0197 - Im Jenseits verurteilt
anderer sie sehen. Und den Auftrag musste Hunter erfüllen, denn sein Herr, der Spuk, hatte es angeordnet.
Glenda musste weitergehen. Die Geräusche aus der Tiefe begleiteten sie. Mit der Zeit gewöhnte sie sich daran, und ebenfalls an den Tentakelarm, der sich um ihre Hüfte geschlungen hatte und sie nicht mehr losließ. Hunter wollte nicht, dass Glenda noch einmal das gleiche passierte wie vorhin.
Manchmal klatschte etwas neben ihr auf den Rand. Dann schälte sich ein Schatten aus dem Nebel hervor und wurde, wenn er näher kam, zu einem grauenvollen Monster. Doch niemand griff sie an. Hunter schien in dieser Welt eine Respektsperson zu sein, denn vor ihm hatten alle Angst.
Das Zeitgefühl hatte Glenda verloren. Sie befand sich in einem regelrechten Trott, hielt den Blick gesenkt und schaute weder nach rechts noch links. Sie merkte kaum, dass der Tentakelarm verschwand und sie wieder frei gehen konnte.
»So, die Gefahr ist gebannt«, erklärte Hunter.
Seine Stimme klang plötzlich seltsam. So laut und irgendwie hallend, trotz der wabernden Nebelschwaden. Glenda schien es, als befänden sie sich in einer gewaltigen Höhle, deren Ausmaße kaum zu schätzen waren. So sehr sie sich auch bemühte, sehen oder erkennen konnte sie kaum etwas. Auch war der Boden nicht mehr so rau und uneben. Genau das Gegenteil war eingetreten. Eine glatte Fläche befand sich unter Glendas Füßeln. Wie aus Marmor geschaffen, und wenn der Nebel mal ein wenig Sicht zuließ, dann kam es Glenda vor, als könnte sie sich in dem Untergrund spiegeln.
»Wir sind da!« sagte Hunter.
»Wo?« Glendas Stimme zitterte.
Da lachte der Mann.
»Am Ziel, kleine Glenda. In seinem Reich. Im Reich des Spuks!«
Jetzt war es heraus. Natürlich wusste Glenda, was es mit dem Spuk auf sich hatte. Er war schließlich der Herr über die geknechteten Dämonenseelen. Er war ihr Meister, er war ihr Aufpasser, er sorgte dafür, dass die Bestrafung bis in alle Ewigkeit fortgeführt wurde. Ein Meister des Grauens, ein Wesen, das sicherlich so mächtig war wie Asmodis.
Und der Nebel verschwand. Er trat zurück und bildete eine regelrechte Insel, auf die Glenda zuschritt. Seltsamerweise konnte sie alles sehen, obwohl keine Lichtquelle zu erkennen war. Von irgendwoher strömte das Licht, und es beleuchtete eine Gestalt, die auf einem Stuhl vor einem Tisch saß. Ein Mensch? Er sah so aus. Das Gesicht unter den grauen, strähnigen Haaren war verwüstet. Es wirkte wie eine zerfurchte Kraterlandschaft. Kalt und grausam blickten die Augen, und in der rechten Hand hielt der Mann einen Holzhammer. Trotz der Gefahr, in der sich Glenda, befand, begann sie nachzudenken. Diese Gestalt hatte sie zwar noch nie persönlich gesehen, aber sie wusste, wer vor ihr saß. Und sie erhielt gleich darauf von Hunter die Bestätigung.
»Er wollte dich sehen, Glenda. Ich habe dich zu ihm gebracht, in dieses Refugium des Schreckens. Nun bist du da, und alles läuft genau nach Plan. Weißt du, wer er ist?«
Glenda nickte.
»Wer denn?«
»Maddox!« flüsterte die schreckensstarre Glenda Perkins.
»Maddox, der Dämonenrichter…«
***
Wir hatten wirklich alles versucht! Ich erlebte Sir James Powell in absoluter Hochform. Er ließ seine Beziehungen spielen, rief die Geheimdienstzentralen an, machte die NATO mobil und schaffte es, Satellitenaufnahmen zu bekommen. überall in Europa liefen die Computer heiß, spuckten Informationen aus, verwerteten sie, verglichen und reichten neue Erkenntnisse auf elektronischem Wege weiter. Die Anlage bei Scotland Yard gehörte zu den modernsten, die es überhaupt gab. Sie war auch mit dem amerikanischen Zentralcomputer des FBI verbunden, aber auch dort wusste man nichts von einem Solo Morasso.
Man hatte den Namen zwar gespeichert, aber wo er und seine Mordliga sich aufhielten, war nicht herauszubekommen. Wir arbeiteten wirklich die Nacht durch, und im Morgengrauen waren wir alle geschafft.
»Legen Sie sich für ein paar Stunden aufs Ohr«, ordnete Sir James an.
Der Befehl galt nicht nur mir, sondern auch Suko. Unseren Protest wischte er einfach weg. In einem der Bereitschaftsräume fanden wir einen Schlafplatz, und mir fielen wirklich die Augen zu. Die Erschöpfung war zu groß. Ich schlief fest und auch traumlos.
Als ich erwachte, war Suko schon verschwunden, und ich schaute auf meine Uhr. Wir hatten schon fast zehn Uhr. Der Vormittag war ziemlich weit fortgeschritten. Es gab Waschgelegenheiten, und als ich unter der Dusche stand, erschien Suko. Er
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