0184 - Schlimmer als der Satan
schluckte. »Die Ausrede kenne ich.«
Gilda schüttelte den Kopf. Ihre fahlblonden Haare hatte sie mit einem roten Stirnband gehalten. Ihr Gesicht war schmal, zeigte zahlreiche Sommersprossen, und manchem Mann wäre sie als Frau zu knochig gewesen, doch Willie liebte knabenhafte Typen. »Das ist keine Ausrede, du siehst das falsch. Wenn du wüßtest, wie dreckig es den Leuten geht. Die wohnen nicht, die hausen. Und dann gibt es einige, die sahnen nur ab.«
Bevor Gilda zu einer Grundsatzrede ansetzen konnte, winkte Willie ab. »Erzähl das deinem Friseur, falls du einen hast. Der hört dir zu, dafür wird er bezahlt.«
»Irgendwann wirst du auch noch mal vernünftig.«
Da grinste Willie. »Wenn ich dir den Laufpaß gebe, wie?«
Gilda blitzte ihn an. »Treib es nur nicht auf die Spitze, ich finde auch einen anderen.«
Willie wischte Soße von den Lippen. »Klar, der diskutiert mit dir, geht aber nicht mit dir ins Bett.«
»Jetzt werde nicht unverschämt.«
»Okay, wir schließen Frieden. Freiwillig bist du schließlich mitgekommen, steh es auch durch.«
Gilda stocherte mit der Plastikgabel auf ihrem Teller herum. Willie sah es. »Schmeckt dir nicht, wie?«
»Doch.«
»Aber…«
»Kein aber.« Sie hob die Augenbrauen. »Wenn deine Freunde betrunken sind, drehen sie wieder durch, das sehe ich schon kommen.«
»Das Thema war doch erledigt.« Willie wurde langsam sauer.
»Ich kann ja auch allein fahren.«
»Dann mach doch, was du willst. Ich jedenfalls bleibe hier. Wir haben uns wochenlang auf das Grillfest gefreut…«
»Wir?«
»All right, wenigstens ich. Und einmal kannst du mir die Freunde auch lassen.«
»Einmal?« Das Girl lachte auf. »Ihr hockt nach jedem Spiel zusammen und sauft euch die Hucke voll. Tolle Sportler, wirklich.«
»Das gehört dazu.«
»He, Willie, Gilda!« Bobby Ransome stand neben dem Grill und winkte. »Wollt ihr euch nicht zu uns setzen?«
Die beiden warfen einen Blick nach vorn. Die anderen hockten im Kreis. Sie hatten auf Steinen Platz genommen oder auf mitgebrachten Klappstühlen.
»Gleich«, rief Willie zurück. »Erst muß ich meinen Schaschlik verputzen. Schmeckt übrigens klasse.«
»Danke, ich gebe das Kompliment gern weiter.«
Eine Fliege summte heran. Sie kreiste ein paarmal über die Köpfe der beiden, flog auch an ihren Gesichtern vorbei und suchte sich einen Landeplatz aus.
Den fand sie auch.
Es war Gildas Teller.
Das Girl hatte das letzte Stück Schaschlik zwischen die Zähne gesteckt, als die Fliege ihren Platz auf dem Ketchup fand. Dort blieb sie hocken.
Gilda scheuchte sie nicht weg. Sie wunderte sich nur über die Größe des Insekts. Die Fliege war schon ein Brummer, sie schillerte grünlich.
»Mensch, ist die groß«, sagte Gilda.
Willie wollte gerade vom Zaun rutschen und Nachschub holen, als er die Worte hörte. »Wer ist groß?«
»Die Fliege.« Gilda beugte sich weiter nach vorn, um sie besser sehen zu können.
Plötzlich schrie sie auf, und ließ den Teller fallen. Die Fliege, durch die Bewegung aufgeschreckt, summte davon.
»Was ist los?« fragte Willie.
Gilda schaute ihren Freund an. Kreidebleich war sie geworden.
»Die… sie … Fliege, Willie … sie hatte den Kopf eines Menschen!«
***
Der Torwart wollte grinsen, doch sein Gesicht erstarrte zu einer Grimasse. »Willst du mir den Appetit verderben, Gilda?«
»Nein, nein.« Heftig schüttelte das Girl den Kopf. »Was ich gesehen habe, das habe ich gesehen. Die Fliege hatte wirklich einen Menschenkopf.«
»Unsinn.« Willie schaute in die Luft. Durch das Laubdach der Bäume sickerten letzte Sonnenstrahlen. Sie fielen bereits schräg und betupften den Boden, wobei sie zu langen Streifen ausliefen. Im Wald selbst war es schon dunkler. »Ich sehe hier keine Fliege mit einem Menschenkopf.«
»Sie war aber da!«
»Klar. Eine Fliege habe ich auch gesehen. Die saß schließlich auf deinem Teller.«
»Und sie hatte den Kopf eines Menschen.«
»Mann oder Frau?« fragte Willie spöttisch.
»Den eines Mannes.«
»Toll.«
»Hör auf, Mensch. Mit solchen Dingen treibt man keinen Scherz. Das ist grauenhaft.« Sie bekam tatsächlich eine Gänsehaut. »Ich bleibe hier nicht länger.«
Willie hatte ihr nicht zugehört. Er ließ seine Blicke schweifen, sah auch das dichte Buschwerk hinter dem Zaun und glaubte, eine Bewegung zu sehen.
Deshalb bemerkte er nicht, wie die Fliege erneut hinter seinem Rücken anflog und sich auf seinen Teller setzte.
»Da ist sie wieder!« rief
Weitere Kostenlose Bücher