperre hinab. Das letzte Stück mußte er mit einem Sprung überwinden. Mit einem Platscher landete er im noch knietiefen Wasser. Eine Stimme fragte: „Wer ist das?"
„Noir!" entfuhr es Kasom erleichtert. „Ich dachte, alle seien davongespült worden."
„Ich klammerte mich am Hebel fest", erklärte Noir. „Dann zappelte ich im Wasser wie ein Fisch an der Angel. Dabei habe ich fast den Hebel aus der Verankerung gerissen."
In anderer Lage hätte Kasom sicher über Noirs farbige Schilderung des Abenteuers gelächelt. Doch jetzt war aller Humor von ihm gewichen. Rhodan, Atlan und Bull waren irgendwo in den Kanälen verschwunden. Kasom fühlte sich plötzlich müde und verbraucht. Was war der Dienst für das Imperium eigent lich anderes als ein ständiges Wettrennen mit dem Tod? Zum Teufel damit, dachte er ergrimmt, ich muß aufhören, hier unten Trübsal zu blasen, schließlich habe ich mir diese Arbeit ausgesucht, und bisher hatte ich auch keinen Grund, mich darüber zu beschweren. Er watete auf Noir zu, bis er ihn berühren konnte. „Das Wasser ist gesunken", sagte er gelassen. „Sie können den Griff loslassen." Noir stemmte sich gegen Kasoms Arm.
„Was werden wir jetzt unternehmen?" fragte er. „Haben Sie einen Plan?"
„Wir versuchen die anderen einzuholen", erklärte der Ertruser.
Noir war ein Mann mit großem Selbstvertrauen und einer Erfahrung, die die Kasoms um fast drei Jahrhunderte übertraf. Trotzdem schien der Mutant in diesem Augenblick die Führerschaft Kasoms stillschweigend anzuerkennen.
Vielleicht, überlegte der Ertruser, mußte man erst so lange mit dem Tod kämpfen wie Noir und die anderen Aktivatorträger, um der tödlichen Gefahr mit Gelassenheit und Mut zu begegnen.
Noir begann bereits auf die Sperre zuzustreben. Kasom gab sich einen Ruck und folgte ihm. Sie folgten der Strömung der Abwässer.
Der Kanal teilte sich noch dreimal, aber sie hielten sich immer rechts.
„Sie sind verdammt schnell, Kasom", seufzte Noir einige Zeit später. „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Riesenschritte etwas verkürzen könnten, so daß auch ein Durchschnittsbürger auf Ihrer Fährte bleiben kann." Kasom verlangsamte das Tempo. Seit einigen Minuten glaubte er, einen frischen Luftzug zu spüren. Aber das konnte auch eine Täuschung sein. Er hoffte, daß jetzt kein weiterer Wasserschwall über sie hinwegfluten würde, denn hier gab es nichts, woran sie sich klammern konnten. „Licht!" rief Noir aus und kam an Kasoms Seite. „Tatsächlich", stimmte Kasom zu.
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