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0185 - Unser Hit in Harlem

0185 - Unser Hit in Harlem

Titel: 0185 - Unser Hit in Harlem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unser Hit in Harlem
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beben und zu grollen begann.
    Sammy saß lange so, eine Hand in der Hosentasche, die andere auf den Brief unter dem Pullover gepresst. Was seine Mutter ihn gelehrt und was er selbst erkannt hatte, kämpfte in ihm. Einmal zog er den Brief heraus. Das weiße Papier leuchtete in der Dunkelheit, und Sammy streckte die Hand aus, um es in den Fluss flattern zu lassen.
    Er zog die Hand zurück. Und dann sprang er auf und lief auf die Brücke zu, wo die Bogenlampen mehr Licht gaben.
    Er nahm den Brief und hielt ihn dicht vor die Augen. Zum ersten Mal, seitdem er ihn an sich genommen hatte, wagte er, ihn genau zu betrachten.
    Ihn fasste ein Gefühl der Enttäuschung, als er feststellte, dass der Umschlag keine Anschrift auf wies. Nur zwei Buchstaben standen auf dem Papier: »An…«
    Noch einmal zögerte der Junge. Dann riss er den Umschlag auf, zog den Bogen heraus und entfaltete ihn.
    Es war einer der üblichen Briefbogen der Wäscherei mit dem gedruckten Kopf: Richard Nelson. Wäscherei für feine und grobe Wäsche jeder Art und dem Reklamesatz: Nelson nimmt Ihnen die Arbeit ab.
    Darunter stand die Anschrift:
    An das FBI New York, zu Händen von Mr. Jerry Cotton.
    Und darunter wieder:
    Sehr geehrter Mr. Cotton Sammy Lynbett wusste, was das FBI war, aber sicherlich machte er sich in seinem zwölfjährigen Kopf ein völlig falsches Bild von der Institution. Für ihn war das Federal Bureau of Investigation eine unheimliche, mächtige Organisation, der man besser nicht zu nahe kam. Zum zweiten Mal war Richard Nelsons Brief in Gefahr, von der Hand eines Jungen in den Fluss geworfen zu werden.
    Aber das Bild der Ereignisse, dessen Augenzeuge er hatte werden müssen, hatte sich unauslöschlich in Sammys Gedächtnis gebrannt. Er brauchte nur die Augen zu schließen, und er sah Mr. Nelson, der so freundlich zu ihm gewesen war, hilflos vom Stuhl sinken. Er wünschte brennend, dass die Männer, die Mr. Nelson Böses getan hatten, bestraft würden, und er warf den Brief nicht in den Fluss.
    Er las ihn nicht weiter, aber er wusste jetzt, dass er an das FBI gerichtet war, und er würde ihn an das FBI schicken.
    Wieder barg er ihn unter dem Pullover und lief zu den belebteren Straßen zurück.
    Es gibt viele Geschäfte in New York, die bis in die späte Nacht hinein geöffnet haben. Von den wenigen Cents, die er als Taschengeld besaß, und die er sammeln wollte, bis sie zu einem Kinobesuch reichten, kaufte er einen Umschlag und eine Briefmarke. Dann suchte er sich einen Platz unter einer Straßenlaterne, benutzte die eigenen Knie als Unterlage und schrieb mit großen, steifen Druckbuchstaben auf den Umschlag:
    An das FBI New York!
    Zehn Minuten später warf er den Brief in einen Kasten.
    ***
    Die Post des FBI wird von einer Zentralstelle geöffnet, die je nach Inhalt die Schreiben auf die Sachbearbeiter verteilt. Die Leute in der Postabteilung behandeln eingehende Briefe mit Sorgfalt, einmal um Hinweise, die die Umschläge geben könnten, nicht zu zerstören, zum anderen deshalb, weil auch schon versucht worden ist, mithilfe von sorgfältig in Päckchen untergebrachten Sprengladungen einige Verwirrung im Hauptquartier anzurichten.
    Als ich mich am Morgen in meinen Bürostuhl gesötzt hatte, wurde mir ein Brief gewissermaßen auf dem Tablett gebracht.
    Der Kollege aus der Zentrale, die bei uns die »Postbeamten« genannt werden, grinste.
    »Ein origineller Brief, Jerry. Der Unterschied zwischen Umschlag und Inhalt ist ungefähr der gleiche, als wenn du in einem Umschlag des Finanzamtes einen Brief deiner Geliebten fändest. Vorsichtig! Die Fingerabdrücke sind noch nicht abgenommen.«
    Den Brief eines toten Mannes zu bekommen, erweckt ein seltsames Gefühl, und das hier war der Brief eines Toten. Der Briefkopf und die Unterschrift bewiesen es. Richard Nelson schrieb:
    Sehr geehrter Mr. Cotton!
    Ich habe mich lange nicht entschließen können, Ihnen die Wahrheit zu sagen, aber jetzt bin ich doch zu der Überzeugung gekommen, dass ich sprechen muss. Sie werden die Gründe für mein Zögern verstehen, wenn Sie diesen Brief bis zum Schluss gelesen haben werden.
    Als ich Ihnen beim ersten Besuch in Ihrem Büro andeutete, dass in Harlem Marihuana in einem ungeahnten Ausmaß gehandelt wird, da sprach ich nicht nur eine Vermutung aus, sondern ich wusste es. Ich wusste es durch meinen eigenen Sohn. Ich hoffte jedoch, wenn ich Ihnen nur Andeutungen machen würde, so könnten Sie den Marihuana-Handel stoppen, ohne dass mein Sohn dabei gefasst

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