0184 - Schlimmer als der Satan
schien durch die Scheiben des Bentley, und ich sah den Staub auf dem Glas. Das erinnerte mich daran, daß der Wagen mal wieder gewaschen werden mußte.
Die Straße war schmal. Ich sah einige Wohnhäuser, auch Geschäfte, einen Zeitungsladen, zwei Pubs und das Haus, in dem dieser Jason Kongre gewohnt hatte.
Es war gelb angestrichen und das letzte in einer Reihe. Denn daneben wuchs Unkraut auf einem brach liegenden Grundstück.
Vor dem leeren Grundstück stellte ich den Wagen ab. Zur Eingangstür führte eine Treppe. Eine zweite sah ich parallel zur Hauswand. Sie ging in die Tiefe zu einer Souterrain-Wohnung. Aus ihr kam ein Mann. Er trug ein dunkelblaues Hemd und knallrote Hosenträger. Die mußte er auch haben, denn die Hose umspannte einen gewaltigen Bierbauch, den er wie eine Kugel vor sich herschob.
Er kam mir entgegen. Schnaufend blieb er auf der zweitobersten Stufe stehen. Ein Windstoß wühlte seine wenigen Haare auf. »Zu wem wollen Sie?« fragte er mich.
Ich spielte sofort mit offenen Karten und sagte, wer ich war.
»Welche Ehre, Scotland Yard. Habe ich was verbrochen, Oberinspektor?«
»Um Sie geht es nicht.«
»Wie tröstlich.«
»Vielleicht können Sie mir trotzdem helfen, Meister. Hier hat doch mal ein gewisser Jason Kongre gewohnt?«
»Der Verrückte.« Auf seinem Gesicht ging die Sonne auf.
»Wieso?«
»Wissen Sie das denn nicht?«
»Nein.«
Er hakte beide Daumen hinter die breiten Hosenträger und zog sie nach vorn. »Das ist nämlich so. Der Kerl hat sogar in der unteren Wohnung gehaust. Wo ich jetzt lebe.«
»Interessant. Und Sie wissen nicht zufällig, wo er hingezogen ist?«
»Nein, Oberinspektor.«
»Warum ist er denn ausgezogen?«
»Kann ich Ihnen sagen. Dem gefiel es nicht mehr hier. Ihm war alles viel zu klein, denn der war ja, wie wir alle wissen, Gelehrter. Der hat so Versuche gemacht.«
»In der Wohnung?«
»Auch, aber die meisten im Hof.« Der dicke Mann räusperte sich.
»Da stehen nämlich noch zwei alte Treibhäuser, und hinter diesem Haus liegt eine Baumschule. Und die Besitzer der Schule konnten mit den Treibhäusern nichts mehr anfangen. Das Geschäft ging schlecht, die Ölpreise stiegen. Pleite. Wie so viele. Da hat eben Kongre die Dinger genommen und dort seine Versuche angestellt.«
»Sie wissen nicht zufällig, was das für Versuche waren?« hakte ich nach.
»Nein, aber irgend etwas mit Tieren, denn er hat oft herrenlose Hunde mitgebracht. Das war vielleicht ein Theater. Die bellten, dann miauten die Katzen, der hat sogar Insekten gesammelt. Wir haben hier was auszuhalten gehabt. Als es dann einigen Leuten zuviel wurde, sorgten wir dafür, daß Kongre verschwand. Ihm wurde gekündigt.«
»Und wo ist er hingezogen?«
»Das weiß ich nicht. Außerdem hat er mit keinem von uns darüber gesprochen. Der redete sowieso kaum mit uns, wissen Sie. War ein typischer Einzelgänger, der Knabe.«
»Die Treibhäuser stehen noch?«
Der Mann grinste schief. »Was heißt stehen? Zum Teil sind sie zerstört. Vergammelt. Kinder haben die Glasscheiben eingeworfen, Sie wissen ja, wie so etwas geht. Wenn sich niemand mehr darum kümmert, verkommt es schnell.«
»Und die finde ich hinter dem Haus?«
»Ja, gehen Sie nur rum.«
Ich bedankte mich bei dem Mann, drehte mich um und nahm den Weg, den man mir gesagt hatte. Ich erreichte das Grundstück und sah auch die Treibhäuser.
Der Mann hatte wirklich nicht übertrieben. Die Häuser waren in der Tat vergammelt. Die Scheiben zeigten Löcher, zum Teil waren sie überhaupt nicht mehr vorhanden, und es standen nur noch die verrotteten Rahmen. Auch das Dach wies schwere Beschädigungen auf. Um die Häuser herum wuchs das Unkraut mehr als kniehoch.
Ich sah mir auch das zweite Haus an. Es war ebenfalls nicht besser in Schuß.
Die Tür, bestehend aus einem Drahtgeflecht, hing schief in den Angeln, so daß ich die Häuser ungehindert betreten konnte. Blumen hatte man hier auf keinen Fall gezüchtet, das war schon beim ersten Blick zu erkennen. Bei den Gärtnerei-Häusern sah ich nur Überreste von Käfigen. Irgendwelche Spuren fand ich nicht..
Die Leuchtstoffröhren waren Beute eines Diebes geworden. Nur noch die Fassungen hingen unter der Decke.
Langsam durchwanderte ich das Treibhaus. Als ich dessen Ende erreicht hatte, drehte ich mich um.
Der Dicke stand im Eingang. Breit und wuchtig, so daß er die Öffnung ganz ausfüllte.
»Haben Sie was gefunden?« rief er mir entgegen.
»Nein.«
»Hätte ich Ihnen vorher sagen
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