0190 - Ein Gangster starb im Niemandsland
Schotterstraße zurück. Nelson sah ihr nach, bis sie in der Haarnadelkurve verschwand. Unruhig begann er, an seinen Fingerknöcheln zu nagen.
Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis Ellis zurückkam. Sie kam nicht allein. Ein großer Mann in einem bunten Cowboyhemd ging neben ihr. In der rechten Hand trug er einen Kanister. Er redete anscheinend gut gelaunt auf die Frau ein. Ellis sah steif geradeaus und antwortete nur das Nötigste.
Nelson stieß einen, Fluch aus. Er schob die Webster-Pistole in die Brusttasche seiner Jacke und stieg aus.
»Knall ihn nicht ab«, flüsterte Loggan. Nelson zischte ihm ein »Halt den Mund«, zu.
Ellis und der Mann kamen heran, und der Mann rief laut: »Guten Morgen!«
»‘n Morgen«, antwortete Nelson gepresst.
»Ihre Frau sagte mir, Ihnen sei das Benzin ausgegangen«, sagte der Mann und lachte. »Drei Gallonen kann ich Ihnen ablassen, das ist alles, was ich in Reserve habe. - Ja, in den Bergen sollte man immer etwas mehr mitnehmen, als man im schlimmsten Fall benötigt.«
»Anscheinend haben wir uns ein wenig verfahren«, meinte Nelson.
»Wohin wollen Sie?«
Der Gangster nannte den Namen irgendeines Ortes, den er auf der Karte gelesen hatte.
»Hoppla!«, rief der Mann. »Da sind Sie aber mächtig vom Weg abgeraten. Sie müssen…« Er gab eine langatmige Erklärung des Weges.
»Haben Sie es verstanden?«, fragte er zum Schluss. Nelson nickte.
»Okay, dann wollen wir Ihrem Motor ein bisschen Blut einträufeln.«
Er ging ans Heck, löste den Tankverschluss und schickte sich an, das Benzin in den Tank zu schütten. Er wollte nichts vergießen und ging sorgfältig zu Werke.
»Ist er allein?«, flüsterte Nelson der Frau zu.
Ellis schüttelte den Kopf. »Nein, er hat seine Frau, zwei Kinder und seinen Vater bei sich.«
Babyface biss sich auf die Unterlippe. Er war entschlossen gewesen, den Mann zu töten und ihn zu beseitigen, falls er allein gewesen wäre.
»Hallo, Mister!«, rief der Mann. »Wenn Sie Ihren Kofferraum öffnen würden, könnte ich besser gießen.«
Im Kofferraum lagen eine der Maschinenpistolen, die Hälfte der Munition und die zweite Pistole. Sie waren zugedeckt, aber Nelson wusste nicht, ob sich die Decke während der Fahrt nicht verschoben hatte. Die zweite MP lag neben seinem Sitz, ebenfalls unter einer Decke, und die Magazine befanden sich in einem harmlos aussehenden Koffer.
Er ging nach hinten und fragte in möglichst harmlosem Ton: »Geht es nicht so?«
»Doch, es geht schon. Ich wollte nur nichts von dem kostbaren Stoff verschütten.«
Vorsichtig goss der Mann den Rest des Kanisterinhaltes in den Tank.
»Fertig!«, sagte er und schraubte den Verschluss auf.
Nelson reichte ihm eine Zehndollar-Note.
»Zuviel, Mister. Ich möchte für ’ne Gefälligkeit kein Geld nehmen. Zahlen Sie mir den normalen Gallonenpreis, dann ist alles okay.«
»Habe es nicht passend«, antwortete Nelson und drückte ihm den Schein in die Hand. »Vielen Dank!«
Er ging rasch zum Wagen, bedeutete Ellis mit einer Kopfbewegung, hinten einzusteigen und setzte sich selbst an das Steuer. Ihn quälte jede Sekunde, die er länger in der Gegenwart eines Menschen zubringen musste, der der Polizei später erzählen konnte, wo er ihn gesehen hatte.
Der freundliche Benzinspender ließ sich nicht abschütteln. Er kam nach vorn und lehnte sich gemächlich an die Tür.
»Hören Sie, Mister! Vielleicht sollten Sie doch nicht den Weg einschlagen, den ich Ihnen beschrieben habe. Es ist ziemlich weit, und wenn Sie ihn verfehlen, könnten Sie wieder in Spritschwierigkeiten kommen.« Er lachte. »Wer weiß, ob dann einer wie ich zur Hand ist. - Ich rate Ihnen, fahren Sie an der nächsten Kreuzung geradeaus. Nach ungefähr acht Meilen sehen Sie ein Schild, das auf das Mountain Motel hinweist. Nach ein paar Hundert Yards geht die Straße rechts ab den Berg hoch. Straße kann man den Pfad kaum nennen. Ist kaum mehr als ein Feldweg, aber mit Ihrem Wagen werden Sie es schon schaffen. Ich denke, dass der alte George dort oben Ihnen mehr Benzin ablassen kann als ich.«
»Danke für den Tipp«, antwortete Nelson und wollte starten, aber sein Gesprächspartner setzte noch hinzu: »Sie dürfen nicht enttäuscht sein, wenn Sie die Bude sehen. Mountain Motel ist ein großartiges Wort für Georges Hütte. In Wirklichkeit stecken nur drei Holzhütten dahinter, und das Benzin wird er Ihnen aus einem Fass geben. Nicht einmal ’ne Zapfsäule hat er. Hoffentlich ist er überhaupt da.«
Nelson
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