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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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lächelte flüchtig. »Wahrscheinlich nichts«, sagte er beruhigend. »Wahrscheinlich finden wir dort unten nur ein halb eingestürztes Gewölbe voller alter Steine und Trümmer. Aber ich bin nun einmal neugierig. Und Sie müssen ja nicht mitkommen, wenn Sie nicht wollen.« Tatsächlich wäre es ihm lieber gewesen, sich ganz von Martens zu trennen. Er hatte nichts gegen den jungen Mann; im Gegenteil. Aber wenn sie dort unten das fanden, was er insgeheim befürchtete, dann würde es besser sein, ihn nicht dabei zu haben.
    »Wir brauchen ein Seil«, sagte er, um von dem unangenehmen Thema abzulenken. »Außerdem Steighaken, Handscheinwerfer, Pickel, Werkzeug…« Er sah Martens an. »Bekommt man so etwas im Dorf?«
    »Ja. Es gibt einen kleinen Kramladen, der eigentlich alles führt. Ich zeige Ihnen den Weg.«
    »In Ordnung. Aber zuerst möchte ich noch bei diesem Mädchen vorbeischauen, Mary-Lynn…«
    »Hunter«, half Steven aus.
    »Hunter, richtig. Sie wissen, wo sie wohnt?«
    Martens grinste. »Kilmarnock hat dreihundert Einwohner, Professor. Da ist es ein Kunststück, jemanden nicht zu kennen.« Er wurde übergangslos ernst. »Aber ich sehe nicht ganz ein, was Sie sich davon versprechen. Ich meine, ich weiß nicht, wie es um sie bestellt ist. Aber so, wie mein Vater erzählte… außerdem waren ihre Eltern schon früher komische Käuze. Ich glaube, sie sind versehentlich aus dem letzten Jahrhundert übriggeblieben; oder aus dem vorletzten.«
    »Vielleicht kann ich ihr helfen«, sagte Zamorra.
    »Sie?« Stevens Augenbrauen rutschten ein Stück nach oben.
    »Wir werden sehen. Zeigen Sie uns den Weg?«
    »Natürlich.«
    Zamorra fing einen warnenden Blick von Nicole auf. Er wußte, auf welchem gefährlichen Terrain er sich bewegtge. Aber er mußte mehr Informationen erlangen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, mit offenen Augen ins Verderben zu rennen. Und das Mädchen stellte wahrscheinlich die einzige lebende Verbindung zu dem unterirdischen Grauen dar.
    Die Hunters bewohnten ein uraltes Fachwerkhaus ganz am Ende der Hauptstraße. Eine mannshohe, verwilderte Hecke verbarg den niedrigen Bau vor allzu neugierigen Blicken. Daran schloß sich ein ausgedehnter Rasen an, der seinem Aussehen nach vor Jahren das letzte Mal gemäht worden war.
    Nicole parkte den Bentley direkt vor dem rostigen Eisentor, das die Hecke durchbrach.
    Sie stiegen aus. Martens machte Anstalten, direkt auf das Haus zuzugehen, aber Zamorra hielt ihn zurück.
    »Sie könnten zusammen mit Bill schon mal die Sachen besorgen, die wir brauchen«, sagte er.
    Martens runzelte die Stirn. »Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich Sie bei den Hunters einführe. Sie sind… seltsam, wissen Sie. Ich glaube nicht, daß sie einen Fremden einlassen.«
    Zamorra zuckte scheinbar gleichmütig mit den Schultern. »Riskieren wir es. Wir haben nicht viel Zeit, wissen Sie.« Er nahm Martens bei der Schulter und drängte ihn mit sanfter Gewalt zum Wagen zurück. »Zeigen Sie Bill den Weg«, bat er. »Danach können wir uns treffen - in einer halben Stunde?« Der Tonfall, in dem er den Vorschlag machte, ließ keinen Widerspruch zu. Martens nickte widerwillig und öffnete den Wagenschlag. »Gut, aber machen Sie mir keine Vorwürfe, wenn der alte Hunter Sie hinauswirft.«
    Zamorra lächelte. »Bestimmt nicht.«
    »Das war deutlich«, sagte Nicole, als Bill und Martens abgefahren waren. »Mußte das sein?«
    Zamorra nickte. »Ja. Ich möchte nicht,, daß er zuviel erfährt.«
    »Und warum nicht?«
    Zamorra antwortete nicht. Er drehte sich um, öffnete das schmiedeeiserne Tor und marschierte auf das Haus zu. Nicole folgte ihm in wenigen Schritten Abstand.
    Von weitem betrachtet machte das Haus einen beinahe unbewohnten Eindruck. Dichtes, grünes Efeu war im Laufe von Jahrzehnten und Jahrhunderten an ihm emporgerankt. Vor den Fenstern lagen wuchtige, schwere Läden, und die kleinen, schießschartenähnlichen Fenster im ersten Stock waren zusätzlich vergittert. Das Gebäude erweckte den Eindruck einer Festung, eines kleinen, uneinnehmbaren Bollwerkes, daß seine Bewohner gegen alle Unbille des Draußen zu schützen vermochte.
    »Ein seltsames Haus«, flüsterte Nicole, als sie unter der Tür standen und darauf warteten, daß jemand auf ihr Klopfen hin öffnete. »Irgendwie… unheimlich.«
    Zamorra lächelte. Nicole hatte Recht. Das Haus war unheimlich. Aber das lag weniger an seinem Äußeren. Eine seltsame, trübe Atmosphäre schien von den grün überwucherten Wänden

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