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0195 - Im Schloß der Bestien

0195 - Im Schloß der Bestien

Titel: 0195 - Im Schloß der Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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dem Sonderausweis ist doch in die Hose gegangen. Es wird mir eine Lehre sein, Nici. Du hattest recht.«
    »Dann hat wohl jemand alles, was sich im Kofferraum befand, unsichtbar gemacht«, überlegte Nicole. »Der da?« Sie deutete auf den Wolf.
    Klar und deutlich schüttelte Fenrir den Kopf. Dann sprang er plötzlich an Zamorra hoch und stupste mit der feuchten Wolfsnase gegen dessen Brust, dorthin, wo das Amulett hing.
    Im gleichen Moment fiel es Zamorra wie Schuppen von den Augen.
    Er hatte ein schwaches Kribbeln verspürt, kaum wahrnehmbar, aber es war dagewesen. Das Amulett war aktiviert worden. Aber nicht durch Zamorra selbst, wenngleich er sich seines stillen Wunschbildes entsann, der Zollbeamte möge im entscheidenden Moment mit Blindheit geschlagen sein und den Inhalt des Kofferraums übersehen.
    »So war das also«, stieß der Meister des Übersinnlichen hervor.
    »Wie war was?« fragte Nicole. Fenrir hatte von Zamorra wieder abgelassen und ließ sich jetzt von Nicole das Nackenfell kraulen. Dabei schniefte er behaglich, als gäbe es nichts Schöneres auf der Welt.
    »Auf meinen Gedankenwunsch hin hat das Amulett mit seiner Magie dafür gesorgt, daß der Kofferrauminhalt unsichtbar war«, sagte er. »Bloß – wer hat das Amulett aktiviert?«
    Er ging vor dem Wolf in die Hocke und sah ihn aufmerksam an. »Sag mal, alter Freund – bist du zufällig so etwas wie ein Telepath und hast mit einem Gedankenstrahl das Amulett aktiviert?«
    Der Wolf nickte – wie ein Mensch!
    »Du kannst Gedanken lesen?«
    Wieder Nicken, dann Kopfschütteln.
    »Nur unter bestimmten Voraussetzungen?«
    Nicken.
    »Du wußtest, daß du nicht gesehen werden durftest?«
    Nicken.
    »Bist ein Prachtjunge«, sagte Zamorra. »Fehlt nur noch, daß du auch Gedanken aussenden kannst.«
    Kopfschütteln.
    »Schade«, sagte Zamorra. »Es hätte unsere Verständigung wesentlich erleichtert. Wissen möchte ich nur, warum du zu uns geschickt worden bist. Denn ich glaube kaum, daß du aus eigenem Antrieb gekommen bist.«
    Wieder Kopfschütteln.
    »Na gut«, sagte Zamorra. »Dann steig ein, wir fahren weiter. Wir sind ohnehin schon dadurch spät dran, daß wir nicht per Flugzeug reisen konnten. Auf geht’s gen Oxford.«
    Fenrir erklomm die Rückbank des Wagens und legte während der folgenden Fahrt die Pfoten auf die Beifahrerlehne, um neben Nicoles Kopf her den Verkehr beobachten zu können. Hin und wieder ließ er sich dabei kraulen.
    Auch er wußte nicht mit letzter Genauigkeit, weshalb er Zamorra zugesellt worden war. Er wußte nur, daß er helfen konnte.
    Wobei – das hoffte auch er rechtzeitig zu erfahren.
    ***
    Im Korridor, der hinter der Eichentür liegen mußte, war es auch dunkel. Deshalb sah Susy zunächst nur undeutliche Umrisse des Körpers, der eintrat. Dann, als das flackernde Kerzenlicht ihn voll traf, erkannte sie mehr.
    Es war ein Mensch.
    Erleichtert atmete sie auf. Sie hatte befürchtet, einen Wolfsschädel mit gelb glühenden Augen auf den Schultern des Wesens zu sehen. Aber es war ein normaler, menschlicher Kopf. Der Mann trat langsam näher und sah sie an.
    Schweigend musterte er sie. Susy ließ diese Musterung über sich ergehen, bis es ihr plötzlich zu dumm wurde. »Helfen Sie mir!« verlangte sie. »Befreien Sie mich!«
    Da lachte er verhalten. »Sie verkennen die Situation«, sagte er leise und mit hartem Akzent. Susy zuckte zusammen. So sprachen Ausländer. Ein Russe?
    Möglich!
    Seine Worte bestürzten sie. War er nicht gekommen, um sie zu befreien? Er mochte etwa fünfzig Jahre zählen, war hochgewachsen und breitschultrig. Auffallend dicht sein Haarwuchs, und auch die Handrücken waren dicht behaart. Sein dunkles Gesicht wurde von einem grauen Vollbart umrahmt. Bei näherem Hinsehen stellte Susy fest, daß seine Augen bräunlich oder sogar gelblich schimmerten und leicht geschlitzt waren. Aber sein Gesicht, oder das, was davon zu sehen war, war keineswegs mongolisch. Er war kein Asiate.
    »Wer sind Sie?« fragte sie.
    Wieder kam sein Lachen, leicht knurrend.
    »Ihr Bräutigam, Verehrteste«, sagte er in seinem russischen Akzent. »Namen tun nichts zu Sache, und meinen wirklichen Namen können Sie ohnehin nicht aussprechen. Er ist nicht für Ihren Kehlkopf gemacht. Sie sind sehr schön!«
    »Starren Sie mich nicht so unverschämt an!« schrie sie. »Machen Sie mich los! Weshalb bin ich hier?«
    »So viel auf einmal wollen Sie von mir«, sagte er, ohne sich ihr zu nähern, und sie erkannte im Kerzenlicht, daß er

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